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Machtkampf innerhalb der deutschen Minderheit

Machtkampf innerhalb der deutschen Minderheit

Machtkampf innerhalb der deutschen Minderheit

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Nordschleswig
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Wahlzeitung von Wilhelm Deichgräber und Mitgliedsausweis der NSDAP-Nordschleswig Foto: Deutsches Museum Sonderburg

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Der Nationalsozialismus gewann immer größeren Einfluss in der Minderheit – egal in welcher Gruppierung

Welchen Weg die deutsche Minderheit 1933 einschlagen würde, war anfänglich nicht wirklich abzuschätzen. Johannes Schmidt Wodder war seit 1920 die prägende Persönlichkeit der Minderheit gewesen. Die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland und der „Ostersturm“, ein verbal politischer Angriff auf die bestehende deutsch-dänische Grenze von dem grenzpolitischen Sprecher der schleswig-holsteinischen NSDAP, Pastor Johann Peperkorn, sendeten Impulse nach Nordschleswig. Diese führten dazu, dass sich die ersten nationalsozialistischen Gruppierungen innerhalb der deutschen Minderheit bildeten.

Seit dem 15. August 1920 war es der Schleswigsche Wählerverein gewesen, der als politisches Organ der deutschen Minderheit funktionierte. Mit dem Jahr 1933 wurde die Macht des Wählervereins und damit auch die von Johannes Schmidt Wodder deutlich infrage gestellt.
Anfang April 1933 gründete sich die NSAN, die Nationalsozialistische Arbeitsgemeinschaft Nordschleswig unter dem Landwirt Jep Nissen. Schon kurz darauf kam es mit der DNSAP (nicht zu verwechseln mit den dänischen Nationalsozialisten) unter Albert Hostrup zu einer ersten Abspaltung von der NSAN. Im Frühjahr gründete sich auch die DNSAN, die Deutsche Nationalsozialistische Arbeitsgemeinschaft Nordschleswig, unter Peter Larsen. DNSAP und DNSAN schlossen sich bald darauf zusammen.

Wahlzeitung von Wilhelm Deichgräber und Mitgliedsausweis der NSDAP-Nordschleswig Foto: Deutsches Museum Sonderburg

Johannes Schmidt Wodder konnte sehen, dass sein Einfluss schwand und der Nationalsozialismus, egal in welcher Gruppierung, immer größeren Einfluss in der Minderheit gewann. Deswegen entschied er sich zur Gründung der „Deutschen Front“ im September 1934, um mit einer eigenen nationalsozialistischen Bewegung den anderen Gruppierungen den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Zwar schloss sich die DNSAN mit Peter Larsen der Deutschen Front an, aber schon bei der Folketingswahl 1935 war zu sehen, dass Johannes Schmidt Wodders Machtbasis geschwunden war. Unter der Listenbezeichnung Schleswigsche Partei hatte die deutsche Minderheit sechs Kandidaten aufgestellt. Mit der Gesamtstimmenzahl konnte die deutsche Minderheit wieder ein Mandat erringen. Dies bekam Johannes Schmidt Wodder als derjenige, der die meisten persönlichen Stimmen erhalten hatte. Dies aber dicht gefolgt von Wilhelm Deichgräber mit 9 Stimmen Unterschied.
Dieser hatte sich im Wahlkampf deutlich als Nationalsozialist positioniert, wie auch die von ihm herausgegebene Wahlzeitung vom Oktober 1935 zeigt.

Auf Betreiben von nationalsozialistischen Kräften aus Schleswig-Holstein wurde darauf gedrängt, dass die Zersplitterung der deutschen Minderheit in verschiedene nationalsozialistische Gruppierungen aufhören sollte. Man einige sich 1935 darauf, dass alle nationalsozialistischen Parteien aufgelöst werden sollten. An dessen Stelle trat die NSDAP-N (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiter Partei – Nordschleswig). Die Parteiführung übernahm der Tierarzt Jens Möller.

Die Auflösung aller anderen Parteien bedeutete auch das Ende des Schleswigschen Wählervereins vom 15. August 1920. Die Listenbezeichnung „Slesvigsk Parti/Schleswigsche Partei“ wurde weiter von der NSDAP-Nordschleswig benutzt.

Obwohl man sich 1935 auf die alleinige Machtstellung der NSDAP-Nordschleswig geeinigt hatte, war dies nicht das Ende des Konfliktes. Die NSAN bestand weiterhin fort. Als Belegt dafür steht die Festschrift zum fünfjährigen Bestehen der NSAN.

Erst 1938/1939 sollten der Machtanspruch der NSDAP-Nordschleswig und damit auch der von Jens Möller unangefochten sein. Spätestens als dieser mit der Folketingswahl 1939 ins dänische Parament einzog.

Die Festschrift der NSAN Foto: Deutsches Museum Sonderburg
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