Leitartikel

„Mehr Nähe – aber auch nicht mehr“

Mehr Nähe – aber auch nicht mehr

Mehr Nähe – aber auch nicht mehr

Nordschleswig/Sønderjylland
Zuletzt aktualisiert um:

Polizei und Bürger in Dänemark haben sich auseinandergelebt. Durch neue Maßnahmen der Regierung würden sich alle wieder näher kommen – auf die Kriminalitätsstatistik werden neue Polizeistationen aber kaum Effekt haben, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Polizei und Bürger in Dänemark, das war mal ein enges Verhältnis. Jeder im Ort kannte den Dorfsheriff, und umgekehrt kannte er alle seine Schäfchen. Doch das Traumpaar hat sich auseinandergelebt – vor allem, weil die Polizei in den vergangenen Jahren durch Abwesenheit geglänzt hat: Die Dorfpolizei ist bis auf wenige Ausnahmen eingestellt worden, die örtlichen Polizeiwachen sind dezimiert, und es gibt zu viele Beispiele, wie Bürger von der Polizei in Stich gelassen worden sind.

Die Zentralisierung ist übertrieben worden, so die sozialdemokratische Regierung, die mit ihrem Vorschlag für eine neue Polizeistruktur mehr Nähe und Sicherheit (tryghed) schaffen möchte.

Der Vorschlag hat gute Elemente, weil es nicht nur um eine Dezentralisierung geht, sondern auch um eine weitere Spezialisierung. Dabei scheint jetzt schon klar, dass die neuen Strukturen in der nationalen Kriminalitäts-Bekämpfung einen größeren Effekt haben werden als die 150 neuen Lokalbeamten vor Ort.

Zwar mag es immer noch Fahrraddiebstähle und Einbrüche geben – übrigens immer weniger – doch die wahre gesellschaftsschädliche Kriminalität ist ganz woanders: Sie ist von nationalen und internationalen Kriminellen gut organisiert und findet untere anderem digital statt – da hilft ein Beamter in Rödding wenig.

Daher ist der Ansatz, aus den jetzigen Spezialeinheiten einen ganz neuen, nationalen Polizeikreis zu bilden – eine Art dänisches FBI –, der sich mit der schwerwiegenden Kriminalität beschäftigen soll, gut. Die Polizei muss ihre Kräfte und Spezialisten bündeln, um den Kampf gegen die organisierte Kriminalität zu gewinnen.

Von den 150 neuen Dorf-Polizisten können wir dagegen nur mehr Nähe erwarten, was auch Sinn und Zweck der Reorganisierung ist. Aber sieben Beamte werden eine Polizeiwache keine 24 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr besetzen können – und die Zeit am Büro-Schalter geht von der wirklichen Polizeiarbeit ab.

Dass die nächste Polizeiwache 15 statt 25 Kilometer entfernt ist, gibt weder mehr Sicherheit noch Geborgenheit noch wird sie in der Kriminalitätsstatistik abzulesen sein. Ein wenig mehr Nähe – aber auch nicht mehr.

Von daher reihen sich die 20 neuen Polizeistationen eher an die Beispiele, wie die jetzige und vorige Regierungen Symbolpolitik betrieben haben. Mit Grenzkontrollen, Ausgrenzung und mehr Polizei – alles wird gut, so die politische Meinung. Davon müssen dann nur noch die Kriminellen überzeugt werden.

 

Mehr lesen

Leserbrief

Meinung
Allan Søgaard-Andersen
„Tomme borgerlige klimaløfter!“