Leitartikel

„Neue Abfallkultur“

Neue Abfallkultur

Neue Abfallkultur

Nordschleswig/Sønderjylland
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Dänemark ist Europameister im Müll produzieren. Auch wenn unsere Abfallsysteme gut funktionieren, müssen wir unsere Abfallkultur ändern, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Dänemark sieht sich oft selbst als grünes und klimafreundliches Land. Das mag in vielen Bereichen der Fall sein, doch mit 800 Kilogramm Abfall pro Einwohner halten wir auch einen unrühmlichen Europarekord. Kein Wunder also, dass die Regierung sich jetzt neue Ziele gesetzt hat.

Die meisten Bewohner des Landes gehen davon aus, dass alles unter Kontrolle ist. Ist es auch: Die Abfallsysteme funktionieren, und es liegt im Vergleich zu vielen anderen Ländern nicht viel Abfall in der Natur herum. Außerdem sind die Dänen ein Genbrugs-Volk und fahren fleißig auf die Resthöfe, wo sie ihre Abfälle sortieren.

Aber Dänemark ist auch eine reiche Verbraucher-Gesellschaft, die große Mengen Abfall produziert, und daher müssen wir unsere Abfallkultur ändern. Es wird immer noch zu viel Abfall verbrannt, und deshalb plant die Regierung, dass wir in Zukunft noch mehr und besser sortieren müssen.

Der größte Aufreger war zunächst, dass Haushalte und Unternehmen bald in zehn Abfallfraktionen sortieren müssen. Zehn Sortiertonnen vor der Haustür? Nein, wie heute werden einige Abfalltypen in dieselbe Tonne gefüllt und anschließend maschinell sortiert. Aber es kommt sicherlich noch eine Tonne oder ein Sortiersystem hinzu – und das ist gut so.

Höhere Anforderungen an die Haushalte führen hoffentlich auch dazu, dass jeder einzelne von uns sich mehr Gedanken über den eigenen Müll macht. Kann ich weniger Plastik verbrauchen? Muss ich immer so viele Essensreste wegwerfen? Kann ich weniger ausdrucken? Gibt es andere Lösungen, die weniger Abfall mit sich führen?

Die Verbraucher müssen außerdem neue Ansprüche an die Produzenten stellen – oder einfach durch ihre Einkäufe ein Signal setzen und zum Beispiel statt eingepacktem Gemüse und Obst unverpackte Ware kaufen.

Außerdem soll die Abfallentsorgung in ganz Dänemark vereinheitlicht wird. Das ist zwar ein Seitenhieb an die Kommunen, die auf diesem Gebiet bisher selbstständig handeln konnten, doch in diesen Klimazeiten – und in einem kleinen Land wie Dänemark – ergibt eine einheitliche Regelung Sinn. Wenn nicht jede Kommune ihr eigenes System erfinden muss, müssten dadurch eigentlich auch Einsparungen möglich sein.

In der Abfall-Kommunikation gibt es dagegen ganz klare Vorteile: Einheitliche Piktogramme verdeutlichen, was wo hingehört, egal ob man in Tondern oder in Kopenhagen lebt. Nationale Kampagnen können zielgerecht eine neue Abfallkultur beeinflussen, nach dem Motto „Hast du heute schon nichts weggeworfen?". Den Titel als Müll-Europameister sollten wir schnellstmöglich abgeben.

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