Diese Woche in Kopenhagen
Ein bisschen wie beim ESC: Dänemark auf Werbetour
Ein bisschen wie beim ESC: Dänemark auf Werbetour
Ein bisschen wie beim ESC: Dänemark auf Werbetour
Viele europäische Städte beschäftigen sich aktuell mit ihren Bewerbungen für den neuen Sitz der EMA. Auch Dänemark ist dabei und das sogar ganz gut, meint der Leiter des Kopenhagener Sekretariats der deutschen Minderheit in Dänemark, Jan Diedrichsen. Ihm zufolge ist Dänemark ein ernstzunehmender Kandidat.
Die Regierung in Kopenhagen bereitet derzeit nicht nur den Haushalt für das kommende Jahr vor. Lars Løkke Rasmussen hat sich die Zeit genommen und ist in Sachen Standortmarketing unterwegs. Vor wenigen Tagen hat sich Kopenhagen offiziell um den Sitz der EMA beworben. Mit einem schmucken Verkaufsvideo, in dem der Regierungschef „himself“, der Kopenhagener Bürgermeister Frank Jensen und die Prorektorin der Uni, Lykke Friis, die Vorzüge (auf englisch) von „Wonderful Copenhagen“ anpreisen.
Wenn Sie sich jetzt fragen, was die EMA ist und warum dafür der Regierungschef locker durch die Kopenhagener Innenstadt schlendert und die Vorzüge der skandinavischen Metropole im besten Englisch im Hochglanzverkaufsvideo anpreist, sind sie wahrscheinlich nicht allein. Erst seit dem Brexit ist die EMA ins Rampenlicht gerückt. Bei der EMA handelt es sich um die Europäische Arzneimittel-Agentur (englisch: European Medicines Agency), die für die Zulassung und Überwachung von Medikamenten für den Europäischen Markt zuständig ist. Mit dem Brexit wird die EMA (so der derzeitige Stand) von London auf den Kontinent umziehen müssen.
Die EMA hat rund 900 Mitarbeiter, die mit ihren Familien (sofern sie nicht einen neuen Job suchen) umziehen werden müssen. Hinzu kommen rund erwartete 30.000 Hotelübernachtungen und 90.000 Flugbewegungen im Jahr, die mit der Ansiedlung der EU-Agentur verbunden sind.
Also kein Kleinkram und daher auch nicht verwunderlich, dass sich neben Dänemark angeblich 17 Länder um die EMA bemühen. Anmeldefrist ist bis Ende des Monats; bis dahin wird man abwarten müssen, welche Städte in den Wettbewerb einsteigen. Deutschland hat sich mit der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn ebenfalls bereits offen ins Rennen um die EMA begegeben. Auch von Amsterdam und Lille in Frankreich weiß man.
Nun ist die spannende Frage, wie man sich in der „Konsensmaschine EU“ auf die Vergabe des neuen Standortes verständigen wird. Das hierfür geplante Verfahren erinnert ein klein wenig an den beliebten Eurovision Song Contest: In der ersten Runde hat jedes der 27 Mitgliedsländer sechs Punkte: drei für den bevorzugten Standort, zwei für den zweitbesten und einen für den drittbesten. Bekommt kein Land durch mindestens 14 Länder drei Punkte, gibt es eine zweite Runde mit den drei Bestplatzierten. Dann hat jedes Land nur noch eine Stimme. Entschieden wird aller Voraussicht nach im Oktober/November diesen Jahres.
In Brüssel rätselt man derzeit darüber, wie offen die Entscheidungsfindung sein wird. Oder ob es nicht doch – wie so oft bei der schwierigen Vergabe von EU-Agenturen – einen „Hinterzimmer-Deal“ der Regierungschefs geben wird, der von politischen und weniger von Sachargumenten geleitet sein könnte. Man munkelt bereits, dass die ebenfalls aus London sich verabschiedende Bankenaufsicht nach Frankfurt gehen könnte und dann Lille in den Genuss der EMA kommt.
Doch einige mittelosteuropäische Länder wie Bulgarien, Rumänien und Slowakei haben ebenfalls Anspruch angemeldet, da sie bislang keine oder nur unbedeutende Agenturen zugesprochen bekommen haben. Lars Løkke Rasmussen macht sich zumindest nicht schlecht als „Chef-Verkäufer“ Dänemarks. Mit einer „plug and play“-Lösung in den schönen Copenhagen Towers, im neuen Stadtteil Ørestad, ist Dänemark sicher ein ernstzunehmender Kandidat.