Immer mehr Corona-Proteste in SH

Verfassungsschutz beobachtet Radikalisierung einzelner Personen

Verfassungsschutz beobachtet Radikalisierung einzelner Personen

Verfassungsschutz beobachtet Radikalisierung

SHZ
Kiel
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Polizeibeamte sicherten in Flensburg den „Spaziergang“ der Corona-Kritiker ab. Foto: Mira Nagar/shz.de

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In Schleswig-Holstein hat es dieses Jahr mehr Proteste von Corona-Kritikern gegen als 2020. Die Polizei rechnet nicht mit einer Beruhigung der Lage, Verfassungsschützer beobachten eine Radikalisierung einzelner Personen.

Auch in Schleswig-Holstein werden die Gegner von Corona-Maßnahmen immer aktiver. Bislang treten sie aber nicht so aggressiv in Erscheinung wie etwa in Sachsen. Der Kieler Verfassungsschutz beobachtet allerdings eine Radikalisierung einzelner Personen.

Bereits mehr Versammlungen von Corona-Kritikern als im Vorjahr

Gab es im vergangenen Jahr 133 Versammlungen wegen der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, hat das Landeskriminalamt (LKA) dieses Jahr bereits 185 Veranstaltungen registriert. „Aktuell sehen wir eine Zunahme, auch von teilweise unangemeldeten Versammlungen“, sagt LKA-Sprecherin Carola Jeschke.

Solche in sozialen Medien als „Spaziergänge“ deklarierte Versammlungen gab es zum Beispiel in Flensburg oder Lübeck. Auch auf dem Niebüller Rathausplatz, in Husum und in Eutin wurde demonstriert, eine mögliche Impfpflicht kritisiert. Alles verlief friedlich.

Bislang verliefen alle Veranstaltungen friedlich – aber bleibt es dabei?

Entsprechend gelassen kommentierte Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack (CDU): „Das sind normale Demonstrationen und das ist das gute Recht der Menschen.“ Auf den Veranstaltungen waren aber durchaus auch Zwischentöne zu hören. So wies in Niebüll ein Sprecher darauf hin, dass es auch andere Formen des Widerstands geben könne.

Radikalisierung einzelne Personen teilweise erkennbar

Beim Kieler Verfassungsschutz beobachtet man die aktuelle Entwicklung daher „sehr aufmerksam“. Ein Sprecher erklärte: „Die Radikalisierung einzelner Personen, die offenbar um breiteren Anschluss bemüht sind, ist teilweise erkennbar.“ Bestimmte Corona-Kritiker suchen also offenbar Anhänger, die für radikale Ideen offen sind. Der Verfassungsschutz hat die Phänomen-Kategorie „Delegitimierer“ geschaffen, wenn es bei den Zielen um die Zersetzung des Staates geht. Inwieweit im Land Impulse aus der rechten Szene kommen, wird aus „operativen Gründen“ nicht beantwortet.

Staatsschutz beobachtet Telegram-Gruppen

Der Staatsschutz im Landeskriminalamt beobachtet unterdessen soziale Medien wie Telegram. Erkenntnisse zu konkreten Gewaltaufrufen in lokalen oder regionale Telegram-Gruppen liegen laut Jeschke derzeit nicht vor. Die Staatsanwaltschaft Kiel hat aber bereits etliche Verfahren wegen Drohungen gegen impfende Ärzte, Lehrer oder Mitarbeiter des Gesundheitsamts geführt. Vielfach kamen die Hinweise von Bürgern.

Polizei rechnet nicht mit schneller Beruhigung der Lage

Mit einer schnellen Beruhigung der Lage rechnet die Polizei nicht. Jeschke: „Es zeigt sich, dass die Diskussion um die Corona-Politik, insbesondere im Hinblick auf die Impfmöglichkeit für Kinder, 2G-Regelungen und die mögliche Einführung einer Impfpflicht fortgesetzt andauern.“


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