Leitartikel

„Provinz-Stereotype“

Provinz-Stereotype

Provinz-Stereotype

Nordschleswig/Sønderjylland
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Eine Serie im Fernsehen und ein Film im Kino sorgen gerade für Aufsehen. Die Provinz spielt in beiden die Hauptrolle, kommt aber nur in einem gut weg, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.

Was den Deutschen ihr Tatort ist, sind für die Dänen die Serien, die Sonntag um 20 Uhr bei Danmarks Radio ausgestrahlt (oder gestreamt) werden. „Rejseholdet", „Borgen", „Forbrydelsen", „Broen", „Krøniken", „Bedrag", „Livvagterne", „Arvingerne", „1864", „Herrens Veje" können fast – wie in den besten TV-Jahren – einen Großteil der Nation sammeln. Einige der Serien feierten sogar im Ausland Erfolge und holten internationale Preise.

Es gab hin und wieder aber auch Kritik – an Inhalten, Fakten und oft am Ton, weil vor der Kamera zu viel genuschelt wurde. Manchmal fühlen sich Leute allerdings auch gründlich auf die Füße getreten, so wie es im Augenblick der Fall ist mit „Fred til lands" („Frieden im Lande").

Der Unfrieden auf dem Lande spielt sich in einem kleinen Dorf auf Fünen ab. Auf den ersten Blick spielt die Serie in den 1980er Jahren: Die Autos sind alte Modelle, und die Kleidung ist unmodern, während die Häuser weit von Hygge, dänischem Design und der nordischen Leichtigkeit entfernt sind.

Spätestens beim modernen I-Phone in der Hand der Protagonisten wird einem jedoch klar, dass die Serie in der heutigen Zeit spielt. Und spätestens dann stellt sich auch die Frage: Warum muss die Provinz in Filmen und Serien immer wieder als ein hoffnungsloses dunkles Loch porträtiert werden? Kaum jemand auf Fünen lebt so, wie es in der Serie dargestellt wird.

Normalerweise würde ich an dieser Stelle zum Kopenhagen-Bashing ansetzen, doch Marie Østerbye, die das Manuskript verfasst hat, kommt aus dem jütischen Horsens. Trotzdem stört es und lenkt von einer ansonsten guten Serie ab.

Das ist ärgerlich.

Stattdessen können sich die Nordschleswiger über den neuen Film „Onkel" freuen. „In dem Film steckt nicht viel drin, doch das, was drinsteckt, ist reichlich – eine Offenbarung", schreibt der anerkannte Filmrezensent von Danmarks Radio, Per Juul Carlsen.

Das Besondere an dem Film: Er wird untertitelt. Nicht etwa, weil die Schauspieler nuscheln, sondern weil alle Dialoge auf „Synnejysk" gesprochen werden. Die meisten Schauspieler sind nämlich Laien aus der Umgebung von Lügumkloster.

Es ist der langsamste Film des Jahres, schreiben die Medien, und eine glaubwürdige Darstellung Nordschleswigs. Der Film hat bereits einen internationalen Preis gewonnen und erhält von allen Seiten Lob. Es geht also auch anders.

Das ist erfreulich.

 

   

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