Erneuerbare Energien
Kritik im Faktencheck: Wie umweltfreundlich ist Biogas?
Kritik im Faktencheck: Wie umweltfreundlich ist Biogas?
Kritik im Faktencheck: Wie umweltfreundlich ist Biogas?
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Biogas gilt als Game-Changer, um den Gasbedarf aus eigener Produktion zu decken und damit unabhängig von Importen aus dem Ausland zu werden. Aber es gibt auch Kritik an Biogasanlagen. Was ist da dran? Ist die Alternative klimafreundlich, oder trügt der Schein, den das „Bio“ im Gas mit sich bringt? Ein Überblick.
Bio-Abfälle, Mist, Gülle, Schnittgut – alles Biomasse, die immer neu produziert wird und damit nicht aufgebraucht werden kann. Damit zählt Biogas zu den erneuerbaren Energien.
Aber Biogas ist nicht nur erneuerbar, sondern kann auch produziert werden, wenn die Sonne nicht scheint, der Wind nicht weht – und es kann gespeichert und transportiert werden. Außerdem zählt es zum großen Game-Changer, um unabhängig von teuren Gasimporten aus dem Ausland zu werden.
Erneuerbare Energie, die Dänemark unabhängig von anderen Ländern macht. Das klingt genau nach dem, was allgemein unter „Energiewende“ verstanden wird.
Aber macht das Biogas zu einer klimaschonenden Alternative zu importiertem Erdgas? Am Ende wird doch immer noch Gas verbrannt. Welche Kritik an Biogas gibt es, und was steckt dahinter?
Dänemark plant, seinen Gasverbrauch bis 2035 zu 100 Prozent aus eigenen Quellen zu beziehen. Klingt ambitioniert, soll aber möglich sein. Das Mittel der Wahl sind Biogasanlagen und eine Reduzierung des Gasverbrauchs insgesamt. Aktuell liefern die hiesigen Anlagen Biogas, das etwa 40 Prozent des Verbrauchs deckt (Prognose für 2022 von Biogas Danmark).
Mehr zum dänischen Plan, den Gasbedarf durch eigene Biogasproduktion zu decken, findest du hier:
Zurück zur Kritik am Biogas.
Wer Gas verbrennt, setzt klimaschädliches CO₂ frei.
Jein. Es stimmt, dass die Verbrennung von Gas Kohlenstoffdioxid (CO₂) ausstößt – auch die von Biogas. Trotzdem wird es als klimaneutral bezeichnet. Warum?
Diese Biomasse, aus der das Biogas gewonnen wird, kann nur so viele Emissionen ausstoßen, wie sie vorher – zu Lebzeiten, wenn man so will – aufgenommen hat.
Beispiel Pflanzen: Eine Pflanze nimmt im Laufe ihres Lebens CO₂ aus der Atmosphäre auf.
Wenn ein Baum verbrennt, kann dabei nur so viel des schädlichen Gases ausgestoßen werden, wie der Baum vorher gespeichert hat. Zwar wäre die Feinstaubbelastung dabei hoch, und aufgrund der vielen Treibhausgase, die der Mensch emittiert, ist es wichtig, dass Bäume das CO₂ aus der Atmosphäre ziehen. Aber es wäre CO₂-neutral, den Baum zu verbrennen, weil der Atmosphäre „nur“ das CO₂ wieder zugeführt wird, was ihr vorher entnommen wurde.
Anders beim Erdgas. Die Treibhausgase, die vorher tief in der Erde vergraben waren, werden hochgeholt und bei der Verbrennung in die Atmosphäre entlassen.
Unkontrollierte Methan-Emissionen: Die Anlagen sind undicht.
Stimmt. Laut Biogas Danmark entweichen etwa 2 Prozent des in den Anlagen entstehenden Methans in die Atmosphäre. Methan gilt, wie auch CO₂, als Treibhausgas, nur dass es etwa 25-mal so klimaschädlich ist.
Wenn die Bauern ihre Gülle einfach so auf dem Feld ausleiten würden, würden noch sehr viel mehr Methanstoffe freigegeben.
Gudmund Vejbæk Jepsen, Nature Energy
Bei einem Besuch des „Nordschleswigers“ in der neuen Biogasanlage von Nature Energy in Quars (Kværs) haben wir den dortigen Betriebsleiter Gudmund Vejbæk Jepsen mit dieser Kritik konfrontiert. Aus seiner Sicht sei das längst kein triftiges Argument gegen Biogasanlagen mehr: „Wenn die Bauern ihre Gülle einfach so auf dem Feld ausleiten würden, würden noch sehr viel mehr Methanstoffe freigegeben. Und es erklärt sich von selbst, dass wir jeden noch so kleinen Anteil an Gas ins System speisen und behalten wollen. Daher werden die Anlagen besser und besser.“
Die Anlage in Quars gehört zu den modernsten des Landes, denn sie ist erst im November ans Netz gegangen. Für diese Anlage liegt der Wert der Methanemissionen laut Vejbæk bei etwa 1 Prozent.
Biogasanlagen fördern Monokulturen.
Sie ist die prominenteste Kritik an Biogas: Die Landwirtschaft entscheidet sich für den Anbau von Pflanzen – meist in Form der massigen Maispflanzen, um die Biogasanlagen zu füttern. Dadurch entstehen Monokulturen, deren Bewirtung bis zur Ernte negativ in die Klimabilanz eingerechnet werden muss. Und: Nahrungsmittel werden für die Gasproduktion statt für die Ernährung eingesetzt.
In Dänemark ist dies jedoch kein großes Thema, da eigens für die Gasproduktion angebaute Pflanzen nur einen sehr geringen Anteil der Biomasse für die dänischen Anlagen ausmacht.
Die Anlagen fördern die konventionelle Landwirtschaft.
Ein Effekt, der in Teilen richtig ist, aber nicht unbedingt unumgänglich. Landwirtinnen und Landwirte können ihre Gülle in eine Biogasanlage liefern und auch die gleiche Menge wieder zurückbekommen – nur eben ohne die Treibhausgase Methan und Kohlenstoffdioxid.
Für Betriebe, die ökologische Landwirtschaft betreiben, ist das aber nur eingeschränkt von Vorteil. Denn die EU-Öko-Verordnung legt fest, welche Nährstoffe Bio-Betriebe verwenden dürfen.
Bruno Sander Nielsen ist fachlicher Leiter bei Biogas Danmark und erklärt auf Nachfrage: „Wenn die Anlage Biomasse erhält, die nicht als Düngemittel in ökologisch zertifizierten Betrieben verwendet werden kann, können diese die vergorene Biomasse nicht erhalten.“ Sprich: Für Öko-Betriebe kommt es darauf an, was sonst noch so in die Anlage hineinkommt, aus der sie ihre Gülle zurückerhalten.
Das gelte laut Sander Nielsen aber nicht generell, sondern eingeschränkt. Theoretisch könnte man Biogasanlagen auch bio-zertifizieren lassen. „Aber das ist nicht zwingend notwendig.“ Denn die Gülle aus einer Biogasanlage sei für Biobauern nicht pauschal ausgeschlossen. „Öko-Betriebe unterliegen Beschränkungen, die festlegen, wie viel Stickstoff aus nicht ökologischem Dünger verwendet werden darf.“ Dieser Grenzwert könne jedoch erhöht werden, wenn der Dünger aus einer Biogasanlage bezogen wird.
Insofern kann man schon sagen: Von dem Biomasse-Kreislauf, den Biogasanlagen ermöglichen, kann die konventionelle Landwirtschaft uneingeschränkt profitieren. Die ökologische Landwirtschaft hingegen nur eingeschränkt.
Müsste es also Öko-Biogasanlagen geben?
Tatsächlich wäre das für die Umstellung auf eine ökologische Landwirtschaft ein Meilenstein, da viele klimafreundliche Komponenten verknüpft würden: Aus Biomasse, die ohnehin entsteht, könnte Dänemark damit langfristig seinen Gasverbrauch decken, statt noch mehr Treibhausgase aus dem Erdreich in die Atmosphäre zu emittieren.
Gäbe es Öko-Biogasanlagen oder zumindest mehr Biogasanlagen, die für die Bio-Landwirtschaft infrage kommen, könnte sogar die Bio-Landwirtschaft noch grüner werden, weil die Betriebe die von Methan und CO₂ befreite Gülle auf ihren Flächen ausbringen können.
Sander Nielsen sagt dazu: „In Dänemark gibt es das Ziel, die ökologische Anbaufläche zu verdoppeln.“ Biogasanlagen seien dafür ein wichtiger Baustein, um die Nährstoffversorgung dieser Flächen sicherzustellen. Deshalb sei es sinnvoll, mehr Biogasanlagen zu haben, die auch Bio-Betriebe versorgen dürfen. Denn es gibt noch Lücken, so der betriebliche Leiter. Die folgende Karte zeigt diese Lücken.
Um die Anlagen, die für die Bio-Landwirtschaft infrage kommen, sind Kreise mit einem Radius von 25 Kilometern gezeichnet. Das sei laut Sander Nielsen ein realistischer Radius, in dem der Austausch von Gülle stattfindet.
Bruno Sander Nielsen: „Wenn der ökologische Umbau gelingen soll, sind mehr Biogasanlagen erforderlich, um die Flächen mit Dünger zu versorgen.“