Sturmflut

Gastronomie am Hafen: Was hat wieder geöffnet und was nicht?

Gastronomie am Hafen: Was hat wieder geöffnet und was nicht?

Gastronomie am Hafen: Was hat wieder geöffnet und was nicht?

Mira Nagar
Flensburg/Flensborg
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Osman Polat im gerade erst eröffneten Club „Jay-ZZ“ an der Schiffbrücke.  Foto: Mira Nagar

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Einige Kneipen und Lokale hat das Hochwasser so stark beschädigt, dass noch nicht an eine Wiedereröffnung zu denken ist. Woanders läuft der Betrieb wieder. So geht es für die Hafen-Gastronomie in Flensburg weiter.

Der neue Club an der Schiffbrücke hatte gerade erst neu eröffnet. Frisch renoviert mit gepolsterten Lounge-Möbeln und nachtdunklen Wänden. Doch nach dem Hochwasser von Freitagnacht ist im „Jay-ZZ“ Baustelle statt Party. Osman Polat steht mit einem Kaffeebecher am Tresen, ein Baustrahler steht darauf, eine Klappleiter dahinter. Wie lange es dauert, bis der untere Club-Raum wieder eröffnet, weiß Polat nicht. „Wir testen nach und nach die Elektrik“, sagt er. Einige Sicherungen sind noch raus. Ein kleiner Trost: Der obere Lounge-Raum des „Jay-ZZ“ hat bereits wieder geöffnet, das Hochwasser hat ihn nicht erreicht. Feiern ist an der Küste also wieder möglich.

Totalschaden im Dönerimbiss

Der Küstendöner und der Hafenpub nebenan bleiben aber weiter geschlossen. Polat rechnet beim Dönerimbiss mit einem Totalschaden. „Alle Geräte sind kaputt“, sagt er. „Dabei wurde vor vier Monaten gerade renoviert.“ Zuerst habe auch alles danach ausgesehen, als könne der Imbiss gerettet werden. „Wir haben alles rausgepumpt“, sagt er. Aber wegen Kurzschlüssen an überfluteten Verteilerkästen wurde im Hafenbereich der Strom abgestellt. Und damit auch die Pumpen. „Dann war alles verloren.“

Ärger über ausbleibende Hilfe

Osman Polat ärgert sich besonders darüber, dass es kaum Hilfe für die Geschäftsinhaber an der Küste gab und gibt. Auf Nachfrage habe er zwölf Sandsäcke für die drei Läden abholen dürfen. Ähnlich äußerte sich bereits Szene-Größe Mads Kristensen bei Instagram. Während sein Rock-Café mit „einem kleinen blauen Auge davongekommen“ sei, werde die Study-Lounge noch zwei Wochen geschlossen bleiben. „Stadt Flensburg, ihr solltet euch schämen”, so Kristensen. „Warum habt ihr nicht Sandsäcke entlang der Hafenkante aufgebaut?“

Etwas weiter nördlich an der Schiffbrücke kämpft man in der ebenfalls neu eingerichteten Disco „Lighthouse“ um das wirtschaftliche Überleben. „Ob und wann Versicherungen zahlen, ist ja immer so ein Pokern“, sagt Inhaber Christopher Hofmann in einem Video auf Instagram. Die Betreiber haben daher eine Crowdfunding-Kampagne gestartet. „Wir haben leider überhaupt keine finanzielle Rücklagen, sind aber weiterhin voller Motivation, weiter machen zu wollen, denn wir glauben an unser Konzept, und an unser tolles Team!“, heißt es.

Die Kultkneipe Bärenhöhle teilt auf Instagram mit, dass der Laden leer sei und die Möbel eingelagert. Besonders ärgerlich: Es habe zu allem Überfluss auch noch einen Einbruchsversuch gegeben. „Bei uns wäre aktuell eh nichts zu finden außer nasse Sachen und kaputte Technik“, heißt es auf Instagram. Und – trotz aller Probleme: „Aufgeben ist für uns keine Option!“ Auch beim Tableau auf der anderen Seite der Förde ist der Schaden noch lange nicht behoben.

Die Barriere hat gehalten – doch das Wasser kam trotzdem

Das Bistro „Willy“ am Willy-Brandt-Platz hat am Mittwoch gerade wieder eröffnet, als die ersten Stammgäste schon wiederkommen. Bis auf einen Geschirrspüler sei nichts zerstört worden, berichtet Inhaber Yannick Seegert. Er rechnet trotzdem mit 20.000 Euro Schaden inklusive Verdienstausfall.

Das Team hatte das Bistro am Donnerstagnachmittag geschlossen und auf das Hochwasser vorbereitet: die Geräte auf Paletten gestellt und die Eingangstür geschützt. Eine Nachbarin hatte noch alte DPD-Säcke gehabt, diese wurden dann mit Strandsand gefüllt. Die Kombination aus Platte, Bauschaum und Sandsäcken vor der Tür habe auch gehalten, berichtet Seegert. Dafür sei das Wasser aber durch einen Bodenabfluss hineingekommen. „Innerhalb von zwei Minuten war das Wasser da“, sagt er. Zehn Zentimeter stand das Wasser im „Willy“, nach einer Grundreinigung konnte es weitergehen.

Für die Gastronomie ist eine schnelle Wiedereröffnung wichtig. Denn neben dem Sachschaden schlagen die Umsatzeinbußen besonders hoch zu Buche. Ruyman Cano Dominguez spricht von 50.000 Euro Umsatzeinbußen allein beim Fisch-Restaurant Piet Henningsen. Er möchte, wenn möglich, am Freitag wieder Gäste empfangen. Der Kiosk „To Go Point“ soll auch in dieser Woche wiedereröffnen.

Bei Papas Imbiss an der Schiffbrücke ist schon wieder Betrieb, ebenso bei Hansens Brauerei und Tonkin sowie bei Gosch an der Hafenspitze. Der „Kanalschuppen“ ist von einer Überflutung verschont geblieben – um wenige Zentimeter. Yannick Seegert vom „Willy“ hofft, dass die Flensburger ihre Gastronomie wieder unterstützen. Denn viele treue Gäste wollten während des Hochwassers mit anpacken. „Irgendwann haben wir gesagt, dass wir keine Hilfe mehr brauchen“, sagt er. „Außer dass ihr nächste Woche wiederkommt.“

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