Folketingswahl

Wahlkampf: Wird der alte Dauerbrenner wieder wahlentscheidend?

Wahlkampf: Wird der alte Dauerbrenner wieder wahlentscheidend?

Wahlkampf: Wird der alte Dauerbrenner wieder wahlentscheidend?

Jan Diedrichsen
Jan Diedrichsen
Kopenhagen
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Das dänische Parlament: Wer wird hier in der kommenden Wahlperiode regieren? Foto: Liselotte Sabroe/Scanpix Ritzau

Regierungschef Lars Løkke Rasmussen hat den Termin für die Folketingswahl 2019 festgelegt: Es ist der 5. Juni. Unser Korrespondent Jan Diedrichsen vom deutschen Sekretariat in Kopenhagen analysiert für uns aus diesem Anlass die Themen der Wahl 2019.

Es gibt eine Binsenweisheit aus den vergangenen vielen Wahlkämpfen: Die Entscheidung fällen die „Ausländer“. Natürlich sind nicht die Flüchtlinge und Migranten oder EU-Bürger gemeint, die in Dänemark leben, diese dürfen bekanntlich nicht mit abstimmen, wenn am 5. Juni das nationale Parlament, das Folketing, gewählt wird.

Doch der Umgang mit „ihnen“, die politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen für Migranten und Flüchtlinge sowie Themen der inneren Sicherheit und Terror-Angst haben die Wahlen der vergangenen vielen Jahre entschieden. Wem die Bevölkerung zutraute, das „Ausländerproblem“ am besten in den Griff zu bekommen, der erhielt die Mehrheit. Und die große Frage ist derzeit, wird das Thema wieder wahlentscheidend?

Ablehnung der Quotenflüchtlinge als strategischer Schachzug

Die Sozialdemokraten haben unter Mette Frederiksen diese Flanke geschlossen; man war sich sogar nicht zu schade, die vertraglich zugesicherten UNO-Quotenflüchtlinge abzulehnen, für die laut der Arbeiterpartei kein Platz in Dänemark sei. Dieser strategische Schwenk der Sozialdemokraten, mag einigen zynisch vorkommen aber damit hat die Partei nach Ansicht von Mette Frederiksen und ihren Strategen den entscheidenden Schritt in Richtung Staatsministerium getan. Mit einigem Stolz verweisen sie auf die derzeitigen Umfrageergebnisse.

Venstre und Dänische Volkspartei tun sich derzeit schwer, den Sozialdemokraten zu unterstellen, dass sie „weicher“ und unberechenbarer seien, in diesem hoch emotionalen Politikfeld. Der harsche Ton in der Debatte hat dazu geführt, dass mit den „Neuen Bürgerlichen“ eine Partei rechts der dänischen Volkspartei entstanden ist, die gute Chancen hat, ins Folketing zu gelangen. Und der notorische Paludan, der derzeit landauf und landab reist, dabei den Koran öffentlich verbrennt und völlig infantil sicher inständig hofft, mit seinen Provokationen weltweit berühmt zu werden, hat genug Unterschriften gesammelt, um mit seiner Partei „Strammer Kurs“ zur Wahl antreten zu dürfen.

Das rassistische Paludan-Horn

Man darf diesen Mann eigentlich mit keiner Zeile aufwerten. Politisch strategisch ist Paludan jedoch für Venstre ein veritables Problem. In der aufgeheizten Stimmung können weder Dänische Volkspartei, Venstre oder Sozialdemokraten in das rassistische Paludan-Horn blasen. Daher scheint es fraglich, ob das „Ausländerthema“ wieder wahlentscheidend werden wird.

Der wichtigere Schwerpunkt des Wahlkampfes dürfte ein sozialer werden. Die Gesundheitsreform, maßgeblich von der Ministerin Ellen Trane Nørby vorbereitet, war als Abschussrampe für einen „sozialen Wahlkampf“ gedacht, in dem die Regierung die Sozialdemokraten in ihrem ureigenen Terrain stellen wollte. Doch das Thema verzettelte sich, und es gelang nie, überzeugend darzulegen, dass die Regierung einen Plan für die Zukunft des Gesundheitssektors hat.

Hinzu kam, dass die Diskussion über die Auflösung der Gebietskörperschaften der Regionen (selbst noch von Lars Løkke als Innenminister eingeführt) nicht verfing, sondern eher zu Protesten führte. Ein weiteres soziales Thema, das derzeit die Gemüter beschäftigt, ist das Renteneintrittsalter. Die Sozialdemokraten hatten zwar völlig unkonkret, aber politisch geschickt, die Forderung lanciert, dass es einen „differenzierten Renteneintritt“ geben solle. Meinend, dass Menschen, die hart gearbeitet haben, früher in Rente gehen sollen können.

Was natürlich schön klingt, aber schon bei der Frage, was nun harte Arbeit ist, sehr anfällig für kontroverse Diskussionen erscheint. 

Sozialer Bereich wird wahlentscheidend

Fazit: Die Partei, der es gelingt, im sozialen Bereich (Gesundheit, Rentenreform und Sozialpolitik im Allgemeinen) den Wähler zu überzeugen, hat die besten Chancen. Weiter darf das „Ausländerthema“ nicht aus dem Fokus verloren werden; die Karte wird sicher noch einige Male im Wahlkampf gezogen werden, aber ich bezweifle, dass sie wahlentscheidend stechen wird, wie noch vor vier Jahren. Und ganz am Rande könnte die Klimapolitik noch eine Außenseiterchance als „wahlmitentscheidendes“ Thema erhalten.

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Gwyn Nissen
Gwyn Nissen Chefredakteur
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