CORONA-KRISE

Lehrer hilft aus – und muss nun Elterngeld zurückzahlen

Lehrer hilft aus – und muss nun Elterngeld zurückzahlen

Lehrer hilft aus – und muss nun Elterngeld zurückzahlen

Margret Kiosz/shz.de
Bad Segeberg
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Foto: shz.de

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Weil Marko M. seine Elternzeit verschoben hat, um in Pandemiezeiten für ältere Kollegen einzuspringen, muss er 880 Euro zurückzahlen.

Er war hilfsbereit und wird jetzt dafür bestraft. Rund 880 Euro hat Marko M., ein Lehrer aus dem Kreis Segeberg, jetzt weniger auf seinem Konto, weil er der Bitte seiner Dienstvorgesetzten entgegenkam und seinen Elternurlaub verschoben hat. 

 

Marco M., der in Wirklichkeit anders heißt, aber seinen Namen nicht veröffentlichen möchte, schildert den Fall so: „Ich hatte Elternzeit für den 1. und 3. Lebensmonat meiner Tochter Finja beantragt und bewilligt bekommen. Die Kleine war am 26. Februar 2020 geboren worden. Auf dringende Bitte meiner Schulleitung und in Absprache mit dem Schulamt in Bad Segeberg habe ich die für den dritten Lebensmonat vorgesehene Elternzeit verschoben, auf den 18. Mai bis zum 17. Juni vergangenen Jahres. 

 

Niemand hat mich auf Nachteile aufmerksam gemacht

Der Grund: „Schon zu Beginn der Pandemie war die Lage der Risikogruppen bezüglich Covid-19 unklar. Deshalb wurden zunächst die meisten meiner Kollegen, die dieser Gruppe zuzuordnen waren, als krank eingestuft oder sie blieben im Homeoffice. Bei der anstehenden Abschlussarbeit bestand hierdurch ein problematischer Mangel an Mathematik-Lehrkräften“, berichtet Marco M. 

Als seine Vorgesetzten ihn baten, einzuspringen und seine Elternzeit zu verschieben, habe er in gutem Glauben zugesagt. „Ich habe ehrlich gesagt nicht daran gedacht, dass mir hieraus ein Nachteil erwachsen könnte, da ich ja die Zeit nur verschoben habe. Es hat mich keiner meiner Dienstvorgesetzten auf Nachteile aufmerksam gemacht.“ 

Marco M. legt Widerspruch ein

Das Elterngeld wurde überwiesen, aber später wurde ihm ein Rückzahlungsbescheid über 880 Euro zugeschickt. Offizielle Begründung: Es wird nur für ganze Lebensmonate des Babys gezahlt. Finja war am 26. Februar geboren, das volle Elterngeld hätte der Vater also nur für den 26. Mai bis 25. Juni bekommen. „Ich hatte für diese unverschuldete Benachteiligung kein Verständnis und habe das Landesamt für soziale Dienste eingeschaltet, Widerspruch eingelegt und ein Schreiben meiner Schulleitung beigefügt.“ 

Der Widerspruch wurde abgelehnt, obwohl Marco M. seine persönlichen Interessen und private Planung zugunsten schulischer Belange nach hinten gestellt hat. Inzwischen hat sich die GEW-Rechtsschutzstelle mit der Angelegenheit befasst. Das Sozialgericht sah allerdings keine Möglichkeit, eine andere Entscheidung herbeizuführen. 

Schlechtes Gewissen bei Vorgesetzten

„Der Lehrer muss knapp 880 Euro zurückzahlen und es fühlt sich niemand der Vorgesetzten verantwortlich: nicht die Schulleiterin, nicht die Schulräte, nicht das Bildungsministerium und auch nicht der Schulträger“, kritisiert Sabine Duggen, ehrenamtliche Leiterin der GEW-Rechtsschutzstelle. Zumindest ein schlechtes Gewissen haben die Vorgesetzten aber. „Das haben wir so nicht gewollt“, betont Schulrätin Maike Harder in Bad Segeberg.

 

Rechtlich mag die Entscheidung der Elterngeldstelle ja in Ordnung sein, aber in Pandemiezeiten muss man das doch auf dem Kulanzwege regeln können. Marco M. hat uns doch geholfen und dafür sind wird ihm dankbar.

Maike Harder, Schulrätin    

 

Sie verweist darauf, dass weder Schulamt noch Schulleitung Fachleute für Elterngeld seien, sie hätten dem Änderungsantrag zugestimmt, ohne die Konsequenzen zu kennen. „Das ist dumm gelaufen“, räumt Harder ein.

Das Amt für Soziale Dienste weist darauf hin, dass im Antragsformular mehrfach auf die Berechnungsgrundlage „Lebensmonat“ hingewiesen werde. Das zu übersehen sei „schwer vorstellbar“. Duggen will weiter für Marco M kämpfen. Mit „selber Schuld“ komme man nicht weiter. Sonst werde künftig niemand mehr bereit sein, in einer Notlage einzuspringen.

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