Leitartikel

„Ex-Ministerin knallt mit der Tür“

Ex-Ministerin knallt mit der Tür

Ex-Ministerin knallt mit der Tür

Kopenhagen/Apenrade
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Bei Venstre knallen nach dem Abgang von Løkke Rasmussen und Støjberg die Türen. Doch es könnte sogar noch schlimmer kommen, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.

Einen Monat hat es gedauert, dann hat Inger Støjberg bei Venstre die Tür zugeschlagen. Mit voller Wucht. Die Ex-Ministerin hat aus Protest die krisengebeutelte Partei verlassen und tut dies mit einem riesigen Knall.

Überraschend ist es nicht, dass die hochprofilierte Politikerin die Partei verlässt, um im Folketing als Alleingängerin weiterzumachen. Nachdem die meisten ihrer Parteikollegen diese Woche dafür gestimmt hatten, gegen Støjberg ein Reichsgerichtsverfahren einzuleiten – das erst sechste in der Geschichte Dänemarks – war das Verhältnis endgültig zerstört.

Das Vertrauen ist auf beiden Seiten weg, und so zog Inger Støjberg die logische Konsequenz aus den Querelen der vergangenen Monate. In denen musste sie auch den Posten als zweite Vorsitzende der Partei räumen, weil sie die Hierarchie in der Partei nicht einhalten wollte und stets dazwischenfunkte.

Parteivorsitzender Jacob Ellemann-Jensen blieb nichts anderes übrig, als Støjberg auf die Hinterbank zu setzen, und auch bei der Abstimmung über die Anklage vor dem Reichsgericht blieb ihm keine andere Wahl, als Støjberg vors Gericht zu zitieren.

Støjberg fühlt sich indes von den Eigenen hintergangen und in Stich gelassen. Die Enttäuschung darüber stand ihr ins Gesicht geschrieben, doch die Kämpferin aus Skive wollte nicht gehen, ohne noch mal Tacheles geredet zu haben: Die Ausländer-Politik ihrer Partei sei zu schlapp, und Jacob Ellemann-Jensen werde nie Staatsminister werden.

In ihrer Enttäuschung konnte sie es nicht lassen, noch einmal nachzutreten. Das tat ihr vielleicht gut und ist menschlich verständlich, doch damit wird sie sich keinen Gefallen getan haben. Die Brücken zu Venstre sind abgebrannt, und es bleibt ihr jetzt nur der Wechsel zu einer anderen Partei – oder der Ausstieg aus der Politik.

Venstres Parteiboss Ellemann hatte stets beteuert, für Inger Støjberg sei noch Platz bei Venstre, doch in Wahrheit war sie untragbar, denn am Ende dreht es sich nicht um Politik, sondern um Personen. Ellemann hofft nun auf eine Zeit ohne interne Querelen und will über die Politik die Wähler zurückgewinnen. Dabei steht viel Arbeit bevor, denn die Meinungsumfragen schickten bisher Venstre tief in den Keller.

Diese Woche präsentierte Jacob Ellemann-Jensen schon mal die neue Ausländerpolitik und machte sich im TV-Duell mit der Regierungs-Stütze SF für die Landwirte stark.

Der Venstre-Boss wird die knallende Tür bemerkt haben, aber bei ihm überwiegt mit Sicherheit die Erleichterung darüber, dass er ein Problem weniger hat. Dafür wartet vielleicht bald ein Neues auf ihn: Mit dem Ex-Partei-Boss Lars Løkke Rasmussen und Inger Støjberg haben zwei hochprofilierte Politiker die Partei Venstre verlassen. Wenn die beiden in einer neuen Partei auftauchen und es zu einem bürgerlichen Showdown kommt, zeigen alle Pistolen auf Jacob Ellemann-Jensen. Dann könnte es zum nächsten großen Knall kommen – und dem frühen politischen Ende von Ellemann.

 

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Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
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