Der Nordschleswiger macht Schule

„Eine erschreckend hohe Zahl“: Diskriminierung der Minderheit weiterhin ein Thema

„Eine erschreckend hohe Zahl“: Diskriminierung der Minderheit weiterhin Thema

Diskriminierung der Minderheit weiterhin ein Thema

Schülerinnen und Schüler des Deutschen Gymnasiums für Nordschleswig
Apenrade/Aabenraa
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Schülerinnen und Schüler des DGN können die Sonntagsreden der Politik im Alltag nicht immer wiedererkennen. Foto: Martina Huber/TT/Ritzau Scanpix

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Von außen betrachtet wirkt die deutsche Minderheit wie eine Minderheit aus dem Bilderbuch, Politiker aus Deutschland und Dänemark loben die Zusammenarbeit. Doch die Jugendlichen der deutschen Minderheit sehen das auch anders, wie eine Umfrage zeigt.

Anlässlich des 100-jährigen Jubiläums zur Genforening – die Vereinigung Nordschleswigs mit Dänemark 1920 – besuchte die dänische Regierungschefin Mette Frederiksen den Festakt in Düppel (Dybbøl). In ihrer Rede blickte sie auf die gemeinsame Grenzland-Geschichte zurück und lobte die deutsch-dänische Zusammenarbeit. Dabei sprach sie auch die deutsche Minderheit an, mit den historischen Worten: „Auch ihr gehört zu Dänemark!“.

Dies sagte die Staatsministerin sogar auf Deutsch und sprach damit die Mitglieder der Minderheit direkt an.

Doch eine Umfrage unter Jugendlichen am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig (DGN) in Apenrade (Aabenraa) zeigt allerdings, dass die Akzeptanz im Alltag nicht immer so rosig ist wie die Sonntagsreden der Politik.

Laut einer Umfrage am deutschen Gymnasium haben sich fast die Hälfte der Schülerinnen und Schüler schon einmal diskriminiert gefühlt.

„Eine erschreckend hohe Zahl“, findet Hinrich Jürgensen, den Schüler des Gymnasiums dazu interviewt haben. In dem Interview erzählt Jürgensen auch von eigenen Erfahrungen mit Diskriminierung in seiner Jugendzeit.

Eigentlich ist das eine erschreckend hohe Zahl, finde ich, und selbst habe ich das auch schon mal erlebt, aber eher in jungen Jahren, wenn wir Handball spielten oder sonst in Tingleff unterwegs waren. 

Hinrich Jürgensen
Hinrich Jürgensen beim Deutschen Tag in Tingleff (Tinglev) Foto: Karin Riggelsen

Drei Fragen an den BDN-Hauptvorsitzenden

Du sprichst in deinen Reden davon, dass die Beziehung zwischen der deutschen Minderheit und Dänemark sehr gut ist. Nun haben wir an unserer Schule allerdings eine Umfrage mit 97 Teilnehmenden gemacht, und jede(r) Zweite aus  behauptet, schon mal Erfahrung mit Diskriminierung gemacht zu haben. Was sagst du dazu, und hast du so etwas schon mal selbst erlebt?

Eigentlich ist das eine erschreckend hohe Zahl, finde ich, und selbst habe ich das auch schon mal erlebt, aber eher in jungen Jahren, wenn wir Handball spielten oder sonst in Tingleff (Tinglev) unterwegs waren. Dort gab es das auch schon, aber heute merke ich das nicht so stark, es sei denn, es kommen Fragen auf über die Minderheit, zum Beispiel, wenn wir über zweisprachige Ortsschilder sprechen. Oder wenn wir über die Möglichkeit reden, in der Minderheit bei Veranstaltungen oder Besuchen die deutsche Fahne zu hissen. Dann taucht da schon ziemlich viel auf, muss ich sagen.

Woher kommt das deiner Meinung nach?

Das hängt natürlich auch ein wenig mit der Geschichte Deutschlands in Bezug auf Dänemark zusammen, aber es hängt aus meiner Sicht auch mit der Geschichtsbewältigung der Dänen zusammen.

Gibt es dort ein mehrheitliches Denken oder ist es eher eine Randgruppe, die diese Meinung vertritt?

Ich glaube schon, dass es eher eine Randgruppe ist. Aber ich muss auch sagen, wenn es wirklich ums Eingemachte geht, wie die Debatte über zweisprachige Ortsschilder, dann war der Widerstand 2007 immens hoch, 2014 etwas weniger und 2020 erneut weniger.

Also, es geht in die richtige Richtung, aber da ist dann doch immer wieder ein ganz, ganz großer Widerstand. Vor zwei Jahren war es dasselbe, als der dänische Grenzverein die dänischen Politiker fragte, warum die deutsche Minderheit nicht mit der Fahne umhergehen darf, wie die dänische Minderheit südlich der Grenze. Das gab in den sozialen Medien auch einen großen Aufschrei.

Auch die Schülerinnen und Schüler und das Kollegium des DGN berichten in der Umfrage von persönlichen Erlebnissen mit Diskriminierung. Am DGN gibt es diese nicht – mit seinen 182 Schülerinnen und Schülern sowohl aus Deutschland gilt das DGN als eine starke Gemeinschaft. Die erlebte Diskriminierung kommt von der Außenwelt.

Insbesondere trifft es die Schülerinnen und Schüler, dass sie bei Begegnungen mit dänischen Jugendlichen auch schon mal als „Nazi“ oder „Hitlerjugend“ bezeichnet wurden. 45 Prozent der Befragten hätten allerdings keine derartigen Erfahrungen gemacht.

Geschrieben von Fynn Stahlhut, Sidsel Christensen, Stine Korff, Naya Kjestine Svendsen und Emiliana Mahr.

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