Personalie

Früherer FDP-Chef Gerhardt mit 80 Jahren gestorben

Früherer FDP-Chef Gerhardt mit 80 Jahren gestorben

Früherer FDP-Chef Gerhardt mit 80 Jahren gestorben

dpa
Berlin
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Der frühere FDP-Chef Wolfgang Gerhardt ist tot. Foto: Gregor Fischer/dpa

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Er war Wissenschaftsminister in Hessen, Bundesvorsitzender und Bundestagsfraktionschef der FDP. Doch sein Wunschamt erreichte Wolfgang Gerhardt nicht. Nun ist der Mann der leisen Töne gestorben.

Der ehemalige FDP-Vorsitzende Wolfgang Gerhardt ist tot. Der 80-Jährige sei am Freitagmorgen in Wiesbaden gestorben, teilte FDP-Chef Christian Lindner im Auftrag der Familie mit. «Fast 60 Jahre hat er sich mit der FDP gemeinsam für eine freie und starke Gesellschaft eingesetzt. Sein Tod macht mich zutiefst traurig», schrieb Lindner in einer Würdigung. «Wir haben einen herausragenden Liberalen verloren», ergänzte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.

Steinmeier: Gerhardt hat sich um Deutschland verdient gemacht

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte den Gestorbenen als eine der prägenden politischen Persönlichkeiten Deutschlands. «Wolfgang Gerhardt gehörte zu jenen Menschen, die ihr Leben der Politik gewidmet haben. In Hessen und später über viele Jahrzehnte im Bund stellte der überzeugte Liberale sich in den Dienst für unser Land», hieß es in einem Kondolenzschreiben Steinmeiers.

Er erinnerte daran, dass sich Gerhardt in der politischen Auseinandersetzung einmal selbst als Florettfechter bezeichnet habe. «So habe auch ich Wolfgang Gerhardt erlebt: klar in der Sache, standfest aus Überzeugung und immer besonnen im Ton. Sein Wirken hat der politischen Kultur in unserem Land gutgetan.» Gerhardt habe sich um Deutschland verdient gemacht, schrieb Steinmeier.

Politische Karriere zunächst in Hessen

Gerhardt kam am 31. Dezember 1943 im hessischen Ulrichstein zur Welt. Politische Karriere machte der Erziehungs- und Politikwissenschaftler zunächst in seiner Heimat Hessen. 1978 zog er erstmals in den Landtag in Wiesbaden ein. Von 1982 bis 1995 war er FDP-Landesvorsitzender. In dieser Zeit gehörte er auch schon dem Bundesvorstand der Liberalen an. Im April 1987 wurde Gerhardt für vier Jahre bis zum Ende der schwarz-gelben Koalition Wissenschaftsminister und stellvertretender Ministerpräsident.

Wunschposten blieb Gerhardt verwehrt

Mit der Bundestagswahl 1994 wechselte Gerhardt von Wiesbaden nach Bonn. Im Bundestag gehörte er zunächst dem Post- und später dem Auswärtigen Ausschuss an. Er wäre gern Außenminister geworden, doch dies blieb ihm verwehrt, weil die rot-grüne Koalition die Bundestagswahl 2002 gewann und es nicht zu einem Wechsel zu Schwarz-Gelb kam. 

An der Spitze der Bundespartei löste Gerhardt 1995 den glücklosen Klaus Kinkel ab. Bis 2001 blieb er FDP-Bundesvorsitzender, von 1998 bis 2006 war er zudem Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion. Beide Ämter gab er schließlich an Guido Westerwelle ab. 2013 kandidierte Gerhardt nicht mehr für den Bundestag, da war er längst Leiter der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung.

Nüchterner Stil statt Show 

Gerhardt pflegte einen eher nüchternen, gediegenen Stil - Show-Politik waren seine Sache nicht. Nach dem Verlust seiner Spitzenämter im politischen Tagesgeschäft der FDP verstand er sich als ein Vordenker des politischen Liberalismus in Deutschland. 

«Mann der leisen Töne»

«Liberalismus war für ihn immer nicht nur ein parteipolitisches Programm, sondern vielmehr eine Haltung», schrieb Djir-Sarai zu seinem Tod. Lindner erklärte: «Er war nie ein Machtpolitiker, sondern blieb auch in Spitzenpositionen ein belesener, feiner und großzügiger Mensch. In einer schwierigen Phase unserer Geschichte hat er die FDP zusammengehalten und wieder aufgerichtet.»

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) würdigte den Gestorbenen als einen «herausragenden Politiker». Der Freidemokrat sei «ein Mann der leisen Töne, dessen Rat sehr viele gerne gehört haben». Gerhardt habe sich mit Leidenschaft und Hingabe für die Belange der Gesellschaft eingesetzt: «Er hat es verstanden, Brücken zu bauen und unterschiedliche Meinungen zusammenzuführen. Sein Einsatz für eine pluralistische Gesellschaft und ein besseres Deutschland wird uns fehlen.» 

 

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