Minister Albrecht auf dem Holm

Fischer Jörn Ross: „So hat die Fischerei keine Zukunft“

Fischer Jörn Ross: „So hat die Fischerei keine Zukunft“

Fischer Jörn Ross: „So hat die Fischerei keine Zukunft“

Stephan Schaar/shz.de
Schleswig
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Der Holmer Fischer Jörn Ross und Umweltminister Jan Philipp Albrecht
Der Holmer Fischer Jörn Ross (li.) erklärt Umweltminister Jan Philipp Albrecht bei einer Fangfahrt auf der Schlei die akuten Probleme der Fischerei. Foto: Stephan Schaar

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Umweltminister Jan Philipp Albrecht bekommt bei einem Besuch der Holmer Fischer einiges zu hören. Jörn Ross nimmt ihn mit auf die Schlei und redet Klartext. Viel Positives kann Ross dabei nicht erzählen.

Bei schwülem Sommerwetter klettert Umweltminister Jan Philipp Albrecht (Die Grünen) am Holm in Schleswig in das kleine Boot von Fischer Jörn Ross. Vergangene Woche hat Albrecht bereits als Schirmherr bei der Eröffnung der Foto-Ausstellungen über die Holmer Fischer im Stadtmuseum einen Einblick in die Arbeit der Fischer bekommen. Diesmal hat er sich etwas Zeit genommen, um mehr von deren Sorgen und Nöten zu erfahren. Davon kann Jörn Ross reichlich berichten. 

Wir haben ja nichts anderes gelernt, und wir wollen das noch weiter betreiben. 

Jörn Ross, Holmer Fischer

Sorge um die Zukunft der Fischerei

„Eigentlich kann man von der Fischerei allein kaum noch Leben“, sagt Ross. „Aber wir haben ja nichts anderes gelernt, und wir wollen das noch weiter betreiben. Wenn es geht noch ein paar Hundert Jahre.“ Auch wenn der erfahrene Fischer gelassen wirkt und dem Umweltminister in aller Ruhe die Probleme der Fischerei erläutert, merkt man ihm die Sorge um die Zukunft seiner Zunft deutlich an. „Für die nächste Generation, wie meine Söhne hier, sieht es echt nicht gut aus. Die sind dynamisch und auch schon erfolgreich, aber die können sich nicht selbstständig machen, keine Bank gibt ihnen als Fischer Kredit“, sagt er.

 

Minister Jan Philipp Albrecht, Jörn Ross und Nils Ross
Minister Jan Philipp Albrecht (v.l.) lässt sich von den Holmer Fischern Jörn und Nils Ross erklären, was die größten Probleme für die Schleifischer sind. Foto: Stephan Schaar

Als Fischer lebe man immer zwischen König und Bettelmann. „Macht man mal einen guten Fang, gibt es zum Festgehalt noch Prozente vom Fangerlös. Das ist dann gutes Geld. Wir haben aber oft auch Zeiten, wo zu wenig im Netz landet, hinzu kommen dann auf der Ostsee aber trotzdem die langen Anfahrten und hohen Betriebskosten. Und den Angestellten muss das Festgehalt weiter gezahlt werden, auch wenn es schlecht läuft. Da braucht man immer einen finanziellen Puffer“, erklärt Jörn Ross und wünscht sich hier mehr Unterstützung vom Gesetzgeber. 

Ein Problem für die Bestände sind ja nicht die kleinen Fischer, sondern die großen Trawler. 

Jörn Ross, Holmer Fischer

Fangquoten sollten nur für große Trawler gelten

Während Ross mit seinen Söhne die Fangboote auf die Schlei hinaus fährt, um dem Minister zu zeigen, was ihnen bei einem Hol ins Netz geht, erzählt er weiter von den vielfältigen Problemen und Entwicklungen der Fischerei auf der Schlei und in der Ostsee. Als Schleifischer ist er nicht an Fangquoten gebunden, aber da er auch Ostseekutter betreibt, liegt ihm das Quotenthema durchaus am Herzen. Jan Philipp Albrecht, der als Schleswig-Holsteins Minister für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung auch für die Fischerei zuständig ist, hört geduldig und interessiert zu – auch wenn über die Fangquoten auf EU-Ebene entschieden wird.

 

„Ein Problem für die Bestände sind ja nicht die kleinen Fischer sondern die großen Trawler, die alles wegfischen und dabei noch den Meeresgrund verwüsten“, sagt Ross und schlägt vor, dass die Quoten für kleinere Kutter bis zwölf oder 15 Metern nicht gelten sollten. „Die sind wetterabhängig und können oft gar nicht rausfahren. Und da sie nur relativ kleine Mengen fangen, bedrohen sie auch keine Art“, meint Ross.

 

Inzwischen sind die Boote vor das Ufer zwischen Fahrdorf und Haddeby gefahren, und gemeinsam legt er mit Sohn Nils Ross das Netz aus. Als sie es wieder einholen, ist das Ergebnis ernüchternd: Eine viel zu kleine Maräne landet gleich wieder im Wasser. Übrig bleiben ein Aland und drei kleine Flundern. „Für Flundern gibt es höchstens einen Euro pro Stück, das ist nichts“, schimpft Jörn Ross. „Die lassen sich schlecht absetzen, alle wollen immer nur Scholle. Dabei sind die Flundern viel fleischiger und schmecken auch besser“, so Ross.

 

Jörn Ross
Jörn Ross mit zwei Flundern. Dafür bekommt er nur einen Euro pro Stück, weil Schollen deutlich beliebter sind. Foto: Stephan Schaar

Die Masse von Kormoranen ist großes Problem 

Wir wollen einfach fischen und die Bevölkerung versorgen, wie es in unseren Statuten steht 

Jörn Ross, Holmer Fischer

Während es anschließend zu einem Stellnetz geht, das der Fischer am Abend vorher ausgesetzt hat, erklärt er dem Minister, was seiner Ansicht nach das größte Problem für die Schleifischer ist: der Kormoran. „Ich habe ja nichts gegen den Vogel, mit der Sommerpopulation von rund 500 Tieren könnten wir gut leben“, sagt Ross. „Aber im Winter sind das einfach zu viele, die fressen uns alles weg.“ Auf den Einwand von Albrecht, dass es Entschädigungen geben würde, wenn man die Schäden entsprechend nachweisen könne, sagt Ross: „Wenn ich das alles machen würde, bräuchte ich einen Sekretär. Wir wollen einfach fischen und die Bevölkerung versorgen, wie es in unseren Statuten steht.“ 

attackierte Meerforelle
Fischer Nils Ross zeigt eine Meerforelle, die ein Kormoran attackiert hat, obwohl sie viel zu groß für ihn ist. Foto: Stephan Schaar

Die Kormorane würden auch nicht nur kleine Fische fressen, sondern alles attackieren, was sie finden. „Wir hatten schon geschredderte Hechte und Karpfen, erst gestern haben wir eine Meerforelle gefangen, die voller Löcher war. Sowas können wir dann nicht mehr verkaufen“, so Ross. Er sei kein Feind des Kormorans, aber ohne Hege und Pflege ginge es auch bei einer geschützten Art nicht, wenn deren ungezügelte Verbreitung den Bestand anderer Arten gefährde.

Viel Input für den Minister

Nachdem auch mit dem Stellnetz nur ein paar Flundern gefangen wurden, zieht Ross eine bittere Bilanz: „Wir machen das ja gern. Aber heute bleibt mal wieder gar nichts übrig, im Gegenteil, da zahlen wir drauf. Wir haben einen Fang für fünf Euro, den teilen meine Söhne und ich durch drei, abzüglich Betriebskosten.“ Auf der Heimfahrt schneidet Ross noch viele weitere Themen an, wie etwa die zunehmende Zahl der Sportboote und Kiter, die Vögel und Fische verjagen würden. Auch der Plastikmüll in ihren Netzen, vor allem Verpackungen von Essen, habe mit der Corona-Pandemie stark zugenommen.

 

Das war eine Menge Input, ich habe heute viel gelernt und nehme einiges von hier mit. 

Jan Philipp Albrecht, Umweltminister

„Das war eine Menge Input, ich habe heute viel gelernt und nehme einiges von hier mit“, sagt Jan Philipp Albrecht zum Abschied zu Jörn Ross. Der erwidert: „Ich will ja nur, dass sich das Fischen wieder lohnt und man damit sein Auskommen hat. Und ich freue mich, wenn sich ein Politiker mal Zeit für unsere Themen nimmt, aber nicht nur vor, sondern gern auch nach einer Wahl.“ 

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