Modellregion Schlei

Der große Urlauber-Ansturm weckt Ängste bei Einheimischen

Der große Urlauber-Ansturm weckt Ängste bei Einheimischen

Der große Urlauber-Ansturm weckt Ängste bei Einheimischen

Gero Trittmaack/shz.de
Schleswig
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Der Schleswiger Stadthafen ist ein beliebtes Ziel für Urlauber und Einheimische. Foto: Sven Windmann

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Im Mai sollen alle Betten an der Schlei ausgebucht sein. Einheimische befürchten einen Anstieg der Inzidenz-Zahlen.

Die Modellregion Schlei sieht sich auf einem guten Weg. Die Urlauber kommen in Scharen, zurzeit liegt die Auslastung der Betten bei fast 50 Prozent – und die Buchungen lassen darauf schließen, dass im Mai Vollbelegung herrscht. Dann werden voraussichtlich fast 20.000 Gäste in der Region sein. Max Triphaus, Geschäftsführer der Ostseefjord Schlei, betont bei jeder Gelegenheit, dass dieser Boom mit einer „Riesen-Verantwortung“ verbunden sei. Er weiß, dass das ganze Projekt ganz schnell zu Ende sein könnte. Wenn die Inzidenz in der Region über 100 steigt, müssen alle Gäste abreisen und die Unterkünfte schließen. Das sind die Vorgaben des Gesundheitsamtes.

Das Konzept der Modellregion ist stark auf Sicherheit ausgelegt – regelmäßige Tests sind Pflicht, die Einhaltung der Regeln wird zumindest stichprobenartig kontrolliert. Dennoch gibt es in der Region viele Menschen, denen der Zustrom von Urlaubern ein Dorn im Auge ist – ob im persönlichen Gespräch oder im Internet, viele fürchten, dass die Zahlen der Infizierten trotz aller Vorsichtsmaßnahmen auch bei uns steigen werden.

Besonders deutlich werden solche Meinungen auf der Facebook-Seite des Kreises Schleswig-Flensburg, auf der Kommentierungen zu den aktuellen Zahlen möglich sind. Die Wortmeldungen laufen selten aus dem Ruder, zeigen aber deutlich eine Stimmung.

„Es ist Irrsinn“, schreibt eine Userin. „Da kommen Menschen aus Regionen mit hohen Inzidenzen zu uns, um hier Urlaub zu machen. Und wir wundern uns, wenn die Zahlen in zwei Wochen steigen.“ Es werden Beobachtungen beschrieben von Autos mit Kfz-Kennzeichen aus „Gegenden, in denen die Inzidenz über 200 liegt oder in denen Ausgangssperre herrscht“. Mehrere Kommentatoren sehen sich „als Versuchsobjekt“ oder „als Laborratten“ missbraucht.

Immer wieder schimmert aber auch Verständnis für den Versuch durch, an der Schlei unter Auflagen Urlaub zu ermöglichen. „Mir ist auch nicht wohl, aber die privaten Ferienhausvermieter stehen größtenteils seit November ohne Einnahmen da“, gibt eine Frau zu bedenken.

Der weit überwiegende Teil der Kommentatoren aber ist kritisch. „Wir sind nicht gefragt worden, ob wir das überhaupt wollen“, schreibt jemand. Ein anderer: „Das vorsichtige Verhalten, mit dem wir zu den niedrigen Infizierten-Zahlen gekommen sind, wird jetzt bestraft.“

Das passt doch alles nicht zusammen.

Eine Mutter aus der Region

Aber es gibt nicht nur Bedenken, die sich auf die Ansteckungsgefahr beziehen. In der Diskussion geht es auch im Gerechtigkeit. „Macht erst mal wieder die Schulen auf, bevor ihr über Tourismus nachdenkt“, heißt es an einer Stelle. In die selbe Kerbe schlägt eine Mutter, die sich telefonisch in der Redaktion meldete: „Wie kann es angehen, dass meine Tochter seit Oktober nicht mehr in die Schule darf, wir aber Tausende Touristen in die Region holen. Das passt doch alles nicht zusammen“, beschwerte sie sich. Die Mutter bezieht sich dabei auf die Regelung des Berufsbildungs Zentrums (BBZ), in dem bis auf die Abschlussklassen den Schülern nur Distanzunterricht angeboten wird.

Versprechen an die Bevölkerung

Max Triphaus erklärte auf Nachfrage, dass bei der Ostseefjord Schlei kaum kritischen Stimmen ankommen. Fremd sind ihm die Meinungen jedoch nicht: „Es schlagen zwei Herzen in meiner Brust“, sagt er. „Aber wir haben eine Chance, wenn wir sauber arbeiten und die Zügel straff halten. Und das tun wir, das ist unser Versprechen an die Bevölkerung.“

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