Diese Woche in Kopenhagen

„Es wird keine Neuauflage der SVM-Regierung geben“

Es wird keine Neuauflage der SVM-Regierung geben

Es wird keine Neuauflage der SVM-Regierung geben

Kopenhagen
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Die breite Regierung über die Mitte hinweg ist eine Anomalie in der dänischen Politik. Nach der kommenden Folketingswahl werden wir zur Normalität zurückkehren, lautet die Einschätzung von Kopenhagen-Korrespondent Walter Turnowsky.

Es ist zwar schwer, zu prophezeien; insbesondere über die Zukunft – wie bereits der Satiriker Storm P. feststellte. 

Dennoch traue ich mich (ohne allzu viele Vorbehalte), die Behauptung aufzustellen, dass die breite Regierung über die Mitte hinweg eine einmalige Vorstellung bleiben wird. Warum? Dafür gibt es mehrere Gründe.

Zum Ersten sind da die politischen Debatten der vergangenen Wochen und Tage. Wie ich an dieser Stelle bereits im August schrieb, profilieren sich drei Koalitionspartner seit den Sommerferien „gemeinsam, jeder für sich“

Besonders deutlich ist das bei der Sozialdemokratie, die das Rententhema angestoßen hat. Damit kehrt Staatsministerin Mette Frederiksen zurück zur Linie „Sozialdemokratie-Classic“ (plus harte Ausländerpolitik), mit der sie bereits 2019 Erfolg hatte. Im Wahlkampf 2022 hatte sie die Rolle als Vorkämpferin der kleinen Frau und des kleinen Mannes gegen die der (wirtschaftlich) verantwortungsbewussten Staatsfrau eingetauscht. 

Die Rückkehr zu ihrer alten Rolle schmeckt aber dem liberalen Koalitionspartner Venstre so gar nicht. Wird die Frage des Rentenalters zum Wahlkampfthema, so ist das an sich schon ein Signal, dass Frederiksen keine neue Koalition mit Venstre-Chef Troels Lund Poulsen anstrebt.

Ein weiteres Indiz ist, dass weder Frederiksen noch Lund Poulsen sich zum jetzigen Zeitpunkt festlegen wollen, welche Regierung sie nach einer Wahl anstreben. Einzig Lars Løkkes Moderate plädieren für eine Neuauflage der breiten Regierung über die Mitte hinweg – es ist allerdings auch die Existenzberechtigung der Partei. Momentan sind die verbliebenen Passagiere im moderaten Clownbus jedoch vornehmlich mit sich selbst befasst.

Als Drittes sprechen die miserablen Umfragewerte der Regierungsparteien gegen die Neuauflage – und zwar gleich in zweifacher Weise. Venstre läuft die Wählerschaft nach rechts, der Sozialdemokratie nach links davon. Das motiviert nicht gerade dazu, in einem kommenden Wahlkampf für eine Neuauflage zu plädieren. 

Außerdem ist die Koalition in den Umfragen sehr, sehr weit von einer Mehrheit entfernt. Und wenig deutet darauf hin, dass sich das nach einer Wahl ändern sollte. Eine neue SVM-Regierung ist also schon rein rechnerisch hochgradig unwahrscheinlich; selbst wenn es gelingen sollte, die Zentrumspartei Radikale Venstre mit an Bord zu holen. 

Am deutlichsten spricht jedoch gegen eine Neuauflage, dass eine Koalition zwischen den politischen Gegenspielern von der Sozialdemokratie und Venstre eine Anomalie in der dänischen Politik ist. Ende der 70er-Jahre gab es eine erfolglose SV-Regierung, die aber bereits nach einem Jahr aufgeben musste.

Die Normalität in der dänischen Politik ist entweder eine bürgerliche oder eine sozialdemokratisch geführte Minderheitenregierung. Und zu dieser Normalität werden wir nach der Wahl, die spätestens am 31. Oktober 2026 stattfindet, zurückkehren – wenn ich mich nicht irre. 

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