8. März

Sexuelle Belästigung: Fernsehauftritt mit großer Wirkung

Sexismus: Fernsehauftritt mit großer Wirkung

Sexismus: Fernsehauftritt mit großer Wirkung

Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Sofie Linde bei der Zulu Comedy Gala Foto: Anthon Unger/Ritzau Scanpix

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Die Debatte über Sexismus und sexuelle Belästigung im Herbst hat die Weichen neu gestellt. So lautet die Einschätzung einer Expertin und der Gewerkschaft HK am Internationalen Frauentag.

Es war bekanntlich die Fernsehmoderatorin Sofie Linde, die als Moderatorin bei der Zulu Comedy Galla den Startschuss zu einer intensiven Debatte über Sexismus, sexuelle Belästigung und Machtmissbrauch gab. 

In den Wochen danach berichteten immer mehr Frauen, sie seien auch Übergriffen ausgesetzt gewesen. Und allein das hat einen großen Effekt gehabt, meint Anette Borchorst, Professorin am Institut für Politik und Gesellschaft der Universität Aalborg.

„Die Debatte des Herbstes hat immense Bedeutung gehabt. Denn immer mehr Frauen haben den Mut bekommen, von sexuellen Übergriffen zu erzählen. Daher ist das Thema nicht mehr in gleichem Maß mit Scham verbunden. Auch wird deutlich, wie verbreitet das Problem ist“, sagt sie dem „Nordschleswiger“.

Bei der Gewerkschaft für Handel und Kontor, HK, teilt man diese Einschätzung.

„Es hat in vielfacher Hinsicht einen Riesenunterschied ausgemacht. Dadurch, dass die Medien sich so intensiv mit dem Thema befasst haben, haben die Politiker, meiner Ansicht nach zum ersten Mal, das Problem wirklich ernst genommen“, sagt der zweite Vorsitzende von HK, Martin Rasmussen, dem „Nordschleswiger“.

Problem wurde heruntergespielt

HK vertritt laufend Mitglieder, die sexueller Belästigung am Arbeitsplatz ausgesetzt gewesen sind. Früher wurden die meisten Fälle mit einem Vergleich beglichen. Heute tritt HK dafür ein, dass man häufiger vor Gericht zieht.

Anette Borchorsts Forschung zeigt: An den Arbeitsplätzen wird das Problem sexuelle Belästigung deutlich ernsthafter besprochen. Foto: Jesper Thomasen/Nordjyske/Ritzau Scanpix

„Lange war die Einstellung in der Öffentlichkeit, dass das Problem nur geringfügig sei, weil so wenige Fälle öffentlich bekannt wurden. Dabei wurde übersehen, dass die große Mehrzahl der Fälle mit einem Vergleich abgeschlossen wurde. Diese Vergleiche enthielten häufig eine Verschwiegenheitsklausel“, meint Borchorst. 

Betriebe nehmen das Problem ernster

Auch wenn die öffentliche Debatte nun wieder deutlich weniger Raum einnimmt, so hat sie dazu geführt, dass man sich nun an den Arbeitsplätzen und in den Betrieben wesentlich ernsthafter mit dem Thema auseinandersetzt, weiß die Professorin. Sie arbeitet mit Kollegen an einer Untersuchung zu dem Thema.

Selbstverständlich hat es während der Debatte auch Rückschläge gegeben.

Anette Borchorst, Professorin, Universität Aalborg

„Wir haben genau während der zweiten MeToo-Welle in Dänemark in den Betrieben Daten erhoben, und die zeigen, dass hier sehr viel passiert. Es wird nicht nur Nulltoleranz gegenüber sexuellen Übergriffen diskutiert, sondern vor allem auch wie diese umgesetzt werden soll“, sagt sie.

Und gerade die Arbeit vor Ort ist ganz entscheidend, lautet die Einschätzung von Borchorst.

„Die Betriebe übernehmen in steigenden Maß Verantwortung dafür, dass sexueller Belästigung vorgebeugt wird. Dabei ist es wichtig, dass es eine individuelle Frage ist, was man als Belästigung empfindet.“

HK fordert höhere Entschädigungen

Auch HK-Vize Rasmussen meint, es sei ganz entscheidend, dass sämtliche Betriebe eine deutliche Politik haben, um dem Problem vorzubeugen. Doch auch der Gesetzgeber muss aktiv werden, meint er. HK und andere Gewerkschaften verhandeln derzeit mit Beschäftigungs- und Gleichstellungsminister Peter Hummelgaard (Soz.) und den Arbeitgebern darüber, wie man sexueller Belästigung entgegenwirken kann.

HK-Vize Martin Rasmussen meint, dass die Politiker erstmalig das Problem tatsächlich ernst nehmen. Foto: HK Danmark

„Die Entschädigungen in Fällen von sexueller Belästigung müssen deutlich erhöht werden, denn wir wissen, dass das dazu führt, dass die Betriebe das Problem deutlich ernster nehmen“, meint Rasmussen.

Der Gewerkschaftler meint, dass es bereits jetzt etwas leichter geworden ist, sich gegen Belästigungen zu wehren, weil offener über das Problem gesprochen wird. Borchorst sieht das ähnlich.

„Selbstverständlich hat es während der Debatte auch Rückschläge gegeben. Etliche der Frauen, die von Übergriffen berichtet haben, sind in den sozialen Medien auf übelste Weise beschimpft worden. Wobei man nicht vergessen darf, dass die MeToo-Bewegung auch in den sozialen Medien entstanden ist. Sie spielen hier also eine zwiespältige Rolle“, ergänzt sie.

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Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
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