Leitartikel

„Nicht ganz so sicher“

Nicht ganz so sicher

Nicht ganz so sicher

Nordschleswig/Sønderjylland
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Verschafft mehr Überwachung mehr Sicherheit? Und welchen Preis zahlen die Bürger dafür? Chefredakteur Gwyn Nissen zum Sicherheitspaket der neuen Regierung.

Mehr Polizeihunde, mehr Drohnen, mehr Grenzkontrollen, höhere Strafen, mehr Videoüberwachung und mehr Befugnisse für die Polizei. Die sozialdemokratische Regierung reagiert nun auf die Verunsicherung in der Bevölkerung. Neue Regierung – neuer Tatendrang? Mag sein, aber es ist eine Überreaktion.

Schon in ihrer Eröffnungsrede im Folketing zeichnete die Staatsministerin ein düsteres Bild der dänischen Gesellschaft: Fehlendes Vertrauen und Unsicherheit würden das heutige Dänemark prägen. Den Kinderwagen könne man nicht mehr unbeaufsichtigt vor dem Café abstellen.     

Also müsse die Regierung handeln und tue dies nun mit einem „Sicherheitspaket“. Von den 16 Initiativen ergeben einige Sinn, aber in der Masse ist es eine wesentliche Richtungsänderung, die darauf schließen lässt, dass Dänemark und die Dänen massiv bedroht sind.

So erleben die meisten von uns jedoch den Alltag nicht. Danmarks Radio hatte vor der Eröffnungsrede die Leser von dr.dk gefragt, welche Wörter die Regierungschefin am häufigsten nutzen werde. 34 mal sagte sie „Vertrauen“, doch bei den Lesern war das Wort nicht einmal unter den Top 10. Haben die Bürger vielleicht ein realistischeres Bild von der Situation als ihre Politiker?

Es mag sein, dass es in Teilen Dänemarks Probleme gibt. Aber dann sollte dort gezielt eingesetzt werden – zum Beispiel gegen die Rockergruppierungen oder den Terror. Es ist zwar manchmal eine schwierige Balance, die notwendigen Maßnahmen gegen Kriminelle zu finden, ohne gleich die gesamte Bevölkerung zu überwachen und zu verdächtigen. Aber es muss versucht werden, denn die große Mehrheit der in Dänemark lebenden Menschen ist nicht kriminell und erlebt auch keine schwerwiegende Kriminalität.

Die Politiker müssen für unseren Schutz sorgen – und wir selbst übrigens auch. Aber es gibt in Dänemark 2019 keinen Grund, Angst zu haben, und daher auch keinen Grund, von politischer Seite die Angst zu schüren, um noch mehr Unsicherheit zu verbreiten. Leider schlägt auch die neue Regierung in genau diese Kerbe.

Dänemark ist weiterhin eine Vertrauensgesellschaft, und wir müssen dafür wahrhaftig auch was tun. Vor allem müssen wir allerdings die Ruhe und den Realitätssinn bewahren, statt in Misstrauen zu verfallen.

Wie viel Sicherheit steckt wirklich in dem millionenschweren Sicherheitspaket? Und worauf vertrauen wir, wenn es nicht besser wird? Und was wollen wir dann? Noch mehr Polizeihunde, noch mehr Drohnen, noch mehr Grenzkontrollen, noch höhere Strafen, noch mehr Videoüberwachung und noch mehr Befugnisse für die Polizei?

 

 

 

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