Leitartikel

„Deutsch-dänische Liebesbrücke“

Deutsch-dänische Liebesbrücke

Deutsch-dänische Liebesbrücke

Nordschleswig/Sønderjylland
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Die große Politik hatte bisher keinen Blick für den kleinen Grenzverkehr. Doch die deutsch-dänische Grenze sollte Teil der Öffnungspläne der Regierung sein, meint Chefredakteur Gwyn Nissen, der die gemeinsame Initiative der Schleswigschen Partei und des Südschleswigschen Wählerverbandes lobt.

Die Schließung der Grenzen im Kampf gegen den Coronavirus ist nachvollziehbar. Nicht nur in Dänemark, sondern in der ganzen Welt wünschen sich Regierungen und Behörden, zunächst einmal Kontrolle über die Situation im eigenen Land zu bekommen.

Die Grenzschließung ist vor allem gegen den unkontrollierten Fremdenverkehr und den Tagestourismus (darunter den Grenzhandel) gerichtet. Sie trifft aber auch den kleinen Grenzverkehr im deutsch-dänischen Grenzland. Für die große Politik ein kleines Detail – für unsere Region aber ein starker Einschnitt in den deutsch-dänischen Alltag.

Nordschleswiger und Schleswig-Holsteiner leben ihren Alltag auf beiden Seiten der Grenze: Familie, Arbeit, Einkauf, Kultur – das eine hier, das andere dort in einem einzigartigen Grenzland-Flickenteppich, der den meisten Landespolitikern so gar nicht präsent ist.

Deshalb haben die Corona-Maßnahmen für die Bevölkerung in der Grenzregion auch weitaus größere Konsequenzen als zum Beispiel in Aarhus oder auf Seeland: Man darf die Schwester oder den Vater am anderen Ende des Landes besuchen, die Familie im zehn Kilometer entfernten Flensburg oder Süderlügum aber nicht. Das Gleiche gilt zum Beispiel für den Arzt oder Behandlungen.

Die gemeinsame Initiative der Minderheitenparteien, der Schleswigschen Partei in Nordschleswig und des Südschleswigschen Wählerverbandes in Südschleswig, für eine kontrollierte Grenzöffnung ist daher aller Ehren wert. Es geht dabei nicht um den Einkauf bei Fleggaard oder den Hotdog bei Annies Kiosk, sondern vor allem um die zwischenmenschlichen Beziehungen und einen praktischen Alltag über die Grenze hinweg.

Daher sollte die deutsch-dänische Grenze ebenfalls ein Teil der kommenden Rückkehr-Pläne der dänischen und deutschen Regierungen sein. Sowohl nördlich als auch südlich der Grenze ähneln sich die Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus. Durch den kleinen Grenzverkehr würden die Vorsorgemaßnahmen Dänemarks und Deutschlands daher nicht gefährdet.

Es spricht also alles für eine kleine Öffnung der Grenze. Eine deutsch-dänische Liebesbrücke sozusagen.

 

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