100 Jahre Deutsche MInderheit

Teil 1: Die Wahlurne der Gemeinden Uberg und Seth

Teil 1: Die Wahlurne der Gemeinden Uberg und Seth

Teil 1: Die Wahlurne der Gemeinden Uberg und Seth

Hauke Grella
Hauke Grella Museumsleiter
Nordschleswig
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Foto: Deutsches Museum Sonderburg

In Uberg stimmten 90 Prozent und in Seth 80,85 Prozent für den Verbleib bei Deutschland. In absoluten Stimmen ausgedrückt waren dies 63 deutsche Stimmen in Uberg und 152 in Seth. Obwohl beide Gemeinden mehrheitlich für die deutsche Seite stimmten, fielen sie doch an Dänemark.

Die kleinen Dörfer Uberg und Seth liegen südlich der zu Dänemark gehörenden Stadt Tondern und nördlich des in Deutschland gelegenen Ortes Süderlügum. Die dänischen Ortsbezeichnungen sind Ubjerg bzw. Sæd. Wie viele Orte und Dörfer der deutsch-dänischen Grenzregion wurden sie durch das Aufkommen des nationalen Gegensatzes zwischen Deutsch und Dänisch am Anfang  des 19. Jahrhunderts geprägt.

Bei der Schleswig-Holsteinischen Erhebung  von 1848-1851 und dem Deutsch-Dänischen Krieg von  1864 stand vermutlich ein überwiegender Teil der Bevölkerung  von Uberg und Seth auf der deutschen Seite. Bei der Volksabstimmung 1920, als die Bevölkerung nördlich und südlich der heutigen Grenze über ihre Zugehörigkeit zu Deutschland oder Dänemark entscheiden sollte, hatten beide Gemeinden eine große Mehrheit für die deutsche Seite. In Uberg stimmten 90 Prozent und in Seth 80,85 Prozent für den Verbleib bei Deutschland. In absoluten Stimmen ausgedrückt waren dies 63 deutsche Stimmen in Uberg und 152 in Seth.

Obwohl beide Gemeinden mehrheitlich für die deutsche Seite stimmten, fielen sie doch an Dänemark. Dies lag daran, dass in Nordschleswig/Sønderjylland nicht gemeindeweise abgestimmt wurde, sondern ein Gesamtergebnis für Nordschleswig entscheidend war. In ganz Nordschleswig stimmten 74,9  Prozent für Dänemark und 25,1 Prozent  für Deutschland. Damit wurden auch die beiden Gemeinden Uberg und Seth ein Teil Dänemarks. Diejenigen, die in Uberg und Seth und in ganz Nordschleswig/Sønderjylland für die deutsche Seite stimmten, bildeten ab 1920 die deutsche Minderheit. Somit ist die Volksabstimmung 1920 die Geburtsstunde der deutschen Minderheit in Nordschleswig/Sønderjylland.

Aufgrund der deutlichen Mehrheit wurden die beiden Dörfer Uberg und Seth auch weiterhin durch ihre deutsch-nordschleswigsche Bevölkerung geprägt. Dies zeigt sich unter anderem an der 1925 eingeweihten Gedenkstätte für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs.  Später wurde die Gedenkstätte erweitert, sodass auch der Gefallenen des Deutsch-Französischen Kriegs und vom Zweiten Weltkriegs gedacht wird.

Foto: Deutsches Museum Sonderburg

 

Ein deutliches Zeichen für die Prägung der beiden Gemeinden ist auch die Wahlurne, die sich seit 2007 im Deutschen Museum Nordschleswig befindet. Diese wurde um 1900 gebaut,  als beide Gemeinden noch zum Deutschen Kaiserreich gehörten.  Zu diesem Zeitpunkt waren beide Gemeinden eigenständige Verwaltungseinheiten, weswegen es verwunderlich ist,  dass auf der Urne beide Orte genannt werden.

Die Aufschrift lautet: „Wahlurne Gemeinde Uberg und Seth“. Bei genauerer Betrachtung kann man aber feststellen, dass es sich bei der Schrift von „Wahlurne Gemeinde Uberg“ um einen anderen Farbton handelt als bei der Farbe von „und Seth.“. Daraus lässt sich schließen, dass die Wahlurne ursprünglich nur für die Gemeinde Uberg bestimmt war.

1923, also kurz nach der Volksabstimmung 1920, als beide Gemeinden dänisch wurden, fand eine Gebietskörperschaftsreform statt, und beide Gemeinden wurden zusammengeschlossen. Das Hinzufügen von „und Seth“ musste also nach dem Jahr 1923 geschehen sein.

 Erstaunlich dabei ist, und hier kommen wir wieder auf die Prägung der beiden Gemeinden, dass weiterhin der Text der Wahlurne auf Deutsch beibehalten wurde. Ein klares Zeichen dafür, dass die Bevölkerung der beiden Gemeinden zu diesem Zeitpunkt noch mehrheitlich  deutsch geprägt war.

Dass diese Prägung auch bis in die neuere Vergangenheit bestehen blieb, lässt sich gut an der Gemeinderatswahlen von 2005 in Tondern ablesen. Die Partei der deutschen Minderheit, die Schleswigsche Partei, erhielt im gemeinsamen Wahllokal von Uberg und Seth 38,2 Prozent der abgegebenen Stimmen und war damit stärkste Partei in den Orten. Aktuellere Zahlen sind nicht vorhanden, da nach 2005 Wahllokale zusammengelegt wurden und es in Uberg und Seth kein eigenes Wahllokal mehr gibt. Die Wahlurne zeugte lange von der Prägung der Bevölkerung Ubergs und Seths. Nach Erzählungen wurde sie noch bis ins Jahr 1985 bei Gemeinde- und Amtsratswahlen eingesetzt. 

Der Artikel ist bereits im Magazin "Schleswig-Holstein. Die Kulturzeitschrift für den Norden" erschienen. 

 

Foto: BDN
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