Kriminalität

Mehr Gewalt gegen Polizisten in Schleswig-Holstein

Mehr Gewalt gegen Polizisten in Schleswig-Holstein

Mehr Gewalt gegen Polizisten in Schleswig-Holstein

Eckard Gehm/shz.de
Kiel
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Ein gewalttätiger Demonstrant schlägt bei einer Kundgebung in Lübeck einen Polizeibeamten nieder. Foto: Carsten Rehder/dpa

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Die Kriminologische Forschungsstelle hat nach Gründen für die Zunahme von Angriffen auf Beamte gesucht.

Es sind Zahlen, die beunruhigen: Seit Jahren nimmt die Gewalt gegen Polizisten zu, verbal und körperlich. Vergangenes Jahr gab es1280 Attacken in Schleswig-Holstein, 438 Beamte wurden verletzt. Jetzt hat die Landespolizei das Phänomen wissenschaftlich untersuchen lassen. Das Ziel: Lösungen finden.

Landespolizeidirektor Michael Wilksen sagte: „Es geht um das Leben und die Gesundheit unserer Kollegen, Gewalt darf nicht als Berufsrisiko verbucht werden.“ Und: „Wir verstehen uns als Bürgerpolizei. Eine Entfremdung vom Bürger wäre Gift für die Institution Polizei.“

Lübeck ein Schwerpunkt der Gewalt gegen Beamte

Jeder vierte Gewaltakt gegen Polizisten im Land entfällt auf die Polizeidirektion Lübeck mit ihren 1200 Beamten, dort gab es voriges Jahr 115 Verletzte. Deshalb haben die Mitarbeiter der Kriminologischen Forschungsstelle im Landeskriminalamt die Hansestadt in den Fokus genommen. Die Frage nach den Ursachen der höheren Gewaltbelastung konnten die Wissenschaftler jedoch nicht gänzlich beantworten. Sie lag höher als es die berücksichtigten Faktoren wie allgemeines Kriminalitätsniveau, Urbanitätsgrad, Schuldenstand, Arbeitslosenquote und Pro-Kopf-Einkommen erklären würden.

Ein Erklärungsansatz könnte laut Studienleiter Lars Riesner das komplexe Zusammenspiel von spezifischen sozio-strukturellen Merkmalen Lübecks mit einer erhöhten Anzeigebereitschaft der Beamten sein. Weil es bei der Lübecker Polizei eine innerbehördliche Sensibilisierung für die Gewaltbelastung gebe, liege die Zahl der Anzeigen, etwa bei Widerstandsdeliken, höher als in Flensburg, Neumünster oder Kiel.

Verhalten der Lübecker Beamten kein Grund

Keine Ursache soll sein, dass die Lübecker Polizisten über Gebühr Respekt einfordern, was Situationen eskalieren lassen kann. Wilksen betonte: „Das wurde nicht nachgewiesen, das Verhalten der Beamten ist professionell.“ Lübecks Polizeidirektor Norbert Trabs erklärte, er hätte sich „kleinteiligere Antworten“ gewünscht, spezielle Punkte, die man verändern könne.

Wie die Polizeiführung betont, könnten aus der Studie dennoch wertvolle Handlungsempfehlungen für das ganze Land abgeleitet werden. So kritisierte die Mehrheit der Polizisten, nicht richtig auf Konflikte mit psychisch auffälligen oder unter Drogen stehenden Menschen, Betrunkenen oder emotional aufgebrachten Personen vorbereitet zu sein. Landespolizeidirektor Wilksen kündigte an, hierzu eine spezielle Aus- und Fortbildung zu initiieren. Auch die Einsatznachbesprechung kommt vielen Beamten zu kurz. Hier soll künftig nicht nur aus Fehlern gelernt werden, sondern gezielt herausgearbeitet werden, was deeskalierend gewirkt und eine kritische Situation entschärft hat.

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