Leitartikel

„Der Norden leidet“

Der Norden leidet

Der Norden leidet

Nordschleswig/Sønderjylland
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In Nordjütland zahlen Bürger, aber vor allem die Nerz-Züchter in diesen Tagen einen hohen Preis im Kampf gegen das Coronavirus. Für alle ist dies auch eine Vorwarnung, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.

Es hat seit dem Ausbruch des Coronavirus im März viele Schicksale gegeben. Vor allem sind die betroffen, die Familie oder Freunde verloren haben. Andere haben ihr Geschäft aufgeben müssen, viele haben in den vergangenen Monaten ihren Job verloren, und unsere Senioren haben viel Zeit allein verbringen müssen.

Wer in der Corona-Zeit nur die vorgegebenen Maßnahmen einhalten und vielleicht auf die eine oder andere Veranstaltung verzichten musste – oder auf deutsches Dosenbier –, der kann von Glück reden. Und das gilt – noch – für die meisten von uns.

Kaum jemand von uns kann sich vorstellen, was in diesen Tagen in den Köpfen und Herzen der vielen dänischen Nerz-Züchter vor sich geht. Sie haben mit einem Schlag ihre Lebensgrundlage verloren, und wissen schon jetzt, dass es keine Rückkehr zu ihrem Gewerbe gibt: Alle 17 Millionen Nerze werden gekeult, darunter auch die weltbesten Zuchttiere.

Für die dänischen Züchter gibt es daher keinen Weg zurück – sie verlieren damit nicht nur einen Job, sondern müssen sich ganz neu orientieren. Ungeachtet dessen, ob man gegen die Nerz-Zucht ist oder nicht, muss man respektieren, dass diese Menschen und ihre Familien es gerade sehr schwer haben. Auch wenn es eine finanzielle Lösung für sie geben sollte – es bleiben die seelischen Wunden. Die Nerz-Zucht werden andere übernehmen – sie endet nicht mit dem dänischen Aus.

Vor allem Nordjütland leidet mit den „Mink-Farmern". Sieben Kommunen befinden sich aufgrund des in diesen Tieren mutierten Coronavirus im Lockdown. Sie müssen in ihren Gemeinden bleiben, die Schulen sind zum Teil geschlossen, Busse und Züge fahren nicht, Restaurants schließen, alle Freizeitaktivitäten sind eingestellt, und viele können – dürfen – nicht zur Arbeit.

Die Regierung hat wieder – eigenmächtig – das Prinzip Vorsicht walten lassen, und der Chor der Kritiker, bestehend aus Laien und Experten, meldet sich natürlich lauthals. Ob es die richtigen Maßnahmen sind oder nicht, wird sich zeigen.

Was die Nordjüten derzeit erleben, ist aber auch ein Vorgeschmack und ein erhobener Zeigefinger, was auch auf uns in anderen Teilen Dänemarks zukommen kann. Falls sich bei uns mutierende Viren verbreiten oder die Maßnahmen generell nicht greifen, können auch wir plötzlich vor einem Lockdown stehen. Sind wir dazu bereit? Ich denke nicht – passen wir also auf und haben Nordjütland in unseren Gedanken und Herzen.

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