Energie von Morgen

„Wir haben nicht mehr so viele Hoffnungen"

„Wir haben nicht mehr so viele Hoffnungen"

„Wir haben nicht mehr so viele Hoffnungen"

Dänemark/Sonderburg
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EIn Geothermiekraftwerk auf Island, dort wird Erdwärme schon recht lang genutz. Der Untergrund ist schon in geringen Tiefen heiß. Foto: picture-alliance/dpa

Öl, Kohle und Gas sorgen für Bewegung und für warme Zimmer. Wenn wir ohne sie auskommen wollen, müssen andere Energiequellen genutzt werden. Eine Hoffnung der Energieexperten ist die Erdwärme, die die heimische vier Wände heizen. Es gibt aber ein Problem.

Die A. P. Møller Holding will mehrere Milliarden Kronen in die Nutzung der Erdwärme, auch Geothermie genannt, investieren. Samir Abboud, verantwortlich für die Sparte Geothermie der A. P. Møller Holding, schätzt in Berlingske Business, dass eine Großanlage, die 100 bis 150 Megawatt produziert, ein bis zwei Milliarden Kronen kostet. Für einen generellen Ausbau die Geothermie ein Dänemark veranschlagt er einen zweistelligen Milliardenbetrag. Eine solche Megawatt-Leistung liegt dem Blatt zufolge etwas unterhalb der Leistung, die der Offshore-Windpark Horns Rev1 bei Esbjerg produziert. Die A. P. Møller Holding will mit Geothermieanlagen zuerst in den dänischen Ballungsräumen Aarhus, Aalborg, Kopenhagen und Nordseeland Haushalte mit Fernwärme versorgen.

Das Ziel lautet, 30 Prozent der Fernwärme aus Erdwärme zu gewinnen, die heute vorwiegend aus Biomasse, Kohle und Gas gewonnen wird. Aber die Pläne gehen noch weiter: Samir Abboud hofft, dass die Sache ein Exportschlager wie die Windenergie wird.

Minister: „Fantastische" Investition

Kim Mortensen, Direktor der Interessenorganisation Dansk Fjernvarme A. P. Møller Holdings, freut der Einsatz. Geothermie sei eine Lösung, wenn es gelte, Wärme zu erzeugen, die nicht aus der Verbrennung fossiler Energieträger stammt, so Mortensen in Berlingske Business. Begeistert zeigt sich auch der zuständige Minister, Lars Christian Lilleholt (Venstre). Es sei fantastisch, dass die A. P. Møller Holding Milliarden in die Geothermie investieren würde. Nach eigener Aussage ist der Minister im Gespräch mit der Holding und arbeitet daran, einen politischen Rahmen zu schaffen. Inwieweit der Staat die Entwicklung von Geothermieanlagen finanziell unterstützen will, dazu wollte der Minister sich laut Danmarks Radio nicht äußern. Es sei noch zu früh, so Lars Christian Lilleholt.

Ideengeber Jørgen Mads Clausen

Die Idee, Dänemark mit warmem Wasser aus dem Untergrund zu versorgen, stammt laut Berlingske Business von Jørgen Mads Clausen, Vorstandschef des internationalen Unternehmens Danfoss mit Hauptsitz
 in Norburg auf Alsen. Er wandte sich an Mærsk Oil, denn das Erdölunternehmen hat Erfahrung mit tiefen Bohrungen. Dort entschied man, dass die Idee eher etwas für die A. P. Møller Holding sei.

Zurzeit spielt Geothermie in Dänemark nur eine sehr kleine Rolle. Nur 0,1 Prozent der Fernwärme stammt aus dieser Quelle und nur drei Anlagen wurden in Dänemark gebaut, in Thisted, Sonderburg und auf Amager – kleinere Anlagen mit 30 Megawatt Leistung. Ein Projekt in Viborg scheiterte mit einem Minus von 165 Millionen Kronen, das vor allem die dortigen Fernwärmekunden schultern mussten. 

Bis jetzt gibt es drei Geothermieanlagen in Dänemark. Foto: DN

Watt

Leistung wird in Watt gemessen. Ein Watt entspricht der Energie, die benötigt wird, um ein Gramm Wasser in einer Minute um 14,3 Grad zu erwärmen.

  • Ein mittleres Atomkraftwerk in Deutschland hat eine Leistung von etwa 1400 Megawatt, 1 Megawatt sind eine Million Watt
  • Das Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg hat nach eigenen Angeaben eine Leistung von 1640 Megawatt

Hauptrisiko Wirtschaftlichkeit

Für Peter Rathje, Direktor des Project Zero in Sonderburg, sind die Nachrichten „fantastisch“. In der Anlage in Sonderburg wird Wasser aus 1.200 Metern Tiefe mit einer Temperatur von 50 Grad an die Oberfläche gefördert. Die Anlage funktioniert, sagt Rathje. Für ihn ist es die Wirtschaftlichkeit, die in der Geothermie das das größte Risiko darstellt. 100 Millionen Kronen koste eine Bohrung, egal ob erfolgreich oder nicht – was auch vorkommt. In Viborg sei die Bohrung nicht erfolgreich verlaufen, berichtet Rathje, das erhoffte heiße Wasser blieb aus. „Für kleine Unternehmen sind das große Summen. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, wenn jetzt Geld investiert wird, damit die Geothermie günstiger wird.“ Diesen Punkt unterstreicht auch Erik Wolff, Direktor von Sønderborg Fjernvarme. Für kleine Unternehmen sei das Risiko sehr groß, ein großes Unternehmen verkrafte eine Fehlbohrung weit besser.

 

Fernwärmedirektor Erik Wolff an einer der beiden Bohrungen Foto: Helge Möller

Geothermischer Gradient

Mit zunehmender Tiefes steigt die Temperatur im Untergrund an. Der Gradient ist aber nicht überall gleich. In Mitteleuropa sind es in etwa 3 Grad pro 100 Meter, es gibt aber Gegenden, in denen der Untergrund schneller heiß wird.

„Wärme ist ein Problem“

Professor Dahmke arbeitet an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in den angewandten Geowissenschaften und leitet die Arbeitsgruppe Aquatische Geochemie und Hydrogeologie. Seine Meinung zur Geothermie fasst ein Zitat von ihm gut zusammen: „Geothermie ist eine Hoffnung, und wir haben nicht mehr so viele Hoffnungen.“ Seiner Einschätzung nach ist es eine zukunftsweisende Technologie, wenn es um Wärmeversorgung geht, denn zur Stromgewinnung eignet sie sich im Norden nicht. Das Wasser wird aufgrund des niedrigen geothermischen Gradienten in wirtschaftlich erreichbaren Tiefen nicht heiß genug. Aber: „Wir brauchen regenerative Energien, um die Städte mit Wärme zu versorgen, Holzpellets sind nicht die Lösung, die benötigte Menge gibt die Umwelt nicht her. Bei einem Ausstieg aus fossilen Energieträgern im Jahr 2050 bin ich, was Strom und Mobilität anbelangt, relativ optimistisch, aber die Versorgung mit Wärme ist ein Problem.“

Auch Erdwärme hinterlässt Spuren

So wie Erik Wolff und Peter Rathje in Sonderburg sieht der Kieler Geowissenschaftler das Hauptproblem in der Wirtschaftlichkeit. Bohren ist teuer, je tiefer, je teuerer, und ein Erfolg ist nicht garantiert. Professor Dahmke: „Es müssen im Gestein Klüfte vorhanden sein, das Wasser muss zirkulieren können.“ Billiger ist es, das Erdreich als Wärme- oder Kältespeicher zu nutzen, und daran forscht er mit seiner Arbeitsgruppe. „Wir glauben, 200 Meter tief zu bohren ist besser als 2.000 Meter zu bohren, bei 200 Metern weiß man, wohin man bohrt. Dabei gelte es, die Wärmeversorgung, den Klima- und den Grundwasserschutz in Einklang zu bringen. Tiefenwasser ist nicht nur heiß, sondern oftmals auch reich an verschiedenen Elementen. „Jede Technologie hinterlässt einen Fußabdruck, auch die Windkraft, neue Technologien sollten nicht gleich verteufelt werden.“

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