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Wie Elias aus Tingleff in eine deutsche Zeitschrift kam

Wie Elias aus Tingleff in eine deutsche Zeitschrift kam

Wie Elias aus Tingleff in eine deutsche Zeitschrift kam

Tingleff/Tinglev
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Die Abonnentinnen und Abonnenten der Zeitschrift „herzblatt“ können in der aktuellen Ausgabe die Geschichte von Elias Hansen aus Tingleff lesen. Ein Artikel im „Nordschleswiger“ stieß die Redakteurin auf das Schicksal des elfjährigen Tingleffers. Foto: Karin Riggelsen

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Ein Aufsatz des elfjährigen Jungen aus Nordschleswig mit dem angeborenen Herzfehler ist in der neuesten Ausgabe des „herzblatts“ zu lesen.

Wer die aktuelle Ausgabe des „herzblatts“ in den Händen hat, findet auf einer Doppelseite eine „Postkarte“ von Elias, einem elfjährigen Fußballfan aus Tingleff. Es handelt sich beim „herzblatt“ nicht etwa um eine typische Frauenzeitschrift, die über Lifestyle, Mode, Promis, sowie Klatsch und Tratsch berichtet, sondern um eine Zeitschrift der Deutschen Herzstiftung. Es geht gezielt um das Leben mit angeborenem Herzfehler.

Elias ist mit einem hypoplastischen Rechtsherz (HRHS) auf die Welt gekommen.

In seinem Beitrag schildert der elfjährige Elias Hansen seine Teilnahme an einem Fußballcamp im vergangenen Sommer, das der Herzverein (Hjerteforeningen) – das dänische Pendant zur Deutschen Herzstiftung e.V. – in Zusammenarbeit mit dem dänischen Breitensportverband DGI (Danske Gymnastik- og Idrætsforeninger) und dem Reichshospital (dem größten Krankenhaus Dänemarks) auf die Beine gestellt hat.

Der elfjährige Elias (r.) gehörte zu den 30 Kindern, die an dem besonderen Fußballcamp teilnehmen durften. Foto: Linda Johansen/Hjerteforeningen

„Der Nordschleswiger“ als Kontaktvermittler

Redakteurin der Zeitschrift ist Martina Hinz mit Sitz in Berlin. Sie kannte weder den elfjährigen Elias noch seine Familie.

Tatsächlich ist sie über einen Artikel im „Nordschleswiger“ auf den elfjährigen Tingleffer aufmerksam geworden.

Für ihre Zeitschrift sucht sie für jede Ausgabe möglichst nach Kindern und Jugendlichen, die ihr, genauer gesagt ihren Leserinnen und Lesern, einen Gruß schicken möchten. Diese Grußschreiberinnen und -schreiber dürfen sehr gerne aus dem benachbarten Ausland sein.

Bei ihrer Internetrecherche war sie im vergangenen Jahr zufällig auf den Artikel im „Nordschleswiger“ gestoßen und wandte sich mit der Bitte an die Lokalredaktion, den Kontakt zu Elias und seiner Familie herzustellen. Dieser Wunsch konnte erfüllt werden.

Elias durfte als Teilnehmer des Fußballcamps eine Begleitperson auswählen. Seine Wahl fiel auf Mutter Karina, obwohl sein Vater der eigentliche Fußballfan in der Familie ist. Foto: privat

Übersetzerdienste gefragt

Da Elias allerdings kein Deutsch spricht, hat der „Nordschleswiger“ Übersetzerdienste geleistet.

In seiner „Postkarte“ an die Leserinnen und Leser schildert Elias seine Teilnahme an dem besonderen Fußballcamp auf dem Trainingsgelände des FC Kopenhagen mit 30 Kindern aus ganz Dänemark, die wie er einen angeborenen Herzfehler haben und deshalb physisch herausgefordert sind. Elias kommt aufgrund seiner unterentwickelten rechten Herzkammer schnell außer Atem und kann deshalb nicht mit seinen Kameraden in Tingleff mithalten. Im Lager hat er viele neue Freundinnen und Freunde gefunden, aber am tollsten fand er die Begegnung mit Thomas Frank.

Der 49-jährige Kopenhagener ist professioneller Fußballtrainer und steht seit 2018 an der Seitenlinie des englischen Vereins FC Brentford. „The Bees“ (die Bienen) – so der Spitzname des Klubs – stiegen 2021 unter seiner Leitung in die erstklassige Premier League auf und belegten in der kürzlich beendeten Saison den neunten Platz. Thomas Frank scheint also sein Handwerk zu können – und weiß nicht nur mit gestandenen Profis umzugehen, sondern hat seine Freude am Fußball im vergangenen Jahr auch an herzkranke Kinder versprüht.

Elias Hansen ist seit seiner Begegnung beim Fußballcamp ein großer Fan von Fußballtrainer Thomas Frank. Foto: privat

Geduld gefragt

Die Zeitschrift „herzblatt“ erscheint vierteljährlich. Ursprünglich war der Artikel über Elias’ Erlebnisse im Fußballcamp schon für die Frühjahrsausgabe geplant. Die Neugier und Spannung von ihm und seiner Familie wurde jedoch ein wenig auf die Probe gestellt, weil der Artikel auf die Sommerausgabe verschoben wurde.

Das Warten hat sich aber gelohnt. Elias’ „Postkarte“ aus Tingleff erstreckt sich über eine Doppelseite, und aus dem mitgesandten Bildmaterial wurden sogar drei Bilder ausgewählt. Eines zeigt Elias am Ball, ein anderes den Elfjährigen mit dem bekannten Fußballtrainer Thomas Frank und eines zeigt den Tingleffer mit seinen Eltern und seinen drei jüngeren Schwestern.

Ein paar Stiche in seinem Herzen hat der Artikel dennoch verursacht. Als er seinen Gruß an die Leserinnen und Leser formulierte, war Elias noch voller Hoffnung, dass die Kicker von Sønderjyske den Aufstieg in die Superliga schaffen würden. Dieser Wunsch hat sich leider nicht erfüllt.

Dieser Brief erschien von Elias in der deutschen Zeitschrift „herzblatt”

Unter der Rubrik „Post von …“ 

… Elias, 11-jähriger Fußballfan aus Dänemark!

Hallo an alle,

ich heiße Elias und wohne mit meinen Eltern und drei jüngeren Schwestern in Tingleff. Das ist ein kleiner Ort in Nordschleswig. Nordschleswig liegt im deutsch-dänischen Grenzland – auf dänischer Seite. Auf Dänisch schreibt dieser Ort sich Tinglev.

Es gibt in meinem Ort eine deutsche Minderheit. Es gibt deshalb auch eine deutsche Schule und einen deutschen Kindergarten. Ich besuche allerdings eine dänische Schule.

Darum soll es aber in meinem Brief an Euch gar nicht gehen. Ich möchte Euch von einem tollen Erlebnis vom vergangenen Sommer berichten. Ich habe erstmals an einem Fußballcamp teilgenommen, das das dänische Pendant der deutschen Herzstiftung, nämlich „Hjerteforeningen“ (übersetzt heißt das einfach: der Herzverein), im Juni durchgeführt hat.

Ich spiele für mein Leben gern Fußball. Nur kann ich aufgrund eines Herzfehlers nicht mit meinen Kumpels aus der Schule mithalten. Ich spiele deshalb nicht im Verein, sondern nur mit den Freunden auf dem Bolzplatz.

Ich bin mit einem hypoplastischen Rechtsherz (HRHS) auf die Welt gekommen. Das heißt, meine rechte Herzkammer ist unterentwickelt. Ich komme deshalb recht schnell außer Atem. Das ist dann richtig blöd.

Drei Operationen habe ich wegen meines hypoplastischen Rechtsherzens schon über mich ergehen lassen müssen, aber an die erinnere ich mich eigentlich nicht mehr. Ich war da ja noch recht klein.

Womöglich werde ich irgendwann ein Spenderherz bekommen müssen, aber daran denke ich jetzt nicht. Außerdem habe ich vor einigen Jahren einen jungen Mann kennengelernt, der trotz HRHS sein Leben lebt, Ausdauersport betreibt und voll fit ist. Er ist mein Vorbild.

Aber zurück zum Fußballcamp: Es fand in Kopenhagen (Dänisch: København) statt, der Hauptstadt Dänemarks, und zwar auf der Trainingsanlage des Profi-Vereins FC København. Den Verein kennt ihr vielleicht, weil er mehrfach die dänische Meisterschaft gewonnen hat und etliche Male auch den dänischen Pokalwettbewerb erfolgreich bestreiten konnte. Der Verein hat deshalb auch schon häufig an europäischen Wettbewerben teilgenommen, hat es auch einige Male in die Gruppenphase der Champions-League geschafft.

Der FCK verfügt über ein eindrucksvolles Trainingsgelände. Dort fand das Fußballcamp statt. Wir haben auf den Rasenflächen trainiert, auf denen auch die Fußballprofis trainieren.  Das war schon cool!

Unser Herzverein bietet regelmäßig Treffen und Ferienaufenthalte an. Dann sind aber meist die Herzkinder mitsamt ihren Familien eingeladen. Für das Fußballcamp durfte mich nur eine Person begleiten. Ich habe mich für meine Mutter entschieden, obwohl mein Vater ein ganz großer Fußballfan ist. Meine Mutter hat mit Fußball eher nichts am Hut. Er war daher auch ganz schön neidisch, hat aber meine Wahl verstanden. Ich habe ihm dafür etwas Tolles aus dem Fußballcamp mitgebracht.

Die Fußballschule hat der Herzverein zusammen mit dem dänischen Breitensportverband DGI (Danske Gymnastik- og Idrætsforeninger), dem Reichshospital (das größte Krankenhaus Dänemarks) auf die Beine gestellt.

Nur 30 Kinder aus dem gesamten Land konnten an dem Camp teilnehmen, und ich gehörte dazu. Ich konnte mein Glück kaum fassen.

Ich bin mit meiner Mutter nach Kopenhagen gefahren. Tingleff liegt mehr als 300 Kilometer von der Hauptstadt entfernt. Wir mussten deshalb total früh von zu Hause los, um rechtzeitig auf dem Trainingsgelände sein zu können. Ich konnte zum Glück im Auto pennen. Übernachtet haben meine Mutter und ich dann übrigens in einem schönen Hotel in der Nähe. Nur sie und ich – ohne die „nervigen“ Schwestern; die blieben zu Hause beim Papa. Hahaha …

Die anderen teilnehmenden Kinder kannte ich übrigens nicht, aber das machte nichts. Wir haben uns schnell angefreundet und hatten großen Spaß am gemeinsamen Training mit den tüchtigen Trainerinnen und Trainern.

Eine tolle Überraschung war allerdings die Tatsache, dass als Gästetrainer plötzlich Thomas Frank dazukam. Thomas Frank ist selbst viele Jahre aktiver Fußballer gewesen, ist aber als Trainer erst richtig berühmt geworden. Er hat mehrere dänische Auswahlmannschaften trainiert, war einige Jahre Cheftrainer bei Brøndby IF, einem Kopenhagener Vorstadtverein, und steht inzwischen in England beim Premier-League-Verein Brentford an der Seitenlinie.

Ich hätte nicht gedacht, dass ein Trainer seines Kalibers eigens nach Kopenhagen kommt, um mit Kindern zu trainieren, die noch dazu herzkrank sind. Er war aber super cool!

Das Training hat mit ihm richtig viel Spaß gebracht. Wir haben echt viel gelacht.

Er zeigte uns einige Übungen und hat uns zudem ein paar Tricks und Tipps beigebracht, mit denen ich heute auf dem Bolzplatz bei meinen Kumpels punkten kann. Ich habe ihnen schon die eine oder andere Finte beigebracht.

Abschließend hat Thomas Frank auch noch Autogrammwünsche erfüllt. Ich habe mir natürlich auch seine Unterschrift geholt. Die hat einen Ehrenplatz in meinem Zimmer.

Höhepunkt des Fußballcamps war jedoch für mich die Stadionführung. Im „Parken“ trägt der FCK seine Heimspiele aus. Es ist aber auch unser Nationalstadion. Es ist das größte Fußballstadion Dänemarks mit verschließbarem Dach. Hier finden in der Regel auch die Heimspiele der dänischen Nationalmannschaft statt.

Wir fuhren mit dem offiziellen FCK-Spielerbus dorthin. Das war mega-cool! Die Leute an der Straße haben mächtig geschaut! Normalerweise sitzen die Fußballprofis in dem Bus, und jetzt waren es Kinder …

Im „Parken“ sind selbst die Umkleideräume sagenhaft – mit mehreren Badewannen und anderem Pipapo. Der pure Wahnsinn!

Zum Abschluss des zweitägigen Fußballcamps gab es übrigens ein Quiz. Wer die Fragen richtig beantwortete, konnte ein echtes Spielertrikot von unterschiedlichen Superliga-Vereinen mit den Autogrammen sämtlicher Spieler der jeweiligen Mannschaft gewinnen.

Die Fragen hatte ich leider nicht alle richtig, habe aber dennoch ein Trikot bekommen.

Unter allen teilnehmenden Kindern wurde nämlich ein weiteres Shirt verlost. Das habe ich gewonnen. Ich habe mich für ein Trikot des Vereins „Sønderjyske“ entschieden. Der Verein ist zwar im vergangenen Jahr aus der Superliga, der dänischen Bundesliga, abgestiegen. Es ist aber der einzige Verein, der in Nordschleswig beheimatet ist. Mein Vater ist großer „Sønderjyske“-Fan und fährt regelmäßig zu den Heimspielen. Als ich ihm zu Hause das Trikot zeigte, war er natürlich super stolz. „Sønderjyske“ schafft in dieser Saison den Aufstieg. Da bin ich mir sicher!

Ich hoffe, dass der Herzverein wieder ein Fußballcamp auf die Beine stellt. Wenn ja, dann wäre ich furchtbar gern wieder dabei.

Drückt mir gerne die Daumen!

Liebe Grüße aus Dänemark

Elias

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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