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Zulassung macht große Hoffnung: Was bringen die Corona-Selbsttests wirklich?

Zulassung macht große Hoffnung: Was bringen die Corona-Selbsttests wirklich?

Was bringen die Corona-Selbsttests wirklich?

Tobias Schmidt/shz.de
Berlin
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Der seit 1. Februar in Potsdam eingesetzte Spucktest zur Selbstanwendung. Foto: Tobias Schmidt

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Das grüne Licht für die „Nasenbohrer-Tests“ geben Hoffnung auf ein schnelleres Lockdown-Ende. Zu Recht? Eine Analyse.

Bislang gab es nur die PCR-Tests zur Auswertung im Labor sowie Schnelltests, die von geschultem Personal durchgeführt werden. Jetzt sind erstmals drei Antigen-Schnelltests zur Eigenanwendung zugelassen worden. Sie soll es bereits in wenigen Tagen zu kaufen geben. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was sind Selbsttests, was sind Schnelltests?

Antigen-Schnelltests sind hierzulande schon seit vergangenem Herbst im Einsatz, insbesondere in Altenheimen. Aber auch Privatpersonen können sich in Testzentren längst auf Corona testen lassen. Der Haken sind nicht nur die Kosten von bis zu 50 Euro pro Test: Die unangenehmen Abstriche im hinteren Nasenbereich und tief im Rachen müssen von Fachpersonal durchgeführt werden, das sich selbst vor Ansteckung schützen muss.

An diesem Mittwoch wurden endlich die ersten Tests zugelassen, die ein Jeder daheim (oder in der Schule, vor dem Restaurant...) allein durchführen kann. Die „Wohnzimmer-Tests“ gelten als Quantensprung, weil eben kein Fachpersonal mehr gebraucht wird. Wie bei den bereits zugelassenen Schnelltests liegt das Ergebnis binnen 15 Minuten vor.

Was ist denn jetzt genau zugelassen?

Für die ersten vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) freigegebenen Laientests müssen nur noch im vorderen Nasenbereich Abstriche gemacht werden, der Tupfer muss also nicht länger rund sieben Zentimeter tief durch den unteren Nasengang geschoben werden. Auch die lästigen Abstriche im Rachen sind nicht mehr nötig.

Schon in der kommenden Woche wird auch die Freigabe von Spuck- und Gurgeltests zur Eigenanwendung erwartet. Bei allen Varianten werden die per Tupfer aus Nase oder Speichel gewonnenen Genproben in Flüssigkeit gelöst und diese auf einen Teststreifen getropft wie beim Schwangerschaftstest. Ein Streifen signalisiert nach kurzer Zeit, ob Coronaviren gefunden wurden (positives Ergebnis) oder nicht (negatives Ergebnis).

Nach langem Expertenstreit ist die Zuverlässigkeit der Selbsttests nun amtlich bestätigt. Zwar können Fälle, in denen Infizierte nur eine sehr geringe Virenlast aufweisen, unentdeckt bleiben. Dass die Tests bei hoher Virenlast sicher anschlagen, ist aber nachgewiesen. Und genau auf diese Fälle kommt es bei den Massentestungen an, weil so besonders ansteckende Corona-Positive zuverlässig aufgespürt, nach einer Bestätigung durch einen PCR-Test in Quarantäne geschickt und auch die Kontaktpersonen benachrichtigt werden können.

Kann dank Selbsttests der Lockdown rasch beendet werden?

In der Theorie ja: Wenn sich alle knapp 83 Millionen Bundesbürger jeden Morgen selbst testen und bei positivem Ergebnis daheim bleiben würden, hätte Corona wohl kaum noch eine Chance.

In der Realität wäre weder auf die Eigenverantwortung jedes Einzelnen Verlass, noch sind noch lange nicht genug der Tests verfügbar. Doch die Möglichkeiten sind enorm. In Österreich müssen sich schon Schüler mit den nun bei uns zugelassenen „Nasenbohrer-Tests“ und unter Begleitung von Lehrern vor Unterrichtsbeginn selbst testen. In den kommenden Wochen, so das Bildungsministerium in Wien, sollen die Schulen mit 20 Millionen Test-Einheiten ausgestattet werden.

In Deutschland ist Potsdam bereits vorgeprescht und hat das Kita-Personal seit dem 1. Februar verpflichtet, sich zweimal wöchentlich daheim zu testen. Nur mit negativem Spucktest-Ergebnis dürfen die Erzieherinnen und Erzieher zur Arbeit. „Das hat uns die Rückkehr zum Regelbetrieb ermöglicht“, sagte Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert im Gespräch mit „shz.de“. Die Erleichterung bei Personal, Eltern und Kindern sei riesengroß.

Können die Tests Sicherheit bieten?

Das Potenzial hat auch Kanzlerin Angela Merkel erkannt: Sie kündigte am Dienstag in der Unionsfraktion an, die geplanten Öffnungsschritte sollten „mit den erweiterten Testmöglichkeiten kombiniert werden“. Gerade mehr Schnell- und Selbsttests könnten etwas mehr Freiraum und Puffer geben. Und Gesundheitsminister Jens Spahn sagte am Mittwochmorgen, Laientests könnten „perspektivisch“ Sicherheit in vielen Situationen geben: „Bevor man eine Veranstaltung besucht, sich die Haare schneiden lässt oder ins Theater geht.“

Die Veranstaltungsbranche hat sich längst vorbereitet und steht in den Startlöchern. Über das konkrete Konzept wollen Bund und Länder kommenden Mittwoch auf ihrem nächsten Corona-Gipfel beraten. Geklärt werden muss dabei auch, ob der Staat den Bürgern das Instrument kostenlos anbieten kann.

Können die Hersteller denn liefern?

Genaue Auskünfte darüber gibt es nicht. Die Branche hat zwar in Erwartung der Zulassung massenhaft vorproduziert. Insgesamt liegen rund 30 Anträge vor. Aber in Potsdam etwa konnte der erste Vertragspartner schon nach der ersten Woche nicht mehr genug Selbsttests liefern, dort wurde indes schnell ein Zweitlieferant gefunden.

Auch die Bremer Bildungssenatorin Claudia Bogedan sagt im Gespräch mit „shz.de“: „Wir haben Schnelltests organisiert“ – ohne Auskunft über die Menge zu geben. Sie macht Druck auf Spahn: „Ich kann nur feststellen, dass Österreich in Sachen Selbsttests seit Längerem erfolgreich so verfährt, wie wir es in Bremen vorhaben. Und was in Österreich funktioniert, müsste doch auch in Deutschland möglich sein.“

Beim Städte- und Gemeindebund ist man skeptischer. Die Beschaffung und Versorgung der ganzen Bevölkerung sei binnen Wochen kaum zu schaffen, fürchtet Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg im Gespräch mit „shz.de“. Eventuell müsse man auch bei den Selbsttests „eine Priorisierung etwa für Kitas und Schulen vorsehen.“ Auch das müssen Bund und Länder rasch klären.

Sind die „Wohnzimmertests“ wirklich idiotensicher?

Wir haben uns schon vor der Zulassung zu Experimentier-Zwecken im Internet einen Spucktest bestellt (inklusive Zustellung fast 50 Euro pro Stück!). Das Verfahren ist ein Kinderspiel: Vor dem Essen Spucke in den Wangen sammeln, etwas Speichel in die mitgelieferte Papiertüte tropfen lassen, ein wenig der Flüssigkeit per Pipette in eine Phiole mit Flüssigkeit geben, das Gemisch auf den Teststreifen tröpfeln und eine Viertelstunde abwarten. In unserem Fall war das Ergebnis negativ.

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