Zwangspause seit Oktober

„Tanzen ist Nahrung für die Seele“

„Tanzen ist Nahrung für die Seele“

„Tanzen ist Nahrung für die Seele“

Anja Werner/shz.de
Niebüll
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Allein in ihrem großen Tanzsaal, das wird für Sonja Stümer auch noch einige Monate so bleiben. Foto: Anja Werner

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Niebüller Tanzstudio gewinnt nun Titel bei Online-Meisterschaften. Sonja Stümer plant die Feier zum 30-jährigen Bestehen.

Es geht um mehr als Bewegung, um körperliche und auch geistige Fitness. „Tanzen ist Nahrung für die Seele, es ist pure, in Gesellschaft genossene Lebensqualität“, sagt Sonja Stümer.

Die zierliche Frau muss es wissen, denn seit fast 30 Jahren bringt sie in ihrer Tanzschule Menschen aller Altersgruppen in Bewegung – von der frühkindlichen Entwicklung über Hiphop für Jugendliche, Paar- und Showtanz, Standard und Latein, Zumba, Bewegungstherapie für an Demenz oder Parkinson Erkrankte bis hin zu den Senioren-Tanzgruppen, in denen einige Teilnehmer älter als 80 Jahre sind.

Persönlich und mit ihren Formationen und Tanzpaaren hat Sonja Stümer zudem zahlreiche nationale und internationale Titel nach Niebüll geholt. Doch all das wurde Ende Oktober vorigen Jahres komplett ausgebremst - bis heute.

Diese Pandemie hat gezeigt, dass wir eine große Tanzfamilie sind, die zusammenhält und sich gegenseitig durch diese schwere Zeit trägt.

Sonja Stümer

„Schon beim ersten Lockdown vor gut einem Jahr ging von heute auf morgen nichts mehr, zum Glück hatten wir da die Tanzsaison gerade abgeschlossen“, sagt Sonja Stümer und blickt in ihren großen, leeren, fast verwaist wirkenden Tanzsaal. Trübsal hat bei Lebens bejahenden Profitänzerin dennoch keine Chance.

Denn: „Diese Pandemie hat gezeigt, dass wir eine große Tanzfamilie sind, die zusammenhält und sich gegenseitig durch diese schwere Zeit trägt und motiviert“, betont die Tanzlehrerin, Fitness- und Aerobic-Trainerin, Tanzsporttrainerin Standard und Latein, Kindertanz- und Zumba-Trainerin sowie Choreographin.

Große Solidarität

„Es ist unglaublich, wie und solidarisch diese große Tanzgemeinschaft ist. Ob bei Begegnungen auf der Straße oder durch die sozialen Medien machen alle deutlich, dass sie wieder dabei sind, sobald es losgehen kann - sogar die, die schon länger pausiert haben“, freut sich Sonja Stümer.

Trotz aller positiver Signale weiß die Niebüllerin, wie sehr viele das Tanzen, die Gemeinschaft, die Nähe, die Turniere oder den Schnack an der Bar nach den Stunden vermissen. „Besonders hart ist es für die jungen Menschen, aber alle leiden darunter, dass nun schon so lange die Freiheit, sein Leben zu gestalten und es zu genießen, durch Corona so sehr eingeschränkt wird“, sagt Sonja Stümer.

Und diese Eingeschränktheit hat Folgen: „Nach dem ersten Lockdown hat es doppelt so viel Zeit und Energie gekostet, die Menschen wieder richtig abzuholen, sie für das Tanzen zu begeistern.“

Doch dann habe die gerade während der Pandemie so gut tuende Wirkung des Tanzens eingesetzt – für eine Stunde ganz bei sich, der Choreo und der Musik sein, einmal alle Alltagssorgen vergessen und dadurch neue Energie tanken. Diese fast zauberhafte Wirkung ist vielleicht die größte Faszination des Tanzens.

Corona-Auflagen

Über die Sommermonate bis zum Herbst war Tanzsport nur unter Corona-Auflagen, nach dem selbst entwickelten Hygienekonzept möglich, also schon mit einigen Einschränkungen. „Alle Kunden haben das super mitgemacht“, sagt Sonja Stümer.

Doch derzeit, selbst wenn Tanzschulen wieder öffnen könnten, wären die Auflagen noch deutlich einschneidender. Nach reiflicher Überlegung und trotz der sich weiter verschärfenden finanziellen Situation hat die Tanzstudio-Inhaberin daher beschlossen: „Dass es erst nach den Sommerferien wieder los geht.

Tanzvideos am Meer

Dann sind hoffentlich ein großer Teil der Menschen geimpft, dann können ich und mein Team in unseren Kursen und Trainings wieder die hohe Lebensqualität und die Unbeschwertheit bieten, die unsere Kunden verdient haben und die auch unseren eigenen Ansprüchen gerecht werden.“

Doch Sonja Stümer wäre nicht Sonja Stümer, wenn sie nicht einen Weg gefunden hätte, dass zumindest ein wenig Tanzen, Training und Wettbewerb geht. So haben vor kurzem aus ihrer Schülerschaft vier Hip-Hop-Duos an der ersten Online-Meisterschaft für diese neue Disziplin teilgenommen.

Jubiläumsfeier mit Jan-Marten Block

Trainiert wurde fast komplett zuhause, aufgezeichnet wurde danach ein 90 Sekunden langes Video. Die Videos von insgesamt 300 Duos in verschiedenen Alters- und Leistungsgruppen konnten dann am 10. April live im Internet mit verfolgt werden.

„Das war vielleicht aufregend“, sagt Sonja Stümer - und ging erneut, wie bei fast alle Meisterschaften, bei denen Stümer-Tänzer am Start sind, ziemlich erfolgreich aus. Nämlich mit einem Sieg, zwei zweiten Plätzen und einem dritten Platz, also mit allen Teilnehmern auf dem virtuellen Treppchen.

Ähnliches ist im Frühsommer für Latino-Paare geplant, die Bewerbungs-Videos dafür sollen draußen entstehen. „Wir werden dafür ans Meer gehen und freuen uns schon sehr darauf“, sagt Sonja Stümer - und aus ihrem Blick und jeder Geste sprüht dabei die pure Tanzleidenschaft heraus.

„Man muss sich auch in diesen Zeiten Ziele setzen, realistisch Dinge planen, auf die man sich freuen kann“, sagt die Trainerin. Wie auch den 30. Geburtstag ihres Tanzstudios im kommenden Jahr. Dafür hat sie für November 2022 bereits an einem Tag die Niebüller Stadthalle fest gebucht - für die Jubiläums- Tanz- und Shownacht, mit einigen prominenten Profitänzern und einem seit kurzem sehr gefragten Sänger.

Denn der DSDS-Sieger Jan-Marten Block aus Süderlügum ist auch ein Stümer-Tanzkind, hat dort einige Kurse absolviert und schon damals dabei gesungen und Gitarre gespielt.

Wir möchten keinen Menschen aus einer Risikogruppe durch etwas so Wunderbares wie Tanzen gefährden.

Sonja Stümer

„Wir müssen jetzt zusammen noch ein paar Monate durch halten, so wie eine verlängerte Ferienzeit. Schon deshalb, um keinen Menschen aus einer Risikogruppe durch etwas so Wunderbares wie Tanzen zu gefährden“, betont Sonja Stümer, die selbst auch schon die erste Impfung hinter sich hat.

Auch sie selbst leidet unter dem Tanzstunden-Entzug. „Ich bekomme von meinen Kunden und Schülern so viel zurück. Diese Tanzschule ist mein Leben, in der ich bald wieder jeden Tag bis weit in den Abend verbringen sowie Tanzleidenschaft vermitteln und mit anderen teilen möchte.“

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