Leitartikel

„Friede ernährt, Unfriede verzehrt“

Friede ernährt, Unfriede verzehrt

Friede ernährt, Unfriede verzehrt

Apenrade/Aabenraa
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„Nordschleswiger“-Journalist Helge Möller blickt auf die vergangenen Monate zurück, in denen sich Dänemark verteidigungspolitisch eindeutig positioniert hat.

Seit mehr als 100 Tagen greift die russische Armee auf Befehl von Wladimir Putin die Ukraine an und verwandelt Städte und Dörfer in Trümmerfelder. Dieser Krieg mit seinen vielen Opfern und Gräueltaten, die die Soldaten der russischen Armee zu verantworten haben, hat den Westen und auch Dänemark wachgerüttelt. Russland macht Ernst, Wladimir Putin macht Ernst.

Dessen Wutrede bei der Münchener Sicherheitskonferenz im Jahr 2007 führte zu keinen Reaktionen. Dabei bekam Dänemark immer wieder Russlands Militär zu spüren. Immer wieder verletzten in den vergangenen Jahren russische Kampfflieger den dänischen Luftraum. Das Eindringen sollte, so steht zu vermuten, die dänische Verteidigungsfähigkeit testen.

In den vergangenen Monaten nun hat Dänemark verteidigungspolitisch den Turbo eingelegt; die sozialdemokratische Regierung, die ganze Bevölkerung musste und muss dabei zusehen, wie Russland Krieg führt, mit maximalem Vernichtungswillen.

Dänemark hat sich in den vergangenen Wochen positioniert und dies sehr deutlich. Es hat den Verteidigungsvorbehalt gegenüber der EU aufgegeben und steht jetzt nicht mehr EU-Militäroperationen ablehnend gegenüber, der Entscheid gegen den Vorbehalt macht auch eine EU-Rüstungszusammenarbeit möglich. Regierungschefin Mette Frederiksen (Soz.) hat, so wie Deutschland, angekündigt, mehr Geld in die Verteidigung zu investieren. Was das Lob des US-Außenministers Joe Biden hervorrief, der auch lobte, dass Dänemark mit den USA militärisch zusammenarbeiten will. Auf den Tisch kam dabei eine Stationierung von US-Truppen in Dänemark, was aus bundesrepublikanischer Sicht wenig aufsehenerregend ist, aus dänischer Sicht offenbar schon. Dann will Dänemark mit Grönland stärker militärisch kooperieren angesichts des Weltmachtstrebens Russlands, und schließlich hat das dänische Parlament unlängst die Aufnahme der bislang neutralen Staaten Schweden und Finnland in die Nato befürwortet.

Das alles wird Geld kosten, viel Geld. Geld, das genauso gut, wenn nicht sogar besser in den Umbau hin zu einer nachhaltigen Energieversorgung geflossen wäre, um diese für alle Bürgerinnen und Bürger so einfach wie möglich zu machen.

Zuerst zeigte die Pandemie, dass wir nicht monothematisch an einem großen Thema, dem Klimawandel und dessen Abfedern, arbeiten können, nun ist ein Krieg hinzugekommen. Für uns selbst, bislang nur mit indirekten Folgen, denn unsere Häuser stehen noch.

Alternativlos ist das Aufstocken der Verteidigungsetats sicher nicht, doch der Angriffskrieg, den der russische Diktator vom Zaun gebrochen hat, spricht für sich, angesichts der russischen Taten lässt sich eine gute Alternative zur Abschreckung nicht erkennen. Die aber kann nur mit gut ausgebildeten, motivierten und gut ausgerüsteten Soldatinnen und Soldaten funktionieren. Die These Annäherung durch Handel ist gescheitert.

Friede ernährt, Unfrieden verzehrt – derzeit unsere Ersparnisse, die von der Inflation gefressen werden. Dieses Sprichwort scheint im Kreml unbekannt zu sein. Auch wenn die Reserven dort groß sind, endlich sind sie auch.

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