Leitartikel

„Glücksfall Margrethe II. “

Glücksfall Margrethe II.

Glücksfall Margrethe II.

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
Apenrade/Aabenraa
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Ein Leitartikel von Siegfried Matlok zum 80. Geburtstag der Königin.

Der Vergleich hinkt – und doch: Viele Dänen vergleichen die schwierige Corona-Zeit mit der Besetzung des Landes 1940-45. Eine Parallele ist erlaubt: Am 16. April, also wenige Tage nach dem deutschen Einmarsch in Dänemark, wurde Prinzessin Margrethe geboren: als Prinzessin „Sonnenschein“, als Lichtblick in einer dunklen Zeit betrachtet. Und in der Covid-Krise erweist sie sich 80 Jahre danach erneut als Lichtblick, als Ankerfrau des nationalen Zusammenhalts, wenn man bedenkt, dass ihre außerplanmäßige Fernsehansprache am 17. März knapp drei Millionen Zuhörer fand. 

Was hat dieses Land in den vergangenen acht Jahrzehnten nicht alles erlebt, und was hat dieses Land nicht alles Margrethe II. zu verdanken. Dass sich das Könighaus mit ihr an der Spitze höchster Beliebtheit erfreut, hängt mit ihrer Staatskunst zusammen, wertvolle Traditionen zu sichern, ohne sich dem Wandel der Zeit zu verschließen. Sie gestaltet durch Wort und Tat auch unsere Zukunft. Dem demokratischen Prozess verpflichtet, beweist sie, dass Königshäuser kein Anachronismus sein müssen, dass Königinnen noch heute nicht nur in Märchenbüchern ihre Berechtigung finden. Es gibt ein Schlüsselwort für ihre in so vielen Bereichen segensreiche Tätigkeit: die historisch-familiäre Pflichterfüllung, dem Land zu dienen, seitdem sie als nur 31-jährige und als erste Frau seit 600 Jahren den Thron bestieg. Diese tiefe Liebe zum eigenen Volk wird stark erwidert. Direktor Hans Michael Jebsen aus Hongkong, der die Majestätin aus engster Nähe kennt,  schrieb 2012 anlässlich ihres 40-jährigen Thron-Jubiläums: „Margrethe II. ist ein Glück für unser Land.“ Das werden die meisten unterschreiben, und es ist jammerschade, dass die Corona-Krise morgen jede Ehrung, Huldigung verhindert, die ihr zuteil geworden wäre. Noch wichtiger ist aber: In den Herzen ihrer Landsleute wird sie doch gefeiert! 

Ihre Verdienste aufzulisten sprengt den Rahmen, nehmen wir hier besonders ihr Verhältnis zum Grenzland und zur deutschen Minderheit. Pastor Schmidt-Wodder, Hauptakteur der deutschen Minderheit nach der Geburt wider Willen 1920, sprach 1937 – also wahrlich in ganz anderen  Zeiten – „von unserem König“, und es ist schon bemerkenswert, dass die Gründungserklärung des Bundes deutscher Nordschleswiger vom Dezember 1945 den König an vorderster Stelle hervorhebt. In den Irrungen und Wirrungen der damaligen Zeit, als die Minderheit vor ihrer existenziellen Probe stand, da war das Vertrauen zum Königshaus der erste, wichtigste Schritt auf dem langen Weg zum Bekenntnis als staatsloyale deutsche Dänen. Margrethe hat selbst darauf hingewiesen, sie sei ganz besonders durch die Besatzungsjahre geprägt worden, auch unter Einfluss ihrer Mutter Ingrid, aber sie hat die schleswigsche DNA ihrer Glücksburger Familie zu „Sønderjylland“ und zur dänischen Minderheit stets als Erbe, Verpflichtung betrachtet.

Eingeräumt hat sie, dass sie mit Deutschland und den Deutschen erst spät ihren inneren Frieden geschlossen hat. Natürlich hat die große Politik 1955 die bilateralen Veränderungen herbeigeführt, dennoch ist darauf hinzuweisen, dass die Königin diesen Prozess auch durch eigene Entscheidungen gefördert und geprägt hat.  Als das deutsche Sekretariat Kopenhagen erste Kontakte zum Hofe aufnahm, stieß es bei der Königin auf offene Türen, auch auf Neugierde, als erstes Staatsoberhaupt nach 66 Jahren die deutsch-nordschleswigschen Untertanen zu besuchen und kennenzulernen. Selbst hat sie ihren Besuch bei der Volksgruppe 1986 als „historischen Flügelschlag“ bezeichnet. In ihrer Tingleffer Rede hat sie die Minderheit als „eine zusätzliche Dimension“ gewürdigt, als Bereicherung! Der damalige Hauptvorsitzende Gerhard Schmidt dankte dem Königshaus, „unserem Königshaus“, und dieser Besuch, dieser „royale Stempel“, wie es Peter Iver Johannsen einst formulierte, öffnete die Tore für eine Zeitenwende im Verhältnis zwischen Königshaus, Staat und Minderheit.

Die weiteren Besuche durch Prinz Joachim und später durch Kronprinz Frederik und Kronprinzessin Mary haben dies „warm“ unterstrichen. Auch die historische Rede des Hauptvorsitzenden Hans Heinrich Hansen 1995 auf Düppel wäre ohne die Öffnung durch die Königin gar nicht möglich gewesen. Die Hinweise auch auf die deutsche Minderheit in ihren Neujahrsansprachen 1998 und nun 2019 sind weitere Beweise für die Weiterentwicklung dieses Verhältnisses, das Hinrich Jürgensen mit den Worten beschrieb: „Ich bin als deutscher Nordschleswiger Royalist.“

Die Königin betont stets, dass sie nicht ans Abdizieren denkt und erklärt gleichzeitig, sie gehe nicht davon aus, dass sie noch ein weiteres Jahrzehnt leben wird. Dank und Gratulation Majestätin, verbunden mit dem Wunsch, dass sie uns als Glücksfall der Geschichte noch viele gute Jahre erhalten bleibt!  

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