Göhl/Kiel

Wasserstoff aus Windenergie: Großprojekt startet in Ostholstein

Wasserstoff aus Windenergie: Großprojekt startet in Ostholstein

Wasserstoff aus Windenergie: Großprojekt startet

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Göhl
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Schulterschluss für Wasserstoff: Bei seinem bei seinem Besuch auf Gut Kremsdorf übergab Minister Jan Philipp Albrecht (2.v.re.) einen millionenschweren Förderbescheid an Windpark-Geschäftsführer Volker Friederichsen. Foto: Alexander Steenbeck/shz.de

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Land fördert erste grüne Wasserstoff-Produktion an der Ostküste Schleswig-Holsteins mit 4,35 Millionen Euro. Minister Albrecht: „Absolutes Pionierprojekt“.

Bei seinem letzten Besuch in Ostholstein stritt Energiewende-Minister Jan Philipp Albrecht (Grüne) noch intensiv mit Landrat Reinhard Sager über die 380-kV-Ostküstenleitung – sein Besuch am Donnerstag im Kreis-Norden mag nun mehr nach seinem Gusto gewesen sein; galt es doch aus seiner Sicht die Energiewende mit einem „absoluten Pionierprojekt“, dem ersten Wasserstoff-Großprojekt an der Ostküste des Landes, voranzutreiben.

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In Göhl nahe Oldenburg soll zukünftig Windstrom in grünen Wasserstoff umgewandelt werden. Als „eine der größten Anlagen in Deutschland“ bezeichnete Albrecht die Pläne der Windpark Kremsdorf GmbH, die in einer speziellen Elektrolyse-Anlage jährlich 290.000 Kilogramm Wasserstoff und 6000 Megawatt (Ab-)Wärme produzieren will. Das Vorhaben wird vom Land mit 4,35 Millionen Euro unterstützt. Den Förderbescheid übergab Albrecht bei seinem Besuch auf Gut Kremsdorf unweit Göhls an Windpark-Geschäftsführer Volker Friederichsen.


Gesamtinvestition von rund 8,5 Millionen Euro

Seit gut zwei Jahren habe man unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Pläne für die Wasserstoff-Anlage entwickelt, berichtete Friederichsen. „Sonst hätte es zu großen Handlungsdruck gegeben“, sagte der Windpark-Chef. Zumal es herausfordernd gewesen sei, einen Wirtschaftsplan aufzustellen – es gibt eben noch zu wenig Erfahrungen mit der Produktion von grünem Wasserstoff.

Der Förderbescheid bringe das Projekt jetzt aber ordentlich nach vorne. „Wir sind glücklich über die Förderzusage“, sagte Friederichsen. Derartige Gelder seien nötig, um Wasserstoff marktfähig zu machen. Angesichts der hohen Kosten und der derzeit noch geringen Zahl an Abnehmern werde es Wasserstoff nicht ohne Zuschüsse geben, ist sich der Windpark-Betreiber sicher.


Mehr als ein halbes Dutzend bereits bestehender Windkraftanlagen sollen nun künftig den Strom dafür liefern, dass in so genannten Elektrolyseuren grüner Wasserstoff hergestellt wird. Für rund 8,5 Millionen Euro sollen zwei Spezial-Anlagen – eine mit drei, die andere mit einem Megawatt-Leistung – inklusive Druckbehälter auf einer Fläche von rund 4000 Quadratmetern errichtet werden.


Eine Art Fabrik wird es aber nicht geben; derartige Anlagen würden fertig in Container geliefert, berichtete Friederichsen. Acht Metallbehälter in der Größe von Übersee-Containern umfasse die gesamte Produktionsanlage letztlich.


Die Gesamtleistung von insgesamt vier Megawatt sei ideal. „Größere Anlagen erfordern Auflagen wie bei der BASF“, ließ Friederichsen mit Blick auf die Gefahren von Druckbehältern und Co. durchblicken.

Geplant ist, den hergestellten Wasserstoff per Lkw zum geplanten interkommunalen Gewerbegebiet in der Gemeinde Gremersdorf zu transportieren. Denn in direkter Nähe zur Autobahn 1 soll dort der Zukunfts-Treibstoff neben Strom, LNG und fossilen Brennstoffen in einer neuen Tankstelle gezapft werden können. „Wasserstoff dort produzieren, wo er getankt wird“, brachte Friederichsen das Ziel auf den Punkt.


Wasserstoff-Produktion soll in zwei Jahren starten

Grünen Wasserstoff tanken ist an der Westküste Schleswig-Holsteins bereits möglich. In Niebüll (Kreis Nordfriesland) eröffnete vor rund einem halben Jahr die erste entsprechend ausgerüstete Tankstelle Deutschlands.

Weiterlesen: So kann in Niebüll erstmals bundesweit grüner Wasserstoff getankt werden

Inzwischen sind insgesamt drei derartige Anlagen in Schleswig-Holstein in Betrieb, sagte Albrecht. Die Erfahrungen aus Nordfriesland sollen in das Ostholsteiner Projekt mit einfließen, ergänzte Hagen Billerbeck von der Kieler Beratungsfirma Treurat und Partner. Jetzt wolle man in die etwa zwölfmonatige Genehmigungsplanung einsteigen, um Mitte 2024 bei Göhl gemäß den Auflagen des Förderbescheids mit der Wasserstoff-Produktion beginnen zu können.

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Albrecht ist indes überzeugt, dass die Nachfrage nach grünem Wasserstoff kommen wird. Ob nun für Schwerlastverkehr – auch für den aus Skandinavien, Stichwort Beltquerung – oder auch für den Betrieb von Landmaschinen: „Wir werden ohne Wasserstoff die Klimaziele nicht erreichen“, so der Minister.


Gremersdorfs Bürgermeister Henning Pries (CDU) lobte das Engagement der Windpark-Betreiber. „Das ist eine Innovation für die Region, die Arbeitsplätze schafft und nicht nur bloße Belastung für die Bewohner ist.“ Das unterstrich auch der Minister: Das Göhler Projekt sei „eine große Chance für die Region, sich wirtschaftlich zu entwickeln“.

Auch wenn aktuell nicht mehr als Pläne und Entwicklungszeichnungen existieren: Angesichts dessen, dass die Anlage zurzeit eine der größten geplanten Wasserstoff-Produktionsstätten in Deutschland ist, war sich Minister Albrecht sicher: „Alle im Bundesgebiet schauen auf diese Anlage.“


Weitere Informationen zur Wasserstoff-Politik des Landes finden Interessierte unter www.wasserstoffwirtschaft.sh

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Hannah Dobiaschowski
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