Sexuelle Identität

Pride 2.0: Es gibt immer noch Aufklärungsbedarf

Pride 2.0: Es gibt immer noch Aufklärungsbedarf

Pride 2.0: Es gibt immer noch Aufklärungsbedarf

Apenrade/Aabenraa
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Hunderte Menschen haben 2021 an der Apenrader Pride-Veranstaltung teilgenommen. (Archivfoto) Foto: Karin Riggelsen

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Das Apenrader Pride-Event, das im vergangenen Sommer stattfand, war ein großer Erfolg, an den die Veranstalter auch dieses Jahr anknüpfen wollen. Zwar finde die LGBT-Bewegung mehr Anerkennung als je zuvor, doch haben LGBT-Menschen immer noch Angst vor Übergriffen. Und daran müsse gearbeitet werden, sagt eine Mitveranstalterin.

„LGBT+-Menschen werden immer noch diskriminiert, sie werden schief angeschaut und manchmal sogar verbal und körperlich angegriffen“, berichtet Lisa-Marie Marschallek. Sie ist eine der fünf Freiwilligen, die die zweite Ausgabe der Apenrader Pride-Veranstaltung organisieren, die im Juni stattfindet.

Lisa-Marie Marschallek hat die Deutsche Schule Pattburg und die Deutsche Schule Tingleff besucht. Foto: Karin Riggelsen

„Wir machen damit auf uns und unsere Probleme aufmerksam“, erklärt Marschallek. Die 25-Jährige engagiert sich seit dem Sommer des vergangenen Jahres bei „Aura Apenrade“, einem Verein für LGBT+-Menschen, der auch das Apenrader Pride-Event veranstaltet. „Ich weiß von jungen homosexuellen Männern, die sich nicht trauen, sich gemeinsam mit ihrem Freund in der Öffentlichkeit zu zeigen, weil sie Angst haben. Sie haben Angst, angegriffen zu werden. Und das darf nicht sein“, ist die Apenraderin überzeugt.

Bunt ging es auf der Apenrader Pride zu. Foto: Karin Riggelsen

Sie ist selbst bisexuell, wie sie unumwunden zugibt. Und sie stehe auch offen dazu, sagt sie. Aber das könnten nicht alle, vor allem Männer aus der LGBT+-Bewegung betreffe das. „Es gibt uns gegenüber eben immer noch Vorurteile“, so Lisa-Marie Marschallek.

Der jungen Frau ist zwar bewusst, dass es in Dänemark viel liberaler zugeht als in anderen Ländern, doch „heißt das ja nicht, dass wir den Status quo beibehalten müssen. Es muss normal werden, LGBT+ zu sein“, findet sie.

Und der Pride soll dabei helfen. „Wir wollen so sein können, wie wir es wollen und das auch zeigen dürfen“, so das erklärte Ziel.

Lisa-Marie Marschallek sind Unterschiede zwischen den ländlichen Gebieten und den Großstädten aufgefallen. Foto: Karin Riggelsen

Ihr sei aufgefallen, dass die Akzeptanz von LGBT+-Menschen in den Großstädten größer ist. „In Nordschleswig ist man weniger verständnisvoll. Es sind mehr Vorurteile vorhanden, die wir abbauen wollen“, sagt die Bürofachangestellte.

Gemerkt habe sie das bei der Pride im vergangenen Jahr. „Es gab vor allem in der Fußgängerzone Menschen, die wenig begeistert über uns waren. Das war in ihren Gesichtern zu lesen. Und das ist schade, denn wir sind Menschen wie alle anderen auch“, sagt sie und erklärt, dass „deshalb immer noch Aufklärungsarbeit notwendig ist“ und sie sich darum entschlossen habe, bei Aura Apenrade mitzumachen und mit vier anderen Freiwilligen den Apenrader Pride zu organisieren.

Mit einem fröhlichen Umzug machen die LGBT+-Personen auf ihr Anliegen aufmerksam. Foto: Karin Riggelsen

Aura

Aura ist eine Gemeinschaft für junge LGBT+-Personen bis 18 Jahre. Der Verein bietet Freiräume, um ohne Vorurteile so sein zu können, wie man es möchte, und um sich mit Gleichgesinnten zu treffen, heißt es auf der Aura-Internetseite.

Aura ist ein Jugendprojekt, das LGBT+-Danmark entwickelt hat, um jugendlichen LGBT+-Personen unter 18 Jahren einen geschützten Freiraum zu schaffen. Vorurteile jeglicher Art haben dort keinen Platz. Jede(r) bekommt die Möglichkeit, die eigene Identität auszuleben. Alle Menschen haben das Bedürfnis, sich in jemandem zu spiegeln. Das gilt natürlich auch für junge LGBT+-Personen.

Aura steht aber auch für die Auseinandersetzung mit den Themen Sexualität, Minderheit (in Bezug auf LGBT+), Normkritik durch Filme oder andere Präsentationen und Medien.

Aura bietet allen Gemeinschaft an, die gerne andere junge Leute treffen möchten, die auch mit den Normen für Geschlechtsidentität oder sexueller Orientierung gebrochen haben.

Aura bietet alle 14 Tage gemütliche und alkoholfreie gemeinsame Treffen an. Neben Spiele- oder Kreativabenden gibt es – besonders im Sommer – auch Picknicks im Park.

Alle Aura-Veranstaltungen sind frei zugänglich und benötigen keine Anmeldung. Man findet die aktuellen Arrangements mit Ort und Zeit auf der Facebook-Seite von Aura Aabenraa.

Normkritik ist Auras tragendes Prinzip und bedeutet, dass alle Teilnehmenden respektiert und in ihrem Wunsch anerkannt werden, mit bestimmten Pronomen oder Namen angeredet zu werden, was sie in anderen Gemeinschaften, wie Sportverein oder Schule, oft nicht erleben.

In zehn Städten im Land gibt es eine Aura-Gruppe, darunter in Apenrade.

Betreut werden die Gruppen von Freiwilligen.

Das erste Pride-Event habe schon erste Erfolge gezeigt, berichtet die Mutter eines Siebenjährigen. „War die lokale Sponsorensuche ziemlich schwierig, gibt es in diesem Jahr schon Firmen, die auf uns zukommen und uns unterstützen wollen.“

Viele Unterstützer

Woran liegt das? „Ich denke, dass die Leute nicht damit gerechnet haben, dass sich so viele Menschen an der Pride-Parade beteiligen würden. Es waren ja nicht nur wir LGBT+, sondern es gesellten sich auch viele andere dazu  – und das hat ein großes Zeichen gesetzt. Es sind schon viele, die uns akzeptieren. Das haben die Unternehmer erkannt“, meint Lisa-Marie Marschallek.

Eine Pride-Woche im Juni

Die Apenrader Pride-Parade findet am Sonnabend, 4. Juni, statt. Und wieder gibt es über mehrere Tage rund um die Parade verschiedene Angebote, wie Gottesdienste, Vorträge, Lesungen und Workshops, die unter dem LGBT+-Zeichen stehen. „Aber alle sind eingeladen, teilzunehmen und mitzumachen“, fordert die Aura-Sprecherin auf.

Auf der Facebook-Seite von Aura Aabenraa gibt es übrigens die neuesten Informationen zu Veranstaltungen und auch zum Fortschritt bei der Pride-Planung.

Alle sind willkommen

Die fünf freiwilligen Veranstalter, vergangenes Jahr waren es gerade einmal zwei, freuen sich außerdem über weitere Unterstützerinnen und Unterstützer, die mit ihnen zusammenarbeiten wollen, macht Marschallek aufmerksam. „Jeder ist willkommen, wir sind allen gegenüber offen“, sagt sie abschließend.

 

Pride-Parade

Gay Pride, auch LGBT-Pride (oder einfach nur Pride) ist ein Begriff, der aus der Lesben- und Schwulenbewegung stammt, um den selbstbewussten bzw. selbstachtenden und damit stolzen Umgang mit der eigenen sexuellen Identität zu beschreiben. Stolz wird im Sinne eines „gegen andere an den Tag gelegtes Selbstgefühl seines Wertes“ verwendet. Also in Bezug darauf, so zu sein, wie man ist, sich nicht vor anderen verstecken oder sich für andere verstellen zu wollen und gegebenenfalls für seine Rechte einzutreten. 

Die Idee des Stolzes auf das eigene So-Sein ist auch bei anderen gesellschaftlichen Minderheiten anzutreffen, so zum Beispiel in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung.

Pride wird auch als Kategorie oder Namenszusatz für Publikationen und Veranstaltungen verwendet, die diese Selbstachtung politisch oder kulturell öffentlichkeitswirksam ausdrücken. Am bekanntesten sind dabei die Pride-Paraden, bei denen in Demonstrationszügen Sichtbarkeit für LGBT* geschaffen werden soll.

Quelle: Wikipedia

Begriffsdefinitionen – Pride

Queer: Das Wort ist ein Anglizismus und ein Begriff für Personen, die sich nicht mit der heteronormativen Norm identifizieren. Er kann mit „seltsam“ oder „sonderbar“ übersetzt werden und wurde in der Vergangenheit abwertend benutzt. Mit der Aids-Bewegung haben die queeren Menschen den Begriff jedoch aufgewertet und nutzen ihn nun, um sich selbst zu bezeichnen.

Heteronormativität: Das ist eine Weltanschauung, die nur zwei Geschlechter (männlich und weiblich) und heterosexuelle Beziehungen anerkennt.

Nicht-binär: Weicht vom traditionellen Modell der zwei Geschlechter ab. Ein Begriff, mit dem sich Menschen definieren, die sich weder ausschließlich als Frau noch ausschließlich als Mann fühlen.

LGBTIQ+: Diese Abkürzung steht für Lesbian, Gay, Bisexual, Trans*, Intersexual, Queer und Plus. Das Plus steht für alle anderen Menschen, sie sich diesen Begriffen nicht zuordnen. Das Kürzel wurde im Laufe der Jahre ergänzt und ausgebaut, es gibt verschiedene Varianten.

Sexuelle Orientierung: Die sexuelle Orientierung gibt an, zu wem man sich emotional und sexuell hingezogen fühlt. Dazu zählen unter anderem die Homosexualität, Bisexualität oder auch die Pansexualität.

Transgender: Oberbegriff für alle Menschen, deren Geschlechtsidentität (teilweise) nicht dem ihnen körperlich zugeordneten Geschlecht entspricht.

FLINTA: Frauen, Lesben, Inter-Personen, nichtbinäre Menschen, Transsexuelle und Agender.

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