Mobilität

Unterschriftensammlung für Tempo 30 in Innenstädten

Unterschriftensammlung für Tempo 30 in Innenstädten

Unterschriftensammlung für Tempo 30 in Innenstädten

Kopenhagen
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Tempo 30 in Apenrade
In einigen Straßen am Apenrader Hafen gilt Tempo 30. Foto: Gerrit Hencke

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Der Radfahrendenverband sammelt Unterschriften, um eine Geschwindigkeitsreduzierung von 50 km/h auf Tempo 30 in Städten auf die Tagesordnung im Folketing zu bringen. Für die Lobbyorganisation ist das eine Herzensangelegenheit, denn eine geringere Geschwindigkeit hat laut Cyklistforbundet gleich mehrere Vorteile.

Tempo 30 statt 50 – das ist eine Forderung des dänischen Radfahrendenverbandes (Cyklistforbundet). Mit einer Unterschriftensammlung will die Organisation Druck ausüben, dass das Straßenverkehrsgesetz (Færdselsloven) so geändert wird, dass 30 km/h die neue Normalgeschwindigkeit in Städten wird und höhere Geschwindigkeiten die Ausnahme werden. 

Verkehrsrecht soll geändert werden

Um dies durchzusetzen, soll Paragraf 42, Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes geändert werden. Dort heißt es bislang: 

„Auf Straßen, die keine Autobahnen und Schnellstraßen sind, darf die Geschwindigkeit der Fahrzeuge folgende Grenzen nicht überschreiten: 1) in dicht bebauten Gebieten: 50 Kilometer pro Stunde“. 

Geht es nach dem Radfahrendenverband, sollte hier künftig eine 30 stehen. Dies würde es den Kommunen ermöglichen, Abschnitte zu ermitteln, in denen die Sicherheit für Zufußgehende und Radfahrende durch ein neues Tempolimit erhöht werden könnte. 

Mit der Unterschriftensammlung will der Verband an Verkehrsminister Thomas Danielsen (Venstre) herantreten und eine Gesetzesänderung fordern. 

Der Radfahrendenverband führt zusätzliche Gründe an, warum er ein neues Tempolimit für nötig hält. 

Weniger tödliche Unfälle

Wird man zu Fuß oder auf dem Fahrrad von einem Auto mit Tempo 50 angefahren, ist die Wahrscheinlichkeit dreimal so hoch, im Straßenverkehr schwer verletzt oder getötet zu werden. Dahingegen überleben 9 von 10 Personen einen Zusammenstoß bei 30 km/h. Bei Tempo 50 liegt die Überlebenschance nur bei 30 Prozent. 

Autofahrende, die mit 30 km/h unterwegs sind, können sogar zum Stehen kommen, bevor bei Tempo 50 überhaupt reagiert werden kann. Tatsächlich ist die Gesamtstrecke aus Reaktionszeit und Bremsweg – der sogenannte Anhalteweg – fast doppelt so lang.

Der Cyklistforbund visualisiert den Unterschied mit dem Fall aus einem Hochhaus. Ein Aufprall mit Tempo 50 ist mit einem Sturz aus dem dritten Stock vergleichbar. Tempo 30 entspricht nur einem Fall aus dem ersten Stock. 

In Dänemark wurden im Jahr 2022 in städtischen Gebieten mehr als 1.600 Menschen bei Verkehrsunfällen mit Autos verletzt, 47 davon starben.

Mit einem zu einem Herz geformten Verkehrsschild macht der Radfahrendenverband mobil für ein neues Tempolimit.
Mit einem zu einem Herz geformten Verkehrsschild macht der Radfahrendenverband mobil für ein neues Tempolimit. Foto: Cyklistforbundet

Höhere Verkehrssicherheit

Die Folge sinkender Geschwindigkeiten: Im Straßenverkehr wird es sicherer. Dies sei besonders für neue und unsichere Verkehrsteilnehmende von Vorteil, schreibt die Lobbyorganisation. „In einer Zeit, in der die Autos immer größer, schneller und schwerer werden, müssen die Geschwindigkeiten in den Städten gesenkt werden, damit Kinder gefahrlos auf die Straße können.“

Im französischen Lyon gilt Tempo 30 seit zwei Jahren auf 80 Prozent der Straßen. Dort stellte man fest, dass die Zahl der Unfälle um 35 Prozent zurückging. Die Folge: weniger Schwerverletzte und Tote. Bürgermeister Grégory Doucet sagte, dass der Rückgang schwerer Unfälle mit Personenschäden sogar 39 Prozent beträgt. „Das bedeutet, wir haben Leben gerettet“, so Doucet gegenüber dem Sender „BFMTV“.

Gleiche Ankunftszeit

„Es scheint unlogisch, aber es gibt fast keinen Unterschied in der Fahrzeit, wenn Autos in der Rushhour in Städten mit 30 km/h statt mit 50 km/h fahren“, heißt es auf der Kampagnenwebseite weiter. „In vielen Fällen kommt man zur gleichen Zeit an – in anderen Fällen verlängert sich die Fahrtzeit um Sekunden.“ 

Studien aus Brüssel zeigen, dass sich die durchschnittliche Fahrzeit bei einer 5 bis 10 Kilometer langen Autofahrt durch die Stadt um 5 bis 10 Sekunden verlängert.

Der Radfahrendenverband ist der Meinung, dass Geschwindigkeit nicht über unser Leben und unsere Mobilität gestellt werden sollte.

Weniger Lärm

Mit Tempo 30 würde laut Cyklistforbundet auch der Verkehrslärm sinken. Dies führe zu einem gesünderen Leben für diejenigen, die in der Nähe stark befahrener Straßen wohnen. Der Verband führt hier Zürich als Beispiel an, wo die Geschwindigkeiten reduziert wurden. Laut Umfragen empfanden 70 Prozent der Menschen weniger Lärm in ihrem Alltag.

Lärmbelastung über längere Zeit sei Ursache für ein höheres Risiko, an einer Vielzahl von Krankheiten wie Krebs oder Diabetes zu erkranken, heißt es weiter.

Gegenüber 50 km/h nimmt der Lärm bei 30 km/h um 3 Dezibel ab. Klingt nicht viel, entspricht aber einer Halbierung der Schallenergie. 

International viele Bemühungen für Temporeduzierung

In großen europäischen Städten ist eine Tempo-30-Regelung bereits geplant oder umgesetzt. So gilt in Paris fast flächendeckend 30 km/h als Höchstgeschwindigkeit. Geldbußen drohen hier schon bei geringen Überschreitungen. 

Seit 2021 gilt in Spanien bereits in Städten maximal Tempo 30. 80 Prozent aller städtischen Straßen sind betroffen, vor allem Routen mit nur einer Fahrspur pro Richtung. Damit will das Land die Unfallzahlen senken.

In Deutschland ist es mit der Novelle des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) seit Juni 2024 möglich, dass Behörden vor Ort künftig mehr 30-Zonen anordnen können – zum Beispiel beim Lückenschluss zwischen zwei bestehenden Tempo-30-Strecken, vor Fußgängerüberwegen, vor Spielplätzen und auf hochfrequentierten Schulwegen sowie an Zebrastreifen. Eine Pflicht zur Ausweisung von Tempolimits besteht durch die Gesetzesänderung jedoch nicht. 1.000 Städte und Gemeinden hatten dies gefordert. Gründe sind unter anderem der bessere und sicherere Verkehrsfluss, aber auch Klima- und Umweltschutzgründe. 

In Flensburg (Flensborg) etwa sind aus Lärmschutzgründen bereits mehrere Abschnitte zeitweise Tempo-30-Zonen. In Zukunft sollen auf diesen und weiteren Strecken permanent 30 km/h gelten. Das zumindest plant die Verwaltung.

Kopenhagen folgt Großstädten

Für die Jahre 2023-2025 ist in Kopenhagen geplant, im gesamten Stadtgebiet Zonen für niedrige Geschwindigkeiten mit einer Höchstgeschwindigkeit von 30 oder 40 km/h einzuführen. Ziel ist es, dass weniger Menschen mit dem Auto in die Stadt fahren und wenn doch, dann langsamer unterwegs sind. 

Auf größeren und verkehrsreicheren Straßen, die die Zonen voneinander trennen, sollen ebenfalls niedrigere Tempolimits  (40 km/h) gelten. Dies soll in den Jahren 2024-2025 geschehen. Bereits eingerichtete 30-Zonen gibt es in Østerbro, Amager und im Stadtkern. 

Auch in Odense und Aarhus gibt es Ideen und Pläne für eine Reduzierung der Geschwindigkeit in der Innenstadt.

30-Zone Tingleff
In Nordschleswig gibt es bislang nur wenige ausgewiesene Tempo-30-Zonen, wie etwa vor der Deutschen Schule Tingleff (Tinglev). Foto: Screenshot/Google Streetview

Nur wenige Tempo-30-Zonen in Nordschleswig

In Nordschleswig gibt es bislang nur an wenigen Orten Tempo-30-Zonen – etwa an der Deutschen Schule Tingleff, in einigen Bereichen des Hafens von Apenrade (Aabenraa), im Zentrum von Hadersleben (Haderslev) und Tondern (Tønder) oder auch an der Havnegade in Sonderburg (Sønderborg), die in den Sommermonaten ohnehin für den Durchgangsverkehr gesperrt ist. Einige Wohngebiete in den größeren Städten Nordschleswigs sind als Zonen ausgewiesen, in denen 40 km/h gilt. 

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