Leitartikel

„Die Grenzen der Effizienz“

Die Grenzen der Effizienz

Die Grenzen der Effizienz

Apenrade/Aabenraa
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Chefredakteur Gwyn Nissen stellt in seinem Leitartikel infrage, wie weit der Zwang zu immer mehr Effizienz beispielsweise im Ausbildungswesen an seine Grenze stößt.

Effizienz. Überall in der dänischen Gesellschaft stoßen wir auf den Ausdruck, wobei es längst nicht nur um weltweite Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft geht. Auch im öffentlichen Dienst wird Effizienz verlangt, damit die Behörden nicht unnötig viel Steuergeld verschlingen. Per Definition ist Effizienz daher nichts Schlechtes, sondern es geht eben darum, nicht mehr Geld auszugeben als nötig. Das ergibt Sinn, in der Wirtschaft, in der Verwaltung und bei den eigenen Finanzen. Wer verschleudert gern sein Geld? 

In Dänemark stößt die Jagd auf Effizienz aber auch an die Grenzen des Zumutbaren, zum Beispiel wenn die Kommunen im Lande zum Sparen gezwungen sind und daher die Schulklassen wachsen lassen. 20.000 Schüler sind heute in Klassen mit mehr als 25 Schülern – vor zehn Jahren waren es etwa die Hälfte.

Es gibt keinen wissenschaftlichen Beleg dafür, dass Schüler in kleinen Klassen mehr lernen, auch wenn der dänische Forscher Eskil Heinesen laut „Politiken“ in Studien festgestellt hat, dass Schüler in großen Klassen bei der Abschlussprüfung nach der 9. Klasse schlechter abschneiden.

Die Frage ist daher, ob der Vorschlag der Volkssozialisten von SF, den maximalen Klassenquotienten von 28 auf 24 zu senken, überhaupt einen positiven Effekt haben würde – und dass bei Kosten in Höhe von 200 Millionen Kronen pro Jahrgang.

Studien haben nämlich ebenfalls ergeben, dass die Klassengröße nur minimalen Einfluss auf das Wohlbefinden der Schüler hat.  Also liegen die Politiker bei einer Klassengröße von 28 Schülern richtig, wenn es keine negativen Konsequenzen hat?

Was allerdings außer Frage steht, ist, dass die Belastung der Lehrer bei 28 Schülern eine andere ist als bei 16, 20 oder 24 Mädchen und Jungen. Erinnerst du dich an den jüngsten Kindergeburtstag mit einem Dutzend Kindern oder an die Trainingseinheit mit 15 Spielern im Sportverein?

Jeder, der mit Kindern zu tun hat, weiß, dass es eine große Herausforderung ist, die Aufmerksamkeit der Kinder zu halten (das gilt auch für gute Lehrer und Pädagogen), und genauso wissen wir, dass die Schüler von heute ganz andere und größere Herausforderungen haben als die Jugend vor 20, 40 oder 60 Jahren.

In den Schulen der deutschen Minderheit sind Klassengrößen ebenfalls ein Thema, doch hier gehört es eher zur seltenen Ausnahme, dass Klassen über 24 Schüler haben – das ist höchstens in einigen Oberstufen manchmal der Fall. Die meisten Eltern unserer Institutionen sehen das als Vorteil für ihre Kinder – sowohl was Geborgenheit als auch was das Lernmilieu angeht. Auch wenn es nicht wissenschaftlich belegt ist.

In einer Gesellschaft, die heute und in Zukunft davon leben möchte, global die klügsten Köpfe zu haben, sollten wir in der Schule nicht von Effizienz reden, sondern ernsthaft über die Bedingungen für einen guten Schulalltag diskutieren. Allein aus diesem Grund ergibt es Sinn, die Klassengrößen im Folketing zu thematisieren – vor allem, wenn daraus nicht nur eine Diskussion über Zahlen wird, sondern auch über Rahmenbedingungen für Schüler und Lehrer.

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