Heimatkunde

Einstiger Wallfahrtsort steckt voller Heimatgeschichte

Einstiger Wallfahrtsort steckt voller Heimatgeschichte

Einstiger Wallfahrtsort steckt voller Heimatgeschichte

Hellewatt/Hellevad
Zuletzt aktualisiert um:
Die mittelalterliche Kirche Hellewatts war Treffpunkt der Heimatkundler. Foto: Volker Heesch

Die Heimatkundliche Arbeitsgemeinschaft für Nordschleswig (HAG) durchstreifte interessante Dörfer und historische Plätze in Hellewatt. Es warteten viele Höhepunkte auf die zahlreichen Teilnehmer.

Eine Nachmittagsfahrt der Heimatkundlichen Arbeitsgemeinschaft für Nordschleswig (HAG) durch Dörfer und zu historischen Orten  mit dem einstigen Wallfahrtsort Hellewatt als Ausgangspunkt verknüpft mit interessanter Heimatgeschichte erlebte die Teilnehmerschar am vergangenen Sonnabend. Der HAG-Vorsitzende Lorenz P. Wree und Vorstandskollegin Gisela Jepsen hatten die Tour in eine eher unbekannte und unterschätzte  Ecke Nordschleswigs vorbereitet.

Ein erster Höhepunkt war der Besuch in der Hellewatter Kiche, die im romanischen Stil im Mittelalter erbaut schon einen bereits 1118 erwähnten hölzernen Vorgänger hatte. „Es gab an diesem Ort davor bereits eine vorchristliche Anbetungsstelle“, so Wree, der zum Ortsnamen berichtete, dass dieser Beziehung zu den einstigen Furten durch die Rothenau/Rødå und den Sauerbeck/Surbæk hat. Der erste Teil des Namens, „Helle“, werde als Hinweis auf die einst von Wallfahrern am Ort aufgesuchte Heilquelle oder als die Lage auf einer „Helle“ zwischen den beiden Fließgewässern gedeutet.

 

Der Altar der Hellewatter Kirche mit beeindruckenden Schnitzereien und spätgotischen Kielbögen, Erinnerung an die Heiligenverehrung Foto: Volker Heesch


In der Kirche bewunderten die Heimatkundler  den spätgotischen Altar, der an die Religiosität in der Zeit  vor Einführung  der  Reformation in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts erinnert. Lorenz P. Wree gab Hinweise zu den Besonderheiten des Altars der  Laurentius-Kirche und den 14 Nothelfer-Figuren eines anderen Altars, den die nach Hellewatt angereisten Wallfahrer  im Rahmen  eines Ende des 15. Jahrhunderts  verbreiteten Kultes angebetet haben. „Jeder Nothelfer hatte seine Zuständigkeit“, so Wree.


Er ging auch auf den berühmten Hellewatter, den 1554 als Sohn des örtlichen Pastors Hans Nissen geborenen  Niels Hansen ein. Dieser ließ seinen Namen lateinisieren zu Nicolaus Helduarius und nannte sich später Niels Heldvad nach seinem Heimatort. Wree berichtete über einen erstaunlichen Lebensweg und umfangreiches schriftstellerisches Wirken Helvads, der sich als Schleswiger bezeichnete und deutsch und dänisch einschließlich des örtlichen Sønderjysk sprach. Nach Schulbesuch in Flensburg, Lüneburg und Riga wurde er nach dem Theologiestudium in Rostock  Nachfolger des Vaters in Hellewatt.

Ein Stein im Wald erinnert an die Heilquelle bei Hellewatt. Einst suchten die Menschen die Stelle auf, um bei Genuss des Wassers Heilung von Krankheiten zu bekommen . Foto: Volker Heesch

 


Wree berichtete über Verwicklungen Heldvads in Glaubenskonflikte  im damaligen Herzogtum Schleswig-Gottorf zur Regenschaft Herzog Johann Adolfs, der calvinistische Strömungen förderte. Der Hellewatter Pastor, der bereits als Autor von Vorhersagen und astronomisch-astrologischen Schriften bei einflussreichen Adligen und sogar König Christian IV. Aufmerksamkeit erlangt hatte, wurde als Gemeindepastor abgesetzt und musste ins königliche Hadersleben fliehen. Er gelangte ins Umfeld des Königs, der ihm eine Karriere als Hofkalendarius eröffnete – und ein umfangreiches Wirken als Autor vielbeachteter  Schriften. Begraben wurde er in Kopenhagen eine Rückkehr ins geliebte Hellewatt blieb ihm versagt.


Die Heimatkundler besuchten bei einer Wanderung über den Schweilunder Höhenzug  u. a. die einstige Heilquelle, die Teil des Wallfahrtbetriebes war, und auch Thema in den Erinnerungen Hans Friedrich Hansens (1860 - 1942) sind, die nach Veröffentlichung in den HAG-Schriften auch „Leitfaden“ der Tagesfahrt nach Hellewatt und Umgebung waren.

Vom Aussichtsturm, errichtet auf dem Schweilunder Höhenzug im Rahmen einer EU-geförderten Initiative zur Förderung des ländlichen Raums um Hellewatt, ließ sich die Gegend überblicken. Foto: Volker Heesch

 


Ein weiterer Höhepunkt war der Besuch in der Hellewatter Mühle, über deren bis ins Mittelalter zurückreichende  Geschichte Inhaberin Elsebeth Junker  berichtete. Die HAG-Gruppe wurde mit prima Kuchen aus der Küche des Ökohofes bewirtet. Der Hof von 1886 hat ein neues  Betriebsgebäude  mit Stromgenerator, Mühle, Meierei und Milchwirtschaft erhalten.

Die Inhaberin, die  mit ihrem Mann Bjarne Boesen  auch Urlaub auf dem Bauernhof und Reiterferien  anbietet, ist in der Mühle aufgewachsen, die 1954 von ihrem Großvater erworben wurde.  
Zum Abschluss wurden Stationen in Schweilund, Green und Klautoft besucht, die in den Erinnerungen Hans Friedrich Hansens vorkommen.

Über die 1786 erbaute Brücke über den Sauerbeck führte einst der Nord-Süd und der Ost-West-Verkehr bei Schweilund Stock. Foto: Volker Heesch
Mehr lesen

Leitartikel

Anna-Lena Holm
Anna-Lena Holm Hauptredaktion
„Vertrauenskrise in den Medien“