Öffentliche Finanzen

Kommunale Haushalte: Harte Verhandlungen stehen bevor

Kommunale Haushalte: Harte Verhandlungen stehen bevor

Kommunale Haushalte: Harte Verhandlungen stehen bevor

Ritzau/nb
Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Kommunernes Landsforening (KL) und die Regierung wollen sich im Laufe der Woche auf einen kommunalen Finanzhaushalt einigen. Das erste Treffen zwischen dem KL-Vorsitzenden Martin Damm (Venstre), dem stellvertretenden Vorsitzenden Jacob Bundsgaard (Soz.), Finanzminister Nicolai Wammen (Soz.) und Innenminister Christian Rabjerg Madsen (Soz.) fand am 10. Mai statt. Foto: Martin Sylvest/Ritzau Scanpix

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Wenn der kommunale Interessenverband, Kommunernes Landsforening (KL), am Dienstag zu Gesprächen über die kommunalen Haushalte ins Finanzministerium kommt, stehen schwierige Verhandlungen bevor. KL fordert von der Regierung, offen einzugestehen, dass bei den Sozialleistungen gespart werden muss.

In dieser Woche sollen die Verhandlungen zwischen Kommunernes Landsforening (KL) und dem Finanzministerium über den finanziellen Rahmen für die 98 Kommunen in die entscheidende Phase gehen.

Nach Einschätzung von Professor Kurt Houlberg vom Nationalen Forschungs- und Analysezentrum für Wohlfahrt, Vive, sind die Voraussetzungen in diesem Jahr so schwierig wie lange nicht.

Historische Situation

„Es gibt bereits einen grundsätzlichen Druck auf die öffentlichen Finanzen. Wir befinden uns in einer historischen Situation mit einer hohen Inflation, niedriger Arbeitslosigkeit und fehlenden Arbeitskräften. Das bedeutet, dass man sehr zurückhaltend sein muss, wenn es darum geht, weitere öffentliche Mittel in die Gesellschaft zu pumpen, da man auf diese Weise riskiert, sowohl die Inflation als auch die Knappheit bei Arbeitskräften weiter anzufeuern“, sagt er.

Wir befinden uns in einer historischen Situation mit einer hohen Inflation, niedriger Arbeitslosigkeit und fehlenden Arbeitskräften. Das bedeutet, dass man sehr zurückhaltend sein muss, wenn es darum geht, weitere öffentliche Mittel in die Gesellschaft zu pumpen.

Professor Kurt Houlberg, Vive

Aus diesem Grunde sieht das Finanzministerium einen klaren Bedarf für eine straffe Steuerung der öffentlichen Finanzen. Damit wird es auch schwierig, die finanzielle Verteilungsfrage für das kommende Jahr zu beantworten.

Das bedeutet der kommunale Finanzhaushalt für die Bürgerinnen und Bürger

Der Finanzhaushalt für die 98 Kommunen hat große Auswirkungen auf den Alltag der Bürgerinnen und Bürger, da die Kommunen für viele der öffentlichen Leistungen verantwortlich sind.

Dies gilt beispielsweise für die Gesamtschulen, Tagesstätten, Altenpflege, Zahnpflege, Beschäftigungseinsätze in den Jobzentren, Bibliotheken, den Integrationseinsatz und viele weitere Bereiche.

Die Kommunen stehen etwa für die Hälfte der öffentlichen Ausgaben.

Die kommunalen Haushaltsbudgets werden jedes Jahr in Verhandlungen zwischen der Regierung und dem kommunalen Interessenverband, Kommunernes Landsforening (KL), durchgeführt.

Dabei wird ein übergeordneter Rahmen für die kommunalen Budgets festgelegt, innerhalb dessen sich Ein- und Ausgaben die Waage halten sollen.

Quelle: Finanzministerium, KL

Begrenzter Verhandlungsrahmen

Bereits im Vorwege ist ein Teil des Haushaltes für Verteidigungsausgaben vorgesehen, nachdem eine politische Mehrheit im Lichte der Ukraine-Krise beschlossen hat, den Verteidigungsetat auf zwei Prozent des Bruttonationsproduktes bis zum Jahr 2033 anzuheben.

Dadurch ergibt sich ein begrenzter Verhandlungsrahmen bei den kommunalen Haushalten.

Offenheit vonseiten der Regierung gefordert

Der KL-Vorsitzende Martin Damm (Venstre) fordert die Regierung deshalb dazu auf, offen einzugestehen, was eine Vereinbarung ohne die Zuführung zusätzlicher finanzieller Mittel für die Bürgerinnen und Bürger bedeutet.

„Sofern die Vereinbarung daraus hinausläuft, dass nicht viel Geld zur Verfügung steht, da es bereits ausgegeben ist, wollen wir das Ergebnis nicht in Glanzpapier einpacken. Dann müssen wir der Bevölkerung sagen, dass sie 2023 etwas anderes erwarten kann als 2022“, sagt Martin Damm, der zugleich Bürgermeister in Kalundborg ist.

Regierung federt demographische Entwicklung ab

Die Regierung hat bereits im Vorfeld der Verhandlungen angedeutet, dass die Kommunen die steigenden Ausgaben, die durch die veränderte demographische Entwicklung entstehen, erstattet bekommen, da die Zahl der Kinder und der Älteren zunimmt.

Demnach plant die Regierung, den Zuschuss an die Kommunen um 1,25 Milliarden Kronen zu erhöhen.

Sofern die Vereinbarung daraus hinausläuft, dass nicht viel Geld zur Verfügung steht, müssen wir der Bevölkerung sagen, dass sie 2023 etwas anderes erwarten kann als 2022.

Martin Damm (Venstre), KL-Vorsitzender

Allerdings steigen die Kosten auch im Bereich Soziales. Das gilt insbesondere für Erwachsene mit physischen oder psychischen Erkrankungen sowie hilfsbedürftigen Kindern und Jugendlichen.

KL zufolge steigen die Ausgaben im Sozialbereich um etwa 900 Millionen Kronen pro Jahr, wenn die Entwicklung so weitergeht wie bisher.

Über mehrere Jahre hinweg haben die Kommunen Geld aus den übrigen Wohlfahrtsbereichen in den Bereich Soziales überführt. Gleichzeitig haben die kommunalen Verwaltungen unter anderem scharfe Kritik für die Behandlung von Behinderten und deren Angehörigen erhalten.

Sozialbereich besonders herausgefordert

Kurt Houlberg zufolge ist der Sozialbereich in besonderem Maße dadurch herausgefordert, dass es schwierig ist, die Ausgaben zu steuern, was vor allem mit der demographischen Entwicklung zusammenhängt. Hier sind die Bedürfnisse komplex, und einzelne Fälle können bereits einen entscheidenden Einfluss auf die öffentlichen Ausgaben haben.

„Alleine zwei oder vier Fälle mehr in einer Kommune mit bestimmten Bedürfnissen können schon einen großen Unterschied ausmachen“, sagt er.

Große Unwägbarkeiten im Finanzhaushalt

Finanzminister Nicolai Wammen (Soz.) möchte keine Stellungnahmen zu den laufenden Verhandlungen abgeben. Allerdings hat er mehrfach darauf hingewiesen, dass der Krieg in der Ukraine zusammen mit einer weiter steigenden Inflation zu großen Unwägbarkeiten im Finanzhaushalt führt, weshalb die Kommunen klare Prioritäten setzen müssen.

Beispielsweise indem bei externen Beraterinnen und Beratern gespart wird. Infolge der Vereinbarung für 2022 müssen die Kommunen im Vorwege bis zum Jahr 2025 bereits 1,25 Milliarden Kronen für externe Beratungsdienste einsparen.

„Die externen Beraterinnen und Berater sind bereits zweimal eingespart worden“, sagt Martin Damm.

Geld muss anderweitig eingespart werden

Er betont, dass steigende Ausgaben unter anderem für Kinder und Erwachsene mit einer Behinderung oder einer Diagnose bedeuten, dass beispielsweise Geld aus der Tagesbetreuung, Schule oder Altenpflege abgezogen werden muss.

„Die Preise für betreutes Wohnen nehmen beispielsweise zu, und wir haben keine andere Wahl, als diese Kosten zu übernehmen. Das Geld muss jedoch anderweitig eingespart werden“, sagt Martin Damm.

„Die Regierung muss ehrlich sein, was eine derartige straffe Vereinbarung für die Kommunen bedeutet: Dass Einsparungen unumgänglich sind.“

Soziales und Bauvorhaben sind die großen Streitpunkte

Bei den momentanen Verhandlungen gibt es vor allem zwei Streitpunkte: die Ausgaben im Sozialbereich und das kommunale Budget für Bauvorhaben.

Die Regierung hat bereits im Vorfeld mitgeteilt, dass sie die demographische Entwicklung auffangen will. Damit gleicht sie die steigenden Ausgaben der Kommunen aus, die durch mehr Kinder und Ältere entsteht.

Allerdings steigen gleichzeitig die kommunalen Ausgaben im sogenannten spezialisierten Sozialbereich. Dieser umfasst Hilfe für vernachlässigte Kinder und Erwachsene mit einer Behinderung oder Diagnose.

Ein anderer Streitpunkt betrifft das Volumen für künftige kommunale Bauprojekte. In diesem Jahr mussten die Kommunen ihre Bau- und Renovierungspläne bereits entweder reduzieren oder verschieben, da die Preise für Baumaterialien und Handwerkerinnen und Handwerker gestiegen sind.

Finanzminister Nicolai Wammen (Soz.) hat bereits im Vorfeld angekündigt, dass die Kommunen bei Bauprojekten zusätzliche Einsparungen vornehmen müssen.

Quelle: KL, Finanzministerium, Ritzau

Mehr lesen

Leserbrief

Antje Beckmann, Elke und Herbert Delfs
„Horups Hotelträume …“