Gartenarchitektur

Seltener Blick hinter hohe Parkmauern

Seltener Blick hinter hohe Parkmauern

Seltener Blick hinter hohe Parkmauern

Apenrade/Aabenraa
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Der Garten des Hauses Lensnack bietet auch viele eher naturbelassene Bereiche. Foto: Karin Riggelsen

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40 Mitglieder des Apenrader Gartenkreises erhielten kürzlich eine Führung über das weitläufige Gelände des Hauses Lensnack.

Der Familie Jebsen ist das Privatleben heilig; umso glücklicher war der Vorstand des Apenrader Gartenkreises (Aabenraa Havekreds), dass eine Anfrage auf Besichtigung des Außengeländes des Hauses Lensnack an der Apenrader Förde angenommen wurde.

„Eigentlich kam der Vorstand mit seiner Anfrage uns zuvor. Wir hatten nämlich hausintern davon gesprochen, den Garten im Rahmen von ,Havens Dag‘ für Publikum zu öffnen“, verrät der studierte Landschaftsarchitekt Niels Mellergaard.

Die Initialen im Gartentor stehen für Jacob Jebsen. Er gab die Villa bei Baumeister Anton Huber in Auftrag. Das Bild zeigt die Vorsitzende des Apenrader Gartenkreises, Tove Bøttcher, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu dieser besonderen Gartenbesichtigung begrüßte. Links neben ihr steht Schlossgartenchef Niels Mellergaard und etwas verdeckt rechts der Gärtner Felix Pedersen. Foto: Karin Riggelsen

Als Schlossgartenchef war er unter anderem für die Anlage des Küchengartens am Schloss Gravenstein (Gråsten Slot) zuständig und hat für das Jebsen-Unternehmen „Stenbjerg Ejendomme“ nun die Aufgabe übernommen, den Garten der Apenrader Prachtvilla auf Vordermann zu bringen.

Großes Interesse

Mellergaard persönlich – unterstützt von Gärtner Felix Pedersen – nahm die Interessierten am Eingangstor in Empfang.

Ein relativ steiler Kiesweg führt vom Gartentor zum Haus Lensnack. Foto: Karin Riggelsen

„Die 40 Plätze waren im Nu vergriffen“, erzählt die Vorsitzende des Gartenkreises, Tove Bøttcher. „Wir mussten ganz vielen absagen.“ Die Jebsen-Villa, die heute eigentlich nur für repräsentative Zwecke genutzt wird, kennen die meisten nur von der Wasserseite. Durch das Gartentor ist die originalbelassene Jugendstilvilla nämlich gar nicht zu sehen.

Ein erster Blick auf das Gebäude ist erst nach rund 100 Metern auf dem merkbar ansteigenden Kiesweg möglich. Dass übrigens kein bequemer Gehweg von dem Gartentor zur Villa führt, sei voll beabsichtigt und nicht etwa vergessen worden, wie Niels Mellergaard betont. „Die Herrschaft ließ sich zum Haus chauffieren“, so die Erklärung.

Entworfen von Anton Huber

Die Zeichnungen für die 1909 und 1910 gebaute Prachtvilla lieferte der damals äußerst namhafte Baumeister Anton Huber. Bauherr war seinerzeit Jacob Jebsen (1870-1941).

„Das Besondere an diesem Projekt ist, dass Haus und Garten eine Einheit bilden. Es handelt sich quasi um ein Gesamtkunstwerk“, so Mellergaard.

Das Haus Lensnack steht seit 2008 unter Denkmalschutz. Foto: Karin Riggelsen

Der gigantische Garten erstreckt sich über sieben Hektar. „Er ist ein Exponent des sogenannten Reformstils. So gibt es Elemente des Barock, der Renaissance, der englischen Herrensitze und auch reichlich nahezu naturbelassene Abschnitte. – Jeder Bereich hat seine eigene Identität“, berichtet der studierte Gartenbauarchitekt.

„Greatest Hits“ der Gartenarchitektur

„Man könnte es als eine Art ,Greatest Hits‘ der Gartenarchitektur bezeichnen. Es wurde das Beste der unterschiedlichen Epochen genommen und auf diesem Grundstück auf schönste Weise zusammengefügt“, kann Mellergaard seine Begeisterung über seine reizvolle Aufgabe an der Apenrader Förde nicht verhehlen.

Huch, was ist denn das? Gibt es im Lensnack-Garten Trolle? Foto: Karin Riggelsen

Mellergaard begann seine Führung auf einem kreisrunden, schattigen Platz, umgeben von Lindenbäumen. Von der dortigen weißen Bank konnten die Gäste ihren Blick über die Förde in die Ferne schweifen lassen. „Wahrscheinlich war es vom Architekten geplant, dass die Linden in Form geschnitten sein sollten. Das hat Felix aber nicht getan“, sagt der Schlossgartenchef augenzwinkernd mit Blick auf den Gärtner des Anwesens, während er selbst die Baumriesen hinaufschaut. „Seine Vorgänger haben das aber allerdings wohl auch nicht gemacht“, fügt er hinzu.

Viele der Bäume im Garten sind über 100 Jahre alt und wurden Anfang des 20. Jahrhunderts dort eigens gepflanzt. Foto: Karin Riggelsen

Ein ungenutztes Gartentor

Von der Terrasse der Villa führt ein Hang hinunter an die Förde. Es gibt jedoch keinen direkten Zugang, auch wenn dort ein schönes schmiedeeisernes Gartentor steht. Es ist nur Zierde. Eine hohe Hecke versperrt den Weg, aber nicht die Aussicht von der Terrasse auf die wunderschöne Förde – und den nicht ganz so schönen Enstedter Hafen.

Der terrassierte Garten dort hat Elemente aus dem Barock und der Renaissance.

Von dort führen geschlungene Pfade durch ein romantisches Wäldchen – das Plätschern eines Rinnsales vervollkommnet das Bild – hin zu der früheren Obstbaumwiese.

Ein – künstlich angelegter – Rinnsal sorgt im wildromantischen Bereich des Lensnack-Gartens für die passende Geräuschkulisse. Foto: Karin Riggelsen

Skulpturen entdecken

Auf dem Weg durch den Garten gibt es immer wieder Skulpturen verschiedener Epochen und Stilarten zu entdecken. Einige stammen sicherlich noch aus der Zeit Jacob Jebsens; andere wie zum Beispiel die Skulptur Yin & Yang  hat der jetzige Besitzer und Enkel des einstigen Bauherren, Hans Michael Jebsen, 2012 angeschafft. Dieses Kunstwerk hat Prinz Henrik (1934-2018) geschaffen, als dieser noch offiziell den Titel Königliche Hoheit trug.

Diese Skulptur heißt Yin & Yang und wurde von Prinz Henrik geschaffen. Foto: Karin Riggelsen

Auch wenn viele Teile des Gartens so belassen sind, wie sie seinerzeit vom Architekten geplant wurden, so hat die Familie über die Jahre mit viel Feingefühl eigene Ideen eingebracht und umgesetzt.

2009 entstand ein Gedenkgarten

Die neueste Errungenschaft ist ein sogenannter Gedenkgarten. Eine Kirschbaumallee führt dorthin. „Dieser Bereich ist erst 2009 entstanden und auch noch nicht ganz fertig. Es wurden alte Obstbäume aus anderen Bereichen des Gartens dorthin verpflanzt und in Spalierform beschnitten“, erläuterte Niels Mellergaard dieses Projekt.

Eine Kirschbaumallee führt zum Gedenkgarten der Familie Jebsen. Foto: Karin Riggelsen

Ganz normale Probleme

Auf dem Weg zurück Richtung Villa verwundert die Gartengäste, dass einige Bereiche des Gartens selbst auf dem hoch gelegenen Gelände nach den vielen Tagen mit Niederschlägen matschig und tief waren. „Es ist sogar so feucht, dass einige Baumsorten hier nicht wirklich wachsen können. Insbesondere die Nadelbäume haben mit dem feuchten Boden zu kämpfen. Allerdings zeigt die Erfahrung, dass die Überlebenschancen dieser Bäume besser sind, wenn sie auf einer Art Warft angepflanzt werden, indem wir also künstlich etwas Erde anhäufeln. Dann stehen sie zumindest in der Anfangszeit nicht mit den ,Füßen’ direkt im Wasser“, erläutert Niels Mellergaard die Methode an einem Beispiel.

Auch in diesem besonderen Garten hat der Gärtner mit ganz normalen Problemen zu kämpfen. Dieser Baum ist zum Beispiel abgestorben. In einem öffentlich zugänglichen Park wäre der Baum schon längst der Motorsäge zum Opfer gefallen – allein schon wegen der Umsturzgefahr. Weil es sich jedoch um einen Privatgarten handelt, kann der Baum bleiben. Auch die Vergänglichkeit habe ihre Schönheit und ihren Reiz, wie Schlossgartenchef Mellergaard unterstreicht. Foto: Karin Riggelsen

Gesundes Sorgenkind

Zum Abschluss führte er die Hobbygärtner zu einem „Sorgenkind“. Auf den ersten Blick sieht die Pergola, die von der Villa zu einer überdachten Terrasse führt, keineswegs wie etwas aus, um das man sich Sorgen machen sollte.

Der Blauregen rankt sich skulpturartig an den Pfosten und scheint zudem äußerst gesund und kräftig zu sein. Genau da liegt auch das Problem.

Die Pergola droht unter der Last des kräftigen Blauregens einzustürzen. Foto: Karin Riggelsen

Der Blauregen ist einfach über die Jahre zu schwer geworden. Die Pergola droht einzubrechen, wenn die Pflanzen nicht stark beschnitten werden. „Das ist super schade, und es tut uns allen auch in der Seele weh, aber es muss sein“, bekundete Mellergaard den Gästen.

Durch einen Rosengarten mit ganz wenig Rosen endete die Führung dann auf der Terrasse der Villa mit einem Glas kühlen Weißwein oder Apfelsaft – nach Wahl.

Rehe haben große Teile der Rosenzucht gefressen. Foto: Karin Riggelsen

Rosengarten (fast) ohne Rosen

Dass der (englische) Rosengarten kaum Rosen hat, ist einem Loch im Zaun geschuldet. Rehe hatten sich in den Garten verirrt und ausgerechnet mit großem Appetit die Rosen verzehrt. „Der Zaun ist inzwischen repariert. Allerdings hatte man nicht darauf geachtet, dass sich einige Tiere noch auf dem Gelände befanden. Da keine Jagdsaison herrschte, musste der Zaun wieder geöffnet werden. Erst als alle drei Rehe draußen waren, wurde der Zaun wieder geschlossen“, erzählte Niels Mellergaard den staunenden Gästen abschließend eine kleine Geschichte aus dem wirklichen Gärtnerleben. Die Wiederherstellung des Rosengartens gehört zu den Projekten, um die er sich demnächst kümmern wird.

Auf ausdrückliches Geheiß des jetzigen Besitzers des Hauses Lensnack wurde den Teilnehmern der Gartenbesichtigung auf der Terrasse ein kühles Getränk kredenzt. Foto: Karin Riggelsen
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