Leitartikel

„Medien: Die Zeit der Panik ist vorbei“

Medien: Die Zeit der Panik ist vorbei

Medien: Die Zeit der Panik ist vorbei

Apenrade/Aabenraa
Zuletzt aktualisiert um:

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Smartphone und Internet haben den Zeitungsjournalismus vor die Existenzfrage gestellt. Wie überleben? Nach 20 Jahren ist die Antwort gefunden, meint Cornelius von Tiedemann.

Nein, das Zeitungssterben ist nicht endgültig beendet. Ja, Journalisten werden auch in Zukunft nicht auf Rosen gebettet werden. Doch die Krise, die die Branche erschüttert hat, ist vorbei.

Das liegt auch daran, dass die Finanzkrise in Dänemark überwunden ist. Vor allem aber haben die meisten Verlage endlich ihren Weg in eine ökonomisch und journalistisch nachhaltige Zukunft gefunden, der sie einigermaßen unabhängig von äußeren Einflüssen macht. Im kleinen Dänemark spielt die Medienförderung natürlich auch eine nicht zu unterschätzende Rolle – die aber am Grundsatz nichts ändert: Wer sich nicht bewegt, hat schon verloren.

Vielleicht ist es auch eine Generationenfrage. In den Medienkonzernen und den kleinen Verlagen haben heute vielfach Frauen und Männer die strategischen Ruder in die Hände genommen, für die es keine Scheuklappen in Sachen Internet gab und gibt. Im Gegenteil – für sie ist die digitale Welt mit ihrem ständigen Wandel die Heimat, in der sie sich auskennen. Die Papierzeitung ist für sie ein wertvolles Nischenangebot für Liebhaberinnen und Liebhaber – aber nicht das Kernprodukt.

Für sie gilt: Unser Angebot sind die Inhalte, nicht die Verpackung. Das Bestehen auf ein bestimmtes Publikationsformat, das für ihre Vorgängerinnen und Vorgänger Staatsräson war, ist für sie, die am digitalen Fluss aufgewachsen sind, nicht mehr nachvollziehbar.

Doch haben die Medien nicht auch in den ersten Jahren und Jahrzehnten mit dem Internet, als die obengenannten noch in den Kinderschuhen steckten, stark auf digitale Präsenz gesetzt? Waren sie nicht vielleicht noch viel zugänglicher für uns, weil es fast nirgendwo Bezahlschranken gab und Nachrichten im Internet über Jahre kostenlos waren?

Das stimmt. Doch dadurch, die eigenen Inhalte zu verschleudern und Inhalte zu produzieren, die möglichst viel Aufmerksamkeit schaffen sollten, auch auf Kosten der journalistischen Glaubwürdigkeit, wurde der Wert des online angebotenen Journalismus lange Zeit schwer geschädigt.

Weltkonzerne wie Google und Facebook verdienten sich goldene Nasen mit den Inhalten, die kleine und große Redaktionen weltweit herauspumpten, um am von der Finanzkrise erschütterten Werbemarkt wenigstens ein kleines Stück vom Kuchen abzubekommen.

Erst in den vergangenen Jahren, auch beschleunigt durch den Wunsch der Menschen nach seriösen und zuverlässigen Informationsquellen im Internet in unsicheren Zeiten, hat sich der Trend umgekehrt. Plötzlich waren die Menschen bereit, für Qualitätsjournalismus zu zahlen, und alte und neue Medienhäuser begannen, auf Qualität statt auf Masse zu setzen und sich dafür auch bezahlen zu lassen.

Mit dem Erfolg von Streaming-Diensten wie Netflix, Spotify oder HBO, die unkomplizierte, monatlich kündbare Abos zu verdaulichen Preisen anbieten, sank zudem nicht nur das Volumen an illegalen Downloads von Musik und Filmen drastisch – die Menschen haben sich auch daran gewöhnt, für einen guten Service online zu bezahlen.

Und eben diesen guten Service bieten diejenigen Medienhäuser, die auch nach der Digitalisierung schwarze Zahlen schreiben.

Nicht alle gehen denselben Weg, und manche gehen verschlungenere Pfade zum Ziel als andere. Manche wollen die Papierzeitung noch solange priorisieren, wie sie sich als rentabel erweist, andere setzen weiterhin stark auf Werbeeinnahmen.

Doch der Trend ist klar: Die Zukunft ist von Leserinnen und Lesern im Abo bezahlter digital aufbereiteter Qualitätsjournalismus. Ob nun auf dem Smartphone konsumiert, am Computer, im Auto oder auf welchen Geräten auch immer.

Herausgeberische oder journalistische Eitelkeiten haben da keinen Platz mehr. Es geht heute und in Zukunft einzig darum, den Menschen den bestmöglichen Dienst zu erweisen. Relevante und zuverlässige Informationen zu liefern, die uns für den Alltag in unserem gesellschaftlichen Umfeld fit machen.

Beim „Nordschleswiger“ haben wir das große Privileg, unser Angebot kostenlos anbieten zu können. Für uns geht damit umso mehr die Verpflichtung einher, dass wir mit den Mitteln des kritischen, konstruktiven und unabhängigen Journalismus den Stand der Dinge in der deutschen Minderheit widerspiegeln, aber auch hinterfragen, dass wir zum Diskurs anregen und so unverzichtbarer Teil des Alltags der deutschsprachigen Nordschleswigerinnen und Nordschleswiger sind.

Wie wir es in unserer redaktionellen Leitlinie schreiben: Wir wollen bevorzugte, vertrauenswürdige, ansprechende und bestmögliche Informationsquelle für unsere Leserinnen und Leser im Grenzland und darüber hinaus und Nachrichtenknotenpunkt zwischen Dänemark und Deutschland sein.

Mit unserem Schritt in die digitale Wirklichkeit sind wir diesem Ziel näher gekommen. Und auch bei uns ist die Panik, die mancher verspürt haben mag, längst der Zuversicht gewichen.

Unser Weg, unser Angebot immer mehr an den Bedürfnissen und Lebenswirklichkeiten der (potenziellen) Leserinnen und Leser auszurichten und zugleich die journalistische Qualität immer weiterzuentwickeln, zahlt sich aus. Für alle, die uns lesen – und damit auch für uns und unsere eigene Perspektive.

 

Mehr lesen

VOICES – MINDERHEITEN WELTWEIT

Jan Diedrichsen
Jan Diedrichsen
„Sudan am Rande einer Hungersnot“

Leitartikel

Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
„Europäischer Erdrutsch“