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Die Ingenieure und ihr Lakritz

Die Ingenieure und ihr Lakritz

Die Ingenieure und ihr Lakritz

Bagsværd
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Die Ingenieurin Winnie Linnet ist seit einem Jahr Mitarbeiterin bei Bagsværd Lakrids. Foto: Karin Riggelsen

Von einem kleinen Geschäft aus wollen die Leute von Bagsværd Lakrids die Welt erobern. 

Das Geschäft liegt an der Hauptstraße in der Kopenhagener Vorstadt Bagsværd. Auf engstem Raum befinden sich hier Produktionsstätte, Lager und Verkauf. An einem Mittwochnachmittag geht es hier hektisch zu.

„So ist es um diese Zeit eigentlich immer. Das heißt, vor Weihnachten war es noch hektischer“, meint Alberte Østergaard, Mitarbeiterin bei Bagsværd Lakrids. 

Nanna Kappel kippt die Lakritzmasse auf Bleche. Foto: Walter Turnowsky

Nanna Kappel kippt gerade eine Portion der Lakritzmasse auf Bleche. Sie arbeitet erst seit Freitag hier, hantiert jedoch schon recht geschickt mit der brennend heißen Masse.

„Das ist der mit Ingwer. Den musst du unbedingt kosten“, sagt Direktor Morten Kornbech Larsen und reicht dem Mitarbeiter des „Nordschleswigers“ einen Teelöffel mit der flüssigen Masse.

Winne Linnet streicht die Masse glatt. Wenn diese erkaltet ist, wird sie in Tafeln geschnitten. Foto: Karin Riggelsen

Der Umgangston zwischen ihm und den Mitarbeiterinnen ist locker und laut. An diesem Tag sind auch noch Fahnen und Kuchen auf dem ohnehin begrenzten Platz aufgefahren worden. Denn Winnie Linnet hat 40. Geburtstag, was für diese Erzählung noch Bedeutung bekommen soll.

Start am Küchentisch

Angefangen hat alles vor fünf Jahren. Morten Kornbechs Studienfreund Søren Beier hatte die Idee, Lakritz zu produzieren. 

„Ich hielt das für eine richtig schlechte Idee. Doch Søren hörte nicht auf, darüber zu reden. Und so war es am Ende einfacher, bei dem Projekt mitzumachen, als es dauernd zurückzuweisen“, meint Kornbeck lachend.

Kostprobe gefällig? Foto: Karin Riggelsen

Die beiden Chemieingenieure experimentierten an Beiers Küchentisch. Doch der Prozess der Karamellisierung hatte so seine Tücken.

„Es waren sehr spannende chemische Reaktionen mit Zucker und Protein, aber es klappte nicht. Das war gerade so nervend, dass wir weitermachen mussten, bis es funktionierte. Aber perfekt ist es bis heute noch nicht.“ Der Ingenieur in Kornbech verleugnet sich nicht. 

Schnelles Wachstum

Die beiden begannen, das Lakritz per Versand zu verkaufen, unter anderem um zu testen, ob Kunden wiederkehren. Dann kam eine Handvoll unterschiedlicher Geschäfte hinzu. Heute verkaufen 300 Geschäfte Bagsværd Lakrids, darunter auch Geschäfte in Hadersleben (Haderslev), Apenrade (Aabenraa), Sonderburg (Sønderborg) und Tondern (Tønder).

An Beiers Küchentisch konnten die beiden sechs Tafeln Lakritz pro Tag produzieren. Heute schaffen die mittlerweile sechs fest angestellten Mitarbeiter bis zu 2.000 Tafeln täglich im Weihnachtsgeschäft.

Vor Weihnachten herrschte Hochbetrieb. Trotzdem hat Winnie Linnet Zeit für ein Lächeln. Foto: Karin Riggelsen

Rikke Hylddahl ist von Anfang an mit dabei. Sie demonstriert, wie sie noch mit einem langen Holzstab in der Masse gerührt hat. Jetzt hat das ein computergesteuerter Topf übernommen, der die richtige Temperatur genauestens einhalten kann.

„Die Temperatur der Masse muss ebenmäßig sein. Sie darf maximal um 0,2 Grad variieren“, so Kornbech.

Ein Geschenkkorb und ein neuer Job 

Winnie Linnet ist erst seit einem Jahr dabei. Auch sie ist Ingenieurin und hat etliche Jahre bei Novo gearbeitet.

Zu den Besonderheiten gehört, dass die Lakritze hier als Tafeln verkauft werden Foto: Karin Riggelsen

„Ich dachte, jetzt bin ich bald 40. Wenn ich noch einen Karrierewechsel machen möchte, dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt“, erzählt das Geburtstagskind. 

Linnet hat dann auch nicht lange gefackelt, sondern ihre Stelle gekündigt, ohne einen neuen Job in Aussicht zu haben.  Dass dann ausgerechnet das Abschiedsgeschenk von Novo sie auf die richtige Spur locken sollte, hatte sie nicht erwartet. Im Geschenkkorb war nämlich eine Tafel von Bagsværd Lakrids.

Morten Kornbech Larsen, Alberte Østergaard und Winnie Linnet - fast wie Vater, Mutter und Tochter. Der Umgangston bei Bagsværd Lakrids ist familiär. Foto: Walter Turnowsky

„Die schmeckte einfach fantastisch“, erinnert sie sich. Als sie dann zufällig gemeinsam mit ihren Kindern am Geschäft in Bagsværd vorbeikam, ging sie natürlich hinein. Kornbech zeigte ihr den Betrieb. Sie sagte, er könne sie gerne verständigen, solle er eine weitere Arbeitskraft benötigen.

„Morten schaute meinen Sohn an und meinte, dass er vielleicht noch ein wenig jung sei.“ Sie klärte ihn dann auf und eine Woche später hatten die beiden sich geeinigt. Die Expertin in Prozessteuerung wurde Teil des gut eingespielten Teams.

First we take Manhattan …

Die Räumlichkeiten auf der Bagsværd Hovedgade sind mittlerweile zu eng geworden. Denn Kornbech, Beier und Company wollen das Geschäft noch weite ausbauen. 600 bis 1.000 Geschäfte in Dänemark sind das Ziel, und Kornbech schielt bereits auf den norddeutschen Markt, wo erste Geschäfte bereits die Lakritze im Sortiment haben. 

Lakritzmasse mit Ingwer. Søren Beier und Winnie Linnet sollen zukünftig weitere Rezepte austüfteln. Foto: Walter Turnowsky

Noch ist es wohl verfrüht zu sagen, ob Bagsærd Lakrids dem dänischen Lakritzkönig Johan Bülow den Thron streitig machen kann. Aber an Ambitionen mangelt es nicht.

„Wir wollen erreichen, dass von 100 Menschen in einer Fußgängerzone 70 unseren Namen kennen“, so Kornbech.

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