Leitartikel

„Staatsministerin aller“

Staatsministerin aller

Staatsministerin aller

Nordschleswig/Sønderjylland
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Staatsministerin Mette Frederiksen (Soz.) möchte gerne die Ministerin der Kinder sein. Ihr Einsatz für vernachlässigte Kinder ist bemerkenswert und verdient Respekt. Aber Frederiksen darf nicht vergessen, dass sie Staatsministerin für alle ist, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.

Die dänische Staatsministerin Mette Frederiksen machte es bereits bei ihrem Antritt im Sommer deutlich: Sie sei die Ministerin der Kinder, und bei ihrer ersten Neujahrsansprache blieb sie dem Thema treu. Frederiksen sprach über die besondere Verantwortung Kindern gegenüber – besonders vernachlässigten Kindern.

Die dänische Regierungschefin will in Zukunft früher eingreifen, wenn der Verdacht besteht, dass Kinder vernachlässigt oder misshandelt werden. „Wenn ein Kind mit zwölf Jahren von seinen Eltern entfernt wird, dann waren es zuvor elf schlechte Jahre", sagte sie in ihrer Ansprache. Ihre Worte sind bemerkenswert, und ihre Fürsorge für die Kinder verdient Respekt und Anerkennung.

Was allerdings hängen bleibt, sind die Dinge, die unausgesprochen blieben. Mette Frederiksen ist eben nicht nur Staatsministerin für einige Tausende mit einer schwierigen Kindheit, sondern auch von Millionen von Kindern, die ein normales Leben führen und von Millionen von Erwachsenen, von denen einige soziale, gesundheitliche oder finanzielle Probleme haben. Auch sie haben ein Anrecht auf Aufmerksamkeit – und Antworten.

Es reicht nicht, die „Staatsministerin der Kinder" zu sein. Es stehen in diesem Frühjahr große politische Themen an, die mindestens genauso wichtig erscheinen wie die vernachlässigten Kinder.

Wie sieht es zum Beispiel aus mit einer Lösung für Arne? Der Fuglsang-Mitarbeiter war ein zentrales Bild der Wahlkampagne, doch die sozialdemokratische Regierung hat noch keine Lösung für den frühen Rückzug vom Arbeitsmarkt vorgelegt. Was schwebt den Sozialdemokraten im Gesundheitsbereich vor?  Wie sieht die Polizei der Zukunft aus? Und wie will Mette Frederiksen die ungerechte Verteilung der kommunalen Steuergelder lösen?

Auch eines der wichtigsten aktuellen Themen überhaupt, den Klima-Wandel, speiste sie mit wenigen Sätzen ab – und mit Eigenlob für Dänemark und ihre Regierung. Doch worauf müssen sich die Bürger des Landes einstellen? Was muss jeder von uns für das Klima leisten? Hierzu sagte Königin Margrethe in ihrer Ansprache fast mehr als Frederiksen.

Auf die Staatsministerin und ihre Partei wartet ein heißer Frühling mit schwierigen Verhandlungen. Gerade deswegen ist es verwunderlich, dass sie in ihrer ersten Neujahrsansprache nicht mehr politische Akzente gesetzt, sondern stattdessen ein Bild der fürsorglichen Mutter der Nation abgegeben hat. Sympathisch – aber im politischen Alltag geht es nicht um Sympathien, sondern um politische Lösungen für wichtige Fragen. Arne und viele andere warten weiterhin auf die lang ersehnten Antworten.  

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