Politik

Die Alternative will den parlamentarischen Ungehorsam

Die Alternative will den parlamentarischen Ungehorsam

Die Alternative will den parlamentarischen Ungehorsam

cvt/Ritzau
Kopenhagen
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Uffe Elbæk
Uffe Elbæk Foto: Nikolai Linares/Ritzau Scanpix

Wenn es nach Uffe Elbæk geht, pfeifen Blockpolitik und Fraktionszwang aus den letzten Löchern. Es wäre das Ende einer Ära.

om Hausbesetzer in den Ministersessel – der ehemalige Kulturminister Uffe Elbæk (Alternative) ist diesen Weg gegangen – damals als Politiker der Radikalen Venstre. Mit seiner inzwischen nicht mehr ganz neuen eigenen Partei hat er sich nun ein neues Ziel gesetzt: die politische Landschaft in Dänemark einmal ordentlich durchzuschütteln.

Schluss soll sein mit der Blockpolitik, meint Elbæk, der als Linksliberal-Grüner  die Welt schon immer ein wenig anders sah als der politische Mainstream – und der eine sozialdemokratisch geführte Regierung heute mindestens so kritisch sehen würde wie die derzeitige konservativ-rechtsliberale Konstellation.  Den Aufstand – und den Konflikt – hat Elbæk ausgiebig geprobt. In den 1970er-Jahren gehörte er im Kopenhagener Stadtteil Nørrebro der sogenannten Tømrergade-Fraktion an, die Wohnhäuser und Höfe rund um den Blågårds Plads bewahren wollte – und sich dabei mit der Blågårdsgade-Fraktion auseinanderzusetzen hatte, die dasselbe Ziel verfolgte – nur mit anderen Mitteln.

Manchmal braucht es zivilen Ungehorsam, um Veränderungen zu bewirken. Als Politiker ist das ein sehr interessantes Dilemma.

Uffe Elbæk

Genutzt hat das alles (fast) nichts – die Häuser sind weg und durch fantasielose Funktionsbauten ersetzt worden. Auch Elbæk ist heute ein anderer – bedient sich aber noch immer der Erfahrungen von damals. „Ich habe viel darüber gelernt, was man erreichen kann, wenn man ein starkes Kollektiv ist, das etwas erreichen will. Man wollte all die Armen aus Nørrebro vertreiben und die Reichen hereinlassen. Dagegen haben wir gekämpft“, erinnert er sich – und ergänzt: „Manchmal braucht es zivilen Ungehorsam, um Veränderungen zu bewirken. Als Politiker ist das ein sehr interessantes Dilemma.“

Als Teil der gesetzgebenden Macht auf Christiansborg will Elbæk selbst heute keinen zivilien Ungehorsam mehr zeigen – oder dazu aufrufen.

Doch seine derzeitige Politik ließe sich durchaus mit „parlamentarischem Ungehorsam“ beschreiben. Aus der einst handzahmen Partei der Träumer von einer besseren Welt hat Elbæk inzwischen eine waschechte Oppositionspartei gemacht – und sich selbst zum Spitzenkandidaten. Ein historisches Symbol nach einer Ära des Zweikampfes zwischen Blau und Rot.

Womöglich endet gerade der Protest der Alternative damit, dass die bürgerliche Regierung erneut gewinnt, trotz vieler Übereinstimmungen von Alternative und Sozialdemokratie auf anderen Gebieten als der Integrationspolitik.

Uffe Elbæk Foto: Nikolai Linares/Ritzau Scanpix

Elbæk aber will nicht mehr Spielball sein. „Wir sind dahin gekommen, dass wir mehr und mehr Lust bekommen, unsere eigenen Spielregeln zu definieren“, sagt er. Dies habe man auf Christiansborg schon lange nicht mehr erlebt. In Zeiten, wo die Sozialdemokraten auf Fraktionszwang auch in ethisch-moralischen Fragen wie dem Burkaverbot setzen, gelte es, etwas entgegenzusetzen, sagt Elbæk. „Fraktionen mag ich nicht. Aber mir ist es wichtig, ob wir uns an die Menschenrechte und die Flüchtlingskonventionen halten.“ Es gehe auf Christiansborg inzwischen um prinzipielle, grundsätzliche  Fragen, nicht um Nebensächlichkeiten.

Und wenn er und seine Partei mit ihrer Starrköpfigkeit die Politik womöglich zeitweise lahm legen?  

„Das wird Dänemark schon überleben. Belgien ging es nie so gut wie in der Zeit, als sie keine Regierung hatten. Wir haben schließlich tüchtige Beamte in den Ministerien“, sagt Elbæk – und wünscht der sozialdemokratischen  Spitzenkandidatin Mette Frederiksen „viel Glück“ für die Zukunft mit der Dänischen Volkspartei.

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