Risum-Lindholm

Wie Urte Burkhardt an der Töpferscheibe zu einem neuen, glücklichen Leben fand

An der Töpferscheibe zu einem neuen, glücklichen Leben

An der Töpferscheibe zu einem neuen, glücklichen Leben

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Durch einen neuen Beruf zu einem glücklichen Leben: Keramikerin Urte Burkhardt an der Scheibe in ihrer Ladenwerkstatt in Risum-Lindholm. Foto: Anja Werner/shz.de

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Viele Jahre und Umwege hat es gebraucht, bis aus einer ausgelaugten Intensiv-Krankenschwester eine lebensfrohe Keramikerin wurde. Die Geschichte von Urte Burkhardt macht Mut, Träume auch zu leben.

„Ich wollte immer Krankenschwester werden“, sagt Urte Burkhardt. Und das tat sie dann auch vor fast 30 Jahren, nach ihrem Abitur in Itzehoe. Seit fünf Jahren lebt die zierliche Frau aus Risum-Lindholm in einem ganz anderen Leben und einem ganz anderen Beruf.

Urte Burkhardt ist heute Keramikerin aus Leidenschaft. Seit 2018 arbeitet sie Vollzeit in ihrer Ladenwerkstatt in einem ehemaligen Stall auf einem idyllischen Hof an der Straße. Der Umstieg zu diesem kreativen Handwerk war und ist für die gebürtige Steinburgerin mehr als ein Berufswechsel.


„Das Töpfern ist für mich wie Therapie“, sagt sie. Und auch der Weg zum inneren Gleichgewicht, zu einem zufriedenen und glücklichen Leben – nicht nur beruflich. „Das Schöne an meinem Beruf ist, auch nach einem langen Arbeitstag bin ich nicht müde. Im Gegenteil, ich fühle mich lebendig nach einem Tag, der einfach nur gut tat“, sagt Urte Burkhardt.

Das war nach ihren Tagen als Krankenschwester auf der chirurgischen Intensivstation ganz anders. „Es wurde immer mehr mit der Bürokratie, mit der Wirtschaftlichkeit“, erinnert sie sich an die Zeit, an denen sie ausgelaugt nach ihrer Schicht nach hause kam, nicht abschalten konnte und sich immer wieder fragte: Habe ich genug getan?

Es fehlte die Zeit für die Patienten

Habe ich etwas vergessen? Hätte ich nicht auch noch dies oder jenes bedenken und tun können? Doch um diese Fragen mit Nein beantworten zu können, fehlte es schlicht an Zeit, von der sie gerne mehr für ihre Patienten gehabt hätte.

„Das klappte bei mir einfach nicht mehr, ich ging immer unzufriedener nach hause.“ 1992 ist Schluss mit Krankenhaus. Was soll ich denn jetzt machen?, fragt sich Urte Burkhardt. Sie macht ein Praktikum in einer Töpferei - und ist begeistert vom kreativen Arbeiten mit Ton.

„Ich wusste damals gar nicht, dass das ein Handwerk, ein Lehrberuf ist.“ Nach dem Praktikum bekommt Urte Burkhardt eine Einladung zur dreijährigen Umschulung zur Keramikern, arbeitet auch zunächst in ihrem neuen geliebten Beruf, in einer Ladenwerkstatt in St. Peter-Ording.

Über viele Umwege zur eigenen Töpferei

Doch der Weg zur eigenen Werkstatt in Risum-Lindholm ist da noch lang und von vielen Umwegen geprägt. Sie heiratet einen Arzt, bekommt Kinder, arbeitet wieder in ihrem alten Beruf in der Praxis des Ehemanns mit.

Durch einen Zufall findet sie zur Töpferei zurück: „Und zwar durch die Musiklehrerin meiner Kinder. Die wollte gerne gezeigt bekommen, wie Töpfern geht.“ Das war vor rund zehn Jahren. Es folgen 2016 die Trennung von ihrem Mann und zwei Bandscheiben-Vorfälle – Ausdruck davon, was und wie viel Urte Burkhardt über Jahre zu tragen hatte.

Und wieder stabilisiert das Gestalten an der Scheibe ihren Körper, ihr Leben. Wichtig für eine stabile Wirbelsäule ist eine gute Baumuskulatur, genau die Muskeln, die beim Töpfern gestärkt werden. „Das war für mich wie Krankengymnastik an der Scheibe“, sagt Urte Burkhardt.


2018 erfolgt der erste Brand von Steinzeug in ihrer Ladenwerkstatt auf der idyllischen Hofanlage mit großen Bäumen, altem Kopfsteinpflaster und schnurrenden Katzen auf der Gartenbank. „Ich liebe runde Formen und helle, natürliche Farben wie Sand, Strand, Himmel und Meer“, sagt die Künstlerin und streicht mit ihren Händen fast liebevoll um eine Tasse.

Bevor es an die Scheibe geht, braucht die Keramikerin immer einen Plan für das gewünschte Ergebnis, denn: „Ton ist eine Diva und verzeiht keinen Fehler.“

Verschiedenste Gefäße, Teller, Becher, Kerzenständer, Teelichter, Brottöpfe und vor allem ihre geliebten Teekannen stehen zur Präsentation auf Tischen und Kommoden in ihrer Ladenwerkstatt. Auch ohne Kerzenlicht strahlen ihre Stücke Genuss und Gemütlichkeit aus. „Sie haben etwas Erdendes, sorgen einfach für eine schöne Atmosphäre“, sagt Urte Burkhardt.

Frieden mit dem ersten Beruf gefunden

Das empfindet scheinbar auch eine große Zahl von Stammkunden zwischen acht und 80 Jahren so. Dazu zieht es wie an diesem Spätsommertag auch immer mal Urlauber in die Ladenwerkstatt. Das robuste Steinzeug von Urte Burkhardt, das auch in die Spülmaschine kann, war auch schon bei der Lederhexe in Niebüll ausgestellt und ist in dem Einrichtungsgeschäft für alte und besondere Möbel Antine in Stedesand zu bekommen.

Das Auftragsbuch von Urte Burkhardt ist voll. Noch größer sei aber die Freude darüber, „mit zu erleben, welche Freude mein Steinzeug vielen Menschen in ihrem Alltag bereitet“.

In nördlichen Nordfriesland ist es Urte Burkhardt sogar auch noch gelungen, Frieden mit ihrem ersten Beruf zu schließen. An den Wochenenden arbeitet sie als Krankenschwester im Wilhelminen-Hospiz in Niebüll. „Dort gibt es die Zeit und Aufmerksamkeit für die Gäste, die ich mir früher im Krankenhaus so sehr gewünscht habe", sagt sie.

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