Leitartikel

„Die Løkke-Partei“

Die Løkke-Partei

Die Løkke-Partei

Kopenhagen/Apenrade
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Lars Løkke Rasmussen geht als Spitzenfigur seiner eigenen Partei bei der nächsten Folketingswahl ins Rennen. Das ist keine Überraschung, aber es wirft viele Fragen auf, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.

Es war nicht wirklich eine Überraschung, als Lars Løkke Rasmussen am Wochenende in der Boulevardzeitung „B.T.“ seine Kolumne nutzte, um eine Ankündigung in eigener Sache zu veröffentlichen: Der frühere Staatsminister und Parteivorsitzende von Venstre wird bei der nächsten Folketingswahl an der Spitze einer von ihm neu gegründeten Partei stehen.

Es ist die logische Folge des politischen Absturzes einer Frontfigur der bürgerlichen dänischen Politik der vergangenen 20 Jahre. Nach der Folketingswahl 2019 verlor Løkke den internen Machtkampf bei Venstre und überließ – nachdem er seinen Kontrahenten Kristian Jensen mit runtergerissen hatte – die Parteiführung Jacob Ellemann-Jensen. Der entdeckte allerdings schnell, dass Lars Løkke Rasmussen ungeeignet für die Hinterbank im Folketing war, und so kam es schließlich zum unvermeidlichen Showdown der beiden im Januar. Das Ergebnis: Exit Lars Løkke nach 40 Jahren in der Partei Venstre.

Rasmussen wird kaum politische Abstinenzen gehabt haben, denn im Handumdrehen hatte er das politische Netzwerk, Det Politiske Mødested, geschaffen. Ein Test, inwiefern der Name Løkke noch politische Relevanz hat. 15.000 Anhänger schlossen sich seiner Bewegung an, und das reichte Løkke als Grundlage für die Parteibildung.

Wie die Partei heißen und wie die politische Tagesordnung aussehen soll, steht noch nicht fest – oder zumindest nur im Kopf von Lars Løkke Rasmussen. Aber er hat sich erst einmal schon auf der politischen Skala platziert: genau in der Mitte zwischen den beiden Blöcken. Er will die Blockpolitik ausschalten und eine Politik über die Mitte managen.

Tut er dem bürgerlichen Block mit seiner Parteigründung einen Gefallen? Sicherlich nicht. Staatsministerin Mette Frederiksen und ihre Sozialdemokraten lachen sich ins Fäustchen, weil der bürgerliche Block nun noch fragmentierter dasteht als je zuvor. Mindestens sieben Parteien werden um die Gunst der bürgerlichen Wähler buhlen und müssen sich etwa 45 Prozent der Stimmen teilen – da bleibt nicht viel übrig für jeden. Und es bleibt auch noch die S-Frage: Wer geht als Staatsminister-Kandidat der Bürgerlichen ins Rennen?

Hat Løkke also eine Chance, unter einem neuen Buchstaben ins Folketing zu ziehen? Sicherlich. Schließlich ist in der Mitte auch noch Platz, nachdem die Radikale Venstre in den vergangenen Jahren immer mehr nach links gezogen ist. Und schließlich hat Løkke auch noch eine gewisse Anziehungskraft, wenn auch keine magische.

Auf der anderen Seite ist die dänische Mitte ein schmales Spielfeld zwischen den Blöcken, und die Frage ist, ob der jahrelange Mannschaftskapitän der bürgerlichen Politik nun von Kollegen und Wählern als Brückenbauer überhaupt ernst genommen wird.

Oder ob Lars Løkke Rasmussen als Politiker wahrgenommen wird, der an seinem Stuhl und der Macht klebt und nur deshalb eine eigene Partei bildet. Die Løkke-Partei eben.

 

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