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EU will Ländern mehr Spielraum beim Schuldenabbau geben

EU will Ländern mehr Spielraum beim Schuldenabbau geben

EU will Ländern mehr Spielraum beim Schuldenabbau geben

dpa
Brüssel
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Europaflaggen wehen vor dem Sitz der EU-Kommission. «Wir leben in einer sehr anderen Welt als vor 30 Jahren. Andere Herausforderungen, andere Prioritäten», sagt Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis zu der geplanten Reform des Schuldenabbaus. Foto: Zhang Cheng/XinHua/dpa

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Die Schuldenregeln der EU sind aus Sicht von Kritikern kompliziert und streng. Mit Blick auf andere Herausforderungen plädiert die EU-Kommission für mehr Flexibilität. Was sagt Deutschland dazu?

Hoch verschuldete europäische Länder sollen nach Vorstellung der EU-Kommission mehr Flexibilität für den Abbau regelwidriger Schulden bekommen. Statt einheitlicher Vorgaben für alle Länder setzt die Behörde auf individuelle Wege für jedes Land, um Schulden und Defizite langfristig zu senken, wie aus einem heute vorgestellten Reformvorschlag hervorgeht. «Wir brauchen finanzpolitische Regeln, die den Herausforderungen dieses Jahrzehnts gerecht werden», sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Unklar war noch, ob die Reformvorschläge für die Bundesregierung akzeptabel sind.

Die Regeln schreiben den EU-Staaten Obergrenzen vor. Die Ziele des sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspaktes, Schulden bei maximal 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen und Haushaltsdefizite unter 3 Prozent zu halten, bleiben dem Vorschlag zufolge bestehen. Allerdings soll es vor allem für das Erreichen des 60-Prozent-Ziels keine einheitlichen Vorgaben mehr geben: Individuelle Pläne sollen Ländern mit übermäßiger Verschuldung mehr Zeit und Flexibilität einräumen. Auch soll die Überwachung der Umsetzung vereinfacht werden. Verstöße sollen leichter geahndet werden können. Die Mitgliedstaaten und das EU-Parlament müssen nun über die vorgeschlagenen Reformen verhandeln.

EU-Kommission: Wir leben in einer anderen Welt

«Wir leben in einer sehr anderen Welt als vor 30 Jahren. Andere Herausforderungen, andere Prioritäten», sagte Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis. Die neuen Regeln müssten diese Veränderungen widerspiegeln. «Die EU steht auch vor einem massiven Reform- und Investitionsbedarf für den grünen und digitalen Wandel, zur Stärkung unserer sozialen und wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit und zur Sicherung der langfristigen Energieversorgung.»

Die hoch verschuldeten Länder hätten nach dem Vorschlag vier Jahre lang Zeit, um das Defizitziel zu erreichen und ihre Schulden zu senken. Solange das Defizit über drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegt, müssen sie demnach ihre Schuldenquote um jährlich einen halben Prozentpunkt verringern.

Lindner gehen die Vorschläge nicht weit genug

Die von der EU-Kommission vorgelegten Reformvorschläge für die europäischen Schuldenregeln sind aus Sicht der Bundesregierung nicht ausreichend. «Das, was vorgelegt ist, entspricht noch nicht unseren Erwartungen», sagte Finanzminister Christian Lindner am Mittwoch in Berlin. Es brauche noch deutliche Anpassungen, um zu wirklich verlässlichen, transparenten und verbindlichen Regeln zu kommen. «Aber immerhin sind Ansatzpunkte im Vorschlag der Kommission erkennbar, die eine weitere Debatte lohnenswert erscheinen lassen. Das gilt es nun im Rahmen der Gespräche auszuloten und darauf aufzubauen», sagte der FDP-Politiker.

Deshalb sind die Regeln aktuell ausgesetzt

Wegen der Corona-Krise sowie der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine wurden die Regeln vorübergehend ausgesetzt. Sie sollen ab 2024 wieder gelten. Bislang müssen Staaten normalerweise fünf Prozent der Schulden, die über der 60-Prozent-Marke liegen, im Jahr zurückzahlen. Für hoch verschuldete Länder wie Italien oder Griechenland wäre das für das Wachstum verheerend. Auch vor der Pandemie wurde das Regelwerk oft missachtet - auch von Deutschland.

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