Leitartikel

Und wieder wird die Angst geschürt

Und wieder wird die Angst geschürt

Und wieder wird die Angst geschürt

Apenrade/Aabenraa
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Foto: dpa (Symbolfoto)

Warum soll vor diesem Hintergrund nun die Erlaubnis erteilt werden, Pfefferspray zur eigenen Verteidigung zu kaufen? Weil es genau in das Bild passt, dass einige Landespolitiker gerne zeichnen wollen: Ihr seid in Gefahr, aber wir passen auf euch auf, meint Chefredakteur Gwyn Nissen.

Mal ehrlich: Dänemark ist nicht wirklich ein gefährliches Land. Auch wenn wir immer wieder von Überfällen, Messerstechern und Mördern hören und lesen: Dänemark ist im Großen und Ganzen ein friedliches Land, in dem es sich gut leben lässt. Auf dem Lande sicherlich noch ein wenig friedlicher als in der Großstadt – doch von denen gibt es hier ohnehin nicht viele.

Dennoch macht die Regierung jetzt den Vorschlag, dass es den Bürgern Dänemarks gestattet sein soll, sich in ihrem Zuhause  mit Pfefferspray zu bewaffnen.  Allerdings ist das Spray nur zur Notwehr gedacht – zum Beispiel bei Raubüberfällen. Ansonsten macht sich der Spray-Benutzer strafbar.

2016 gab es 226 Raubüberfälle in Eigenheimen. Die Anzahl hat sich seit 2009 halbiert. Die Menge der Einbrüche ist im gleichen  Zeitraum um 40 Prozent gefallen – von ca. 25.000 auf 15.000 – davon  etwas mehr als die Hälfte in Eigenheimen (allerdings mit etwas steigender Tendenz gegen Ende 2017). Das ist für Europa ziemlich hoch – hat aber vor allem damit zu tun, dass Haus- und Wohnungsbesitzer in Dänemark viel zu fahrlässig sind und ihre Heime nicht gut genug vor Einbrüchen sichern.

Warum soll vor diesem Hintergrund nun die Erlaubnis erteilt werden, Pfefferspray zur eigenen Verteidigung  zu kaufen?  Weil es genau in das Bild passt, dass einige Landespolitiker gerne  zeichnen wollen: Ihr seid in Gefahr, aber wir passen auf euch auf.

Sie schüren die Angst und wollen durch Entscheidungen wie das Pfefferspray-Gesetz Handlungskraft zeigen. Statt den Wählern zu erklären, dass sie privilegiert sind, in einem friedlichen Land wie Dänemark zu leben.

Mit der Entscheidung, dass sich die Bürger Dänemarks zu Hause mit Pfefferspray verteidigen dürfen, überschreitet die Politik eine Grenze: Dass sich Hausbesitzer mit einer Waffe verteidigen dürfen.
Ja,  Pfefferspray ist eine Waffe. Und:  Pfefferspray (unter dem Kissen?) ist keine Garantie, dass man sich gegen einen Raubüberfall  oder Einbruch im eigenen Haus wehren kann. Es könnte sogar dazu führen, so lautet es aus Polizeikreisen,   dass  eine solche Situation eskaliert.

Furcht macht uns immun den Fakten gegenüber, sagt der Soziologe Michel Hviid Jacobsen zu Politiken. Unsere Landespolitiker dagegen sollten aber in der Lage sein,die Situation richtig einzuschätzen. Und uns die Angst zu nehmen, statt sie zu schüren.

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