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Nach Oslo-Anschlag: „Das ist ein Rückschritt“

Nach Oslo-Anschlag: „Das ist ein Rückschritt“

Nach Oslo-Anschlag: „Das ist ein Rückschritt“

Apenrade/Aabenraa
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Lisa-Marie Marschallek setzt sich für die LGBT+-Bewegung ein. Foto: Karin Riggelsen

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Zwei Tote und 21 Verletzte: So lautet die Bilanz eines Anschlags auf Menschen der LGBT+-Bewegung, der kürzlich in Oslo stattfand. Die Apenraderin Lisa Marie Marschallek hat in den Medien davon erfahren. Neben der Trauer erwachte jedoch auch ihr Kampfgeist, wie sie im Gespräch mit uns berichtet.

Vor wenigen Tagen kam die Nachricht aus Oslo, dass dort ein Attentäter zwei Menschen getötet und 21 verletzt hat. Wie sich schnell herausstellte, war die Tat politisch motiviert und richtete sich gegen homosexuelle Personen.

Am Tag nach dem Attentat, das in einem Nachtclub stattfand, sollte die „Pride-Parade“ durch die norwegische Stadt ziehen. Die Veranstaltung wurde kurzfristig abgesagt. Die LGBT+-Szene war und ist geschockt.

Unterstützung für Osloer Opfer und Beteiligte

Eine Welle der Solidarität durchzog unter anderem die sozialen Medien, aus denen auch Lisa-Marie Marschallek von dem Anschlag erfuhr. Lisa-Marie ist Teil der Apenrader LGBT+-Bewegung und ist Mitveranstalterin der Pride in der Fördestadt. „Erst konnte ich gar nicht richtig fassen, was sich dort abspielte. Menschen, die an der Veranstaltung teilnehmen wollten, haben Videos auf ,TikTok‘ gepostet und berichten darin, wie sie sich fühlen und was Schreckliches passiert sei“, berichtet sie.

Begriffsdefinitionen – Pride

Queer: Das Wort ist ein Anglizismus und ein Begriff für Personen, die sich nicht mit der heteronormativen Norm identifizieren. Er kann mit „seltsam“ oder „sonderbar“ übersetzt werden und wurde in der Vergangenheit abwertend benutzt. Mit der Aids-Bewegung haben die queeren Menschen den Begriff jedoch aufgewertet und nutzen ihn nun, um sich selbst zu bezeichnen.

Heteronormativität: Das ist eine Weltanschauung, die nur zwei Geschlechter (männlich und weiblich) und heterosexuelle Beziehungen anerkennt.

Nicht-binär: Weicht vom traditionellen Modell der zwei Geschlechter ab. Ein Begriff, mit dem sich Menschen definieren, die sich weder ausschließlich als Frau noch ausschließlich als Mann fühlen.

LGBTIQ+: Diese Abkürzung steht für Lesbian, Gay, Bisexual, Trans*, Intersexual, Queer und Plus. Das Plus steht für alle anderen Menschen, sie sich diesen Begriffen nicht zuordnen. Das Kürzel wurde im Laufe der Jahre ergänzt und ausgebaut, es gibt verschiedene Varianten.

Sexuelle Orientierung: Die sexuelle Orientierung gibt an, zu wem man sich emotional und sexuell hingezogen fühlt. Dazu zählen unter anderem die Homosexualität, Bisexualität oder auch die Pansexualität.

Transgender: Oberbegriff für alle Menschen, deren Geschlechtsidentität (teilweise) nicht dem ihnen körperlich zugeordneten Geschlecht entspricht.

FLINTA: Frauen, Lesben, Inter-Personen, nichtbinäre Menschen, Transsexuelle und Agender.

Zuerst seien Trauer und Mitleid für die Opfer sowie für diejenigen, die den Angriff miterleben mussten, die Gefühle, die bei Lisa-Marie an die Oberfläche kamen. „Das empfinde ich auch immer noch“, sagt die junge Frau, „doch es ist auch der Kampfgeist erwacht“, fügt sie hinzu.

Es ist ein Rückschritt im Kampf für Gleichberechtigung und Akzeptanz von LGBT+-Menschen.

Lisa-Marie Marschallek

„Es ist ein Rückschritt im Kampf für Gleichberechtigung und Akzeptanz von LGBT+-Menschen“, erklärt sie. Und das ist es, wofür sie sich schon seit einigen Jahren – auch mit der Pride – einsetzt. „Das war ein Angriff auf unsere Community und so etwas darf es nicht mehr geben“, findet sie.

Der Anschlag habe ihr erneut bewusst gemacht, dass es den Hass gegen LGBT+-Menschen jedoch immer noch gibt. Und das gar nicht weit entfernt. „Es ist eben noch nicht alles gut, auch wenn es in Dänemark schon besser geworden ist. Das hat mir die Tat in Oslo gezeigt“, sagt Lisa-Marie Marschallek. In Dänemark seien es eher die versteckten Feindlichkeiten gegenüber den Leuten aus der Szene, meint sie. „Doch wer kann schon in die Menschen hineinschauen?“, fragt sie. „Ein solcher Gewaltakt kann auch hier passieren“, glaubt sie, denn „wir können nicht wissen, wo und was bei einem Menschen schiefgegangen ist, der uns gegenübertritt“.

Spürbare Folgen des Anschlags

Die Absage der Osloer Pride-Parade ist für Lias-Marie eine nachvollziehbare Entscheidung. „Und ich denke, wenn die Apenrader Pride zeitlich nach der Veranstaltung in Oslo gewesen wäre, dann wäre das auch bei uns spürbar gewesen“, sagt sie. „Vielleicht hätte es eine Schweigeminute gegeben. Ich bin aber sicher, dass die Stimmung nicht die gleiche gewesen wäre.“

Das Geschehen wird Teil der Veranstaltung sein und vielleicht für lange Zeit einen Schatten darauf werfen, denn vergessen dürfen wir solche Taten auch nicht.

Lisa-Marie Marchallek

Ähnlich denkt sie auch über die Zukunft der Pride in Oslo. „Das Geschehen wird Teil der Veranstaltung sein und vielleicht für lange Zeit einen Schatten darauf werfen, denn vergessen dürfen wir solche Taten auch nicht“, so die junge Frau.

Doch eines ist für Lisa-Marie sicher: „Wir müssen weiterhin für die Gleichberechtigung kämpfen!“

 

Pride-Parade

Gay Pride, auch LGBT-Pride (oder einfach nur Pride) ist ein Begriff, der aus der Lesben- und Schwulenbewegung stammt, um den selbstbewussten bzw. selbstachtenden und damit stolzen Umgang mit der eigenen sexuellen Identität zu beschreiben. Stolz wird im Sinne eines „gegen andere an den Tag gelegtes Selbstgefühl seines Wertes“ verwendet. Also in Bezug darauf, so zu sein, wie man ist, sich nicht vor anderen verstecken oder sich für andere verstellen zu wollen und gegebenenfalls für seine Rechte einzutreten. 

Die Idee des Stolzes auf das eigene So-Sein ist auch bei anderen gesellschaftlichen Minderheiten anzutreffen, so zum Beispiel in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung.

Pride wird auch als Kategorie oder Namenszusatz für Publikationen und Veranstaltungen verwendet, die diese Selbstachtung politisch oder kulturell öffentlichkeitswirksam ausdrücken. Am bekanntesten sind dabei die Pride-Paraden, bei denen in Demonstrationszügen Sichtbarkeit für LGBT* geschaffen werden soll.

Quelle: Wikipedia

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