Russische Invasion

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

dpa
Kiew
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Arbeiter beseitigen die Folgen eines russischen Drohnenangriffs in Charkiw. Foto: -/https://photonew.ukrinform.com/ Ukrinform/dpa

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Russland festigt seine Herrschaft über den illegal annektierten Teil der Südukraine. Präsident Putin setzt dabei die Banken unter Druck. Die aktuellen Entwicklungen im Überblick.

Die Ukraine hat russische Militäreinrichtungen auf der annektierten Halbinsel Krim massiv mit Raketen beschossen. Die genauen Auswirkungen der Attacke sind bisher nicht bekannt. Das russische Verteidigungsministerium in Moskau sprach von 20 angreifenden Marschflugkörpern der Ukraine.

Die Attacke richtete sich gegen Luftwaffenstützpunkte nahe Sewastopol und Jewpatorija sowie andere Orte auf der Krim. Von ukrainischer Seite gab es keine offizielle Äußerung. Allerdings ließ sich ein Eintrag von Luftwaffenkommandeur Mykola Oleschtschuk auf Telegram als Bestätigung verstehen.

Russland meldet zudem knapp ein Dutzend ukrainischer Drohnenangriffe im Grenzgebiet gemeldet. Acht Drohnen seien über der Region Belgorod von der russischen Flugabwehr abgeschossen worden, zwei in Woronesch und eine in Kursk, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit.

Ihrerseits griff die russische Armee die Ukraine in der Nacht wieder mit Kampfdrohnen an. Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe flogen Schwärme von Drohnen auf die Großstadt Charkiw im Osten zu. Eine Fliegerbombe traf nach Behördenangaben ein Krankenhaus in Welykij Burluk im Gebiet Charkiw und verletzte vier Menschen leicht. Russland führt seit fast zwei Jahren einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, zu dem auch nahezu jede Nacht die Attacken aus der Luft gehören. Heute ist der 708. Kriegstag.

Angriff auf Krim-Fliegerhorst Belbek

Zum Arsenal der Ukraine gehören Marschflugkörper der Typen Storm Shadow und Scalp, die Großbritannien und Frankreich geliefert haben. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, 17 Flugkörper seien bereits über dem Schwarzen Meer abgefangen worden, 3 weitere über der Krim. Die Angaben sind nicht unabhängig überprüfbar.

Trümmer der abgefangenen Geschosse seien auf ein Militärgelände bei dem Dorf Ljubimowka nördlich von Sewastopol gefallen, hieß es in der Mitteilung. Dort liegt der große, von den Russen genutzte Luftwaffenstützpunkt Belbek, dessen Name aber nicht genannt wurde. «Es ist kein Flugzeuggerät beschädigt worden», erklärte das Ministerium.

Nach inoffiziellen Berichten hatte der Angriff größere Ausmaße. Sowohl im Süden wie im Norden von Sewastopol sei Rauch zu sehen, berichtete der Telegramkanal «Krymski Weter». Im Norden der Stadt steige bei Belbek eine dicke Wolke auf. Auch aus der Gegend des russischen Militärflugplatzes Saki bei Jewpatorija wurden Explosionen gemeldet. Demnach starteten viele russische Kampfflugzeuge, um nicht am Boden getroffen zu werden.

Luftwaffenkommandeur räumt Angriff indirekt ein

Oleschtschuk als Befehlshaber der ukrainischen Luftwaffe erinnerte auf Telegram daran, dass Belbek bis 2014 Standort der 204. taktischen Fliegerbrigade der Ukraine gewesen sei. «Die ukrainischen Flieger werden auf alle Fälle zu ihrem Heimatflugplatz zurückkehren», schrieb er. Dem Eintrag fügte der Generalleutnant ein Video bei, das angeblich einen Treffer auf Belbek zeigt. Der Raketenattacke waren ukrainische Drohnenangriffe vorausgegangen, die wohl einen Teil der russischen Flugabwehr auf der Krim ausschalteten.

Für die russische Kriegsführung ist die 2014 annektierte Krim besonders wichtig. Dort sind viele Truppen stationiert, der Nachschub läuft über die Halbinsel. Sewastopol ist Heimathafen der russischen Schwarzmeerflotte, auch wenn die meisten Schiffe von dort abgezogen worden sind. Dank verbesserter eigener Drohnen wie Waffen mit höherer Reichweite aus westlichen Lieferungen kann die Ukraine zunehmend militärische Ziele auf der Krim bekämpfen. Die ukrainische Führung strebt eine Rückeroberung der Halbinsel an.

Ukraine will weiteres russisches Kriegsschiff versenkt haben

In ihrem Abwehrkampf gegen die russische Marine will die Ukraine einen weiteren Erfolg im Schwarzen Meer erzielt haben. In der Nacht sei das Raketenschiff «Iwanowez» durch mehrere Seedrohnen versenkt worden, teilte der ukrainische Militärgeheimdienst mit. Der Angriff sei an der Westküste der seit 2014 von Russland annektierten Halbinsel Krim erfolgt.

Selenskyj sieht Ukraine noch vor schwierigem Winter

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beschäftigte sich in einer Videoansprache mit den dauernden russischen Bombardierungen in der Nacht. Dabei sei die Lage schon besser als ein Jahr zuvor. «Die Energiesituation hat sich im Vergleich zum letzten Winter grundlegend geändert. Das System ist erhalten geblieben», sagte er. Trotzdem werde die Ukraine im Winter noch viel zu überstehen haben.

«Es wird russische Terroranschläge geben, und die Russen werden versuchen, unsere Verteidigungsanlagen zu durchbrechen», sagte Selenskyj. Er dankte den Flugabwehrtruppen, aber auch den Rettungsdiensten und den zivilen Ingenieuren, die das Energiesystem instand halten. Im vergangenen Winter hatte Russland gezielt die Infrastruktur beschossen, was für viele Ukrainer den stunden- oder tageweisen Ausfall von Strom, Heizung, Gas und Wasser bedeutete. Mittlerweile ist die ukrainische Flugabwehr dank westlicher Systeme besser gerüstet.

Putin schickt russische Banken in die besetzten Gebiete

Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Banken seines Landes aufgefordert, nicht zu zögern und sich in den annektierten Gebieten der Ukraine zu betätigen. «Das, was sie früher gefürchtet haben, die Sanktionen, das ist längst passiert. Warum sich fürchten?», sagte Putin in Moskau bei einer Sitzung über die soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Region. «Man muss aktiver in diese Gebiete gehen und dort arbeiten.»

Russland hatte sich 2014 die bis dahin ukrainische Krim einverleibt. Nach der Invasion von 2022 erklärte Moskau gegen das Völkerrecht auch die ukrainischen Verwaltungsgebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson zu russischem Staatsgebiet. Militärisch kontrollieren die russischen Truppen nur einen Teil dieser Territorien. Russische Banken waren wegen westlicher Sanktionen schon bei der Krim vorsichtig, sich dort zu engagieren. Auch in den anderen Regionen sind sie kaum vertreten.

US-russische Journalistin Kurmasheva bleibt in Haft

Eine seit mehr als drei Monaten in Russland inhaftierte Journalistin des US-Auslandssenders Radio Free Europe/Radio Liberty bleibt weiter im Gefängnis. Ein Gericht in der russischen Millionenstadt Kasan verlängerte die Untersuchungshaft für Alsu Kurmasheva bis zum 5. April, wie der Sender mit Sitz in Prag mitteilte. 

Kurmasheva war nach Angaben ihres Senders im Mai 2023 nach Russland gereist, um ihre alte Mutter zu besuchen. Kurz vor ihrem geplanten Rückflug am 2. Juni wurden demnach ihre Pässe beschlagnahmt. Russlands Justiz wirft ihr vor, sich nicht als «ausländische Agentin» registriert zu haben. Dafür drohen bis zu fünf Jahre Haft. 

London: Russlands Nationalgarde integriert drei Wagner-Einheiten

Russland verstärkt nach britischer Einschätzung seine Kontrolle über die Söldnertruppe Wagner. Die russische Nationalgarde integriere drei frühere Kampfeinheiten von Wagner in ihr erstes Freiwilligenkorps, teilte das britische Verteidigungsministerium mit.

Die Eingliederung deute höchstwahrscheinlich darauf hin, dass Wagner erfolgreich der Nationalgarde unterstellt worden sei, schrieben die Briten auf der Plattform X (früher Twitter). Der russische Staat erhalte so mehr Befehlsgewalt und Kontrolle über die Gruppe.

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