Bürgerforum im Interview

Wie viel Tourismus verträgt Glücksburg noch?

Wie viel Tourismus verträgt Glücksburg noch?

Wie viel Tourismus verträgt Glücksburg noch?

Annika Kühl und Julian Heldt/shz.de
Glücksburg
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Prof. Dr. Ulf Hahne (links) und Dr. Peter Schroeders im Gespräch mit Reporterchef Julian Heldt. Foto: Annika Kühl/shz.de

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Das Interview mit Glücksburgs Tourismuschef Martin Weigel hat für Wirbel gesorgt und die Grundsatzfrage aufgeworfen, wie sich der Ort künftig entwickeln soll. Dazu hat Peter Schroeders als Mitglied des Bürgerforums eine klare Meinung.

Gemeinsam mit Ulf Hahne, Universitäts-Professor für nachhaltige Regionalentwicklung, kritisiert er unter anderem, dass Projekte ohne echte Beteiligung vorangebracht würden.

Wenn man abends an der Strandpromenade in Sandwig entlang spaziert, denkt man sich: Wow, was ist da alles in den letzten Jahren beispielsweise mit dem Gudlak und dem Glückselig entstanden. Jetzt wird auch noch der Strandpavillon saniert. Es ist doch eigentlich alles gut...

Ulf Hahne: Ja, natürlich ist es sehr erfreulich, dass sich Glücksburg so modernisiert hat. Und es ist auch hervorragend, dass die ganze Strandpromenade mit Fördermitteln vorangebracht wurde und jetzt wirklich in diesem Teil sehr gut angenommen wird. Problematisch wird es natürlich dadurch, dass manche dieser Entscheidungen ohne öffentliche Beteiligung vorangebracht worden sind. Und das ist ein Punkt, der das Dilemma in Glücksburg aufzeigt: dass die Chance, über öffentliche Beteiligung zu noch besseren Lösungen zu kommen, nicht genügend genutzt wird. 

Peter Schroeders: Im Grunde ist es ja das Herz des Tourismus in Glücksburg und der Unterhaltungszustand ist nicht besonders gut. Die Bänke rotten vor sich hin und der ganze Bereich hätte es verdient, in ein Sandwig-Konzept eingebettet zu sein. Was wir da beobachten ist, dass es viele Einzelfallentscheidungen gibt. Der Pavillon, der jetzt gebaut wird, der beruht auf einem sehr alten Bebauungsplan, den kein Mensch mehr hier in Glücksburg richtig kennt. Und dieser Pavillon, in seiner Verdoppelung der ursprünglichen Größe, wird schon den Charakter des ganzen Kurparkes verändern. Ob zum Positiven oder Negativen, will ich gar nicht bewerten. Aber es wird eine Veränderung geben. 

An welchen Stellen in dem Interview mit Martin Weigel sind Sie ein bisschen zusammengezuckt?

Hahne: Es war eine vom Marketing her verständliche, erst einmal sehr positive Zahl, die darin gesagt wurde: er strebe mit seinem Marketing-Management für Glücksburg eine Steigerung der Übernachtungszahlen um 100.000 im Jahr an. Das ist erstmal ein Weckruf, zu sagen, der Tourismus ist der zentrale Wirtschaftsfaktor für Glücksburg und ausbaufähig. Es ist aber auch eine Frage: Wie versuche ich das umzusetzen und ist das in der Zahl nicht etwas zu hoch gegriffen? Es sind in den letzten Jahren immer mehr Betten dazugekommen, aber was noch nicht passt, ist die Auslastung. Aus meiner Sicht müsste man darüber nachdenken, wie man eine Saisonverlängerung schafft. Und das heißt, die gesamte Infrastruktur zu verbessern und, zum Beispiel im Bereich der Naturausstattung und Landschaft, besser erschließbar und erfahrbar zu machen. 

Schroeders: Mir ging es darum, dass man nicht von einer Zahl ausgeht, die in den Raum gestellt wird, sondern dass man das von dem Bild ableitet, wie Glücksburg sich auch unter touristischen Gesichtspunkten im Jahr 2030 darstellen soll. Hinter dieser Zahl stehen ja im Grunde genommen schon konkrete Vorhaben, wenn man das mal ganz ehrlich runterbricht. Das ist die Strandhotel-Erweiterung, das ist der Neubau eines Hotels gegenüber der Therme und es sind möglicherweise Ferienhausangebote auf Holnis. Das sind drei Projekte, die in etwa diese 100.000 zusätzlichen Übernachtungen abbilden. Mir wäre es wichtig, erst einmal zu definieren: Was verträgt Glücksburg noch? Wo soll es sich hin entwickeln? 

Man gewinnt ein bisschen den Eindruck, dass Ihnen vieles in Glücksburg zu schnell geht. Ist das richtig?

Schroeders: Nein, das ist keine Frage von schnell oder langsam. Es geht darum, es richtig zu machen. Natürlich muss man auch Chancen nutzen, wenn sie da sind, aber sie müssen den Ort voranbringen und sie müssen dem Nachhaltigkeitsprinzip entsprechen. Sie müssen so sein, dass die Identifikation der Menschen mit dem Ort vorangebracht wird.

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Leitartikel

Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
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