Leitartikel

„Betrugs-Urteil vertieft DF-Krise“

Betrugs-Urteil vertieft DF-Krise

Betrugs-Urteil vertieft DF-Krise

Kopenhagen
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Der zweite Vorsitzende der Dänischen Volkspartei, Morten Messerschmidt, ist wegen Veruntreuung und Dokumentenfälschung zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Das Urteil ist in mehrfacher Hinsicht ein ernstes Problem für die Partei, meint Walter Turnowsky.

Der DF-Vize Morten Messerschmidt hat EU-Mittel zweckentfremdet und dafür Dokumente gefälscht. Zu diesem Ergebnis ist das Gericht in Lyngby nach sieben Verhandlungstagen gekommen. Die Strafe ist sechs Monate Haft, die auf Bewährung ausgesetzt wird.

Messerschmidt ist für seine Redegewandtheit und Argumentationsstärke bekannt; immer wieder gelingt es ihm, Menschen von seiner Sicht der Dinge zu überzeugen.

Bei den Richtern in Lyngby kam der damit nicht weit, sie ließen sich kein X für ein U vormachen.

Wie wenig sie sich von den Redegaben des Politikers beeindrucken ließen, zeigte sich, als der Vorsitzende des Verfahrens, Søren Seerup, am Mittwoch während des zweiten Verhörs der Hauptperson das Wort ergriff. „Wir wundern uns“, meinte er, da er die Aussagen Messerschmidts nicht mit der Sachlage in Übereinstimmung bringen konnte.

Wie wir nun aus der Urteilsbegründung wissen, hat ein einiges Gericht Messerschmidts Darstellungen über weite Strecken keinen Glauben geschenkt. Der Jurist Messerschmidt hätte wissen können, dass bei einem Verfahren Fakten mehr zählen als geschliffene Reden.

Was sich da über seinem Kopf zusammenbraute, müsste ihm spätestens bei den Aussagen der übrigen Führungsspitze der Dänischen Volkspartei klar geworden sein. Schon fast demonstrativ wollten weder Parteichef Kristian Thulesen Dahl noch Fraktionschef Peter Skaarup die Version des Parteivizes unterstützen.

Zur Erinnerung: Der Verurteilte hatte ausgesagt, dass im Zusammenhang mit dem Sommertreffen der Fraktion im Jahr 2014 auch eine EU-Konferenz abgehalten wurde; die EU-Mittel seien hierfür verwendet worden. Außer ihm kann sich jedoch niemand an diese EU-Konferenz erinnern.

So einige in der Partei haben Messerschmidt als den Mann gesehen, der den Karren aus dem Dreck ziehen sollte, nachdem die Partei von einer Niederlage zur nächsten gewankt ist. Er sollte so bald wie möglich Thulesen Dahl als Vorsitzenden ablösen, so dieser Flügel der Partei.

Legt man das deutliche Urteil und die Aussagen der Parteispitze zusammen, so zeigt das Rechenstück, dass sich Messerschmidt nur wenig Hoffnungen auf eine politische Zukunft innerhalb der dänischen Volkspartei machen sollte. Ganz sicher ist, dass er vorläufig kein Kandidat für den Vorsitz ist.

Doch die unter Eid abgelegten Darstellungen von Thulesen Dahl, Skaarup und Co. werfen eine weitere Frage auf. Zeigen sie doch, dass ihnen klar war, dass die Konferenz, die die EU bezuschusst hat, nicht stattgefunden hat. Wieso sind sie nicht schon vor langer Zeit parteiintern der Sache auf den Grund gegangen?

Gewiss, es war nicht der Wunsch von Thulesen Dahl, dass Messerschmidt vergangenen Sommer zum zweiten Vorsitzenden gewählt wurde, doch um den Aufstand gegen seine Führungsposition abzuwehren, akzeptierte er die Wahl. 

Insgesamt steht die Dänische Volkspartei nun endgültig vor einem Scherbenhaufen. Mit Messerschmidt verliert die Partei einen der begabtesten Politiker. Die Partei-Chef Thulesen Dahl schreibt zwar, er könne bis zu einem endgültigen Urteil seine politische Arbeit fortführen. Aber dadurch, dass er in Berufung geht, hat der Vize sich selbst vorläufig ins politische Abseits geschickt.

Doch die Unzufriedenheit mit dem Vorsitzenden verraucht ja nicht mit der Verurteilung Messerschmidts. Ein offensichtlicher Nachfolger für ihn ist jedoch innerhalb der Partei weit und breit nicht in Sicht.

Diese Tatsache wird nichts daran ändern, dass die internen Streitigkeiten in der Partei mit unverminderter Vehemenz weitergehen werden, Streitigkeiten, die bis in den Hauptvorstand reichen. Jüngere Kräfte wie Martin Henriksen und Peter Kofod sehen sich möglicherweise selbst als künftige Partei-Chefs; bewiesen, dass sie dazu das Format haben, haben sie bislang nicht.

Auch wegen dieser Streitigkeiten ist das nächste Kapitel über den Niedergang der einst so einflussreichen Partei bereits programmiert. Es wird vermutlich am 16. November geschrieben. An dem Tag finden die Kommunalwahlen statt.

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