Leserinnenbeitrag

„Hugo, der unbekannte Freund“

Hugo, der unbekannte Freund

Hugo, der unbekannte Freund

Andrea Kunsemüller
Nordschleswig
Zuletzt aktualisiert um:
Ein Schweinswal in seinem Element (Archivbild) Foto: Miljøstyrelsen

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In ihrem Beitrag erzählt Andrea Kunsemüller von einer ganz besonderen Bekanntschaft, die sie seit Jahren suchende Blicke auf das Wasser vor ihrer Haustür werfen lässt.

Im Winter ist der Norden eine Region, wo kein Mensch leben kann, sagt ein guter alter Freund, der ein Haus in Südfrankreich besitzt.

Im Sommer aber!

Dieser Sommer war groß und herrlich. Unser Grundstück liegt direkt an der Flensburger Förde, wir haben eine Badebrücke und gehen so oft wie möglich ins Wasser. Das Wasser ist mitunter erschreckend kalt, doch es weist uns auf Tiefe, In-sich-Gehen und Unbekanntes hin. Wasser ist so alt wie das Leben auf der Erde. Wasser trägt ein Stück Unendlichkeit in sich.

Vor vielen Jahren lernte ich einen Sufi kennen, der das ursprüngliche Wasser suchte, so wie es gedacht war. Ob er es fand?

Wir lieben das Wasser. In diesem Jahr gab es dank der Klimaveränderungen viele Tage, an denen kein Windhauch wehte. Die See war spiegelglatt. Wenn wir Glück hatten, waren nur unsere Schwimmstöße zu hören. Ab und zu kam die Fahrradfähre Rødesand vorbei. Wir wussten dann, wie spät es ist. Wir beiden alten Leutchen saßen nach dem Baden auf der windschiefen Bank, schauten über das Wasser und sinnierten über das Leben. Der Kater Rocco wollte teilhaben, tanzte auf den Steinen und fiel fast ins Wasser. Wir lachten.

Ich habe einen Freund im Wasser, der mir unbekannt und nah und fern zugleich ist. Ich nenne ihn Hugo. Seit einigen Jahren kenne ich ihn. Er ist ein Schweinswal, und mitunter sucht er Futter direkt vor unserem Haus, natürlich in gebührender Entfernung, oder seine Rückenflosse bewegt sich zielstrebig in Richtung Brücke. Ein menschlicher Freund, der dort taucht, sagt, dass sich die Schweinswale dort treffen, um zu spielen. Er hört sie und sieht sie. Ich beneide ihn.

Glück gehabt, wir Menschen, wenn wir dies erleben und ein wenig begreifen, welches Glück das ist angesichts von Kriegen, Alter und Tod und Klimaveränderungen, die auch uns bedrohen. Wir ahnen, wie fragil das Glück ist.

Hugo, mein unbekannter Freund, ist fremd und doch vertraut. Er ist ein kleines, großes Wunder. 

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