Leitartikel

„Prestige und Verantwortung“

Prestige und Verantwortung

Prestige und Verantwortung

Apenrade/Aabenraa
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Das erste verpflichtende Klimagesetz für Dänemark wird kommen, die Frage nach den Kosten für eine klimafreundliche Gesellschaft steht im Raum. Die Verhandlungen um das Gesetz ist eine der wichtigsten Aufgaben der heutigen Gesellschaft, findet Gwyn Nissen.

Dänemark bekommt erstmals ein verpflichtendes Klimagesetz. Die neue sozialdemokratische Regierung hat die Verhandlungen aufgenommen, um eines ihrer Wahlversprechen zu erfüllen. Eines ist sicher: Es wird schwierig, denn die Ambitionen sind hoch. Dänemark soll die Treibhausgase bis 2030 um 70 Prozent reduzieren. Zu schaffen ist es – aber wer solle dafür bezahlen?
Darüber streiten sich die Parteien bereits – und auch darüber, ob es überhaupt etwas kostet, eine klimafreundlichere Gesellschaft zu werden.

  Es reicht nicht, irgendetwas zu tun – wir müssen genug tun, sagen die Sozialdemokraten, die sich fünf Bereiche ausgesucht haben, um ihre Ziele zu erreichen: 500.000 „grüne“ Autos, fünf   Offshore-Windkraftanlagen, ein ambitionierter Einsatz für eine effizientere Energieversorgung, eine „grünere“ Landwirtschaft und eine nationale Waldstiftung.

Die  Regierung von Mette Frederiksen geht dabei ohne Vorschlag in die Verhandlungen. Was klug ist, denn somit signalisiert die Regierung, dass alles offen und angesprochen werden kann. Es besteht kein Zweifel, dass  es schwierig wird, den linken und den bürgerlichen Flügel unter einen Hut zu bekommen. Aber auch das ist eine Ambition der Regierung, denn  das Klimagesetz ist ein Prestigeprojekt der Regierung und von Mette Frederiksen  – wenn nicht das wichtigste Thema überhaupt.

Nur eine breite Mehrheit und Verankerung im Folketing wären ein Erfolg, denn nur so wäre das Klimagesetz auf lange Sicht haltbar. Genau das braucht das Klima: Lösungen, die jetzt und über Jahrzehnte hinweg greifen.

Bleibt die Frage, ob ein besseres Klima  auch eine Kostenfrage ist. Experten meinen, dass durch grüne Lösungen viel erreicht werden kann, ohne dass es extra kostet. Beziehungsweise, dass der Mehraufwand nur gering ist. So würde die Abschaffung fossiler Energiequellen jeden Bürger nur 150 Kronen monatlich kosten. Ist das teuer? Außerdem kann jeder selbst zu einem besseren Klima beitragen, indem weniger Lebensmittel verschwendet werden – das allein kostet jeden Dänen durchschnittlich 190 Kronen monatlich.

Also geht klimafreundlich zum Teil auch ohne Mehrkosten. Das ist nicht unwesentlich, denn eine Studie von Gallup für Berlingske Tidende zeigt, dass nur etwa 44 Prozent aller in Dänemark Lebenden mehr Steuern bezahlen würden, um Klimaprobleme zu lösen – im roten Block sind es 67 Prozent und im bürgerlichen Lager nur 24 Prozent.

Die Verhandlungen um das neue Klimagesetz sind aber nicht nur ein politisches Prestigeprojekt, das für Mette Frederiksen gelingen muss. Es ist auch eines der wichtigsten Aufgaben der heutigen Gesellschaft, denn es ist das Erbe, das wir  den kommenden Generationen hinterlassen. Und wer will in 20 Jahren vom Enkelkind  zu wissen kriegen, dass wir heute unverantwortlich und egoistisch gehandelt haben?

 

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