Hochwasser

Schäden am Gendarmenpfad: Europäische Zertifizierung in Gefahr?

Schäden am Gendarmenpfad: Europäische Zertifizierung in Gefahr?

Schäden am Gendarmenpfad: Zertifizierung in Gefahr?

Sonderburg/Apenrade
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Gendarmsti
Der Gendarmenpfad wurde dort, wo der Sturm ungebremst auf die Küste traf, besonders schwer in Mitleidenschaft gezogen. Das betrifft vor allem Wegabschnitte in der Kommune Sonderburg, etwa auf Broackerland. Foto: Karin Riggelsen

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Der Gendarmenpfad wird seit 2015 alle drei Jahre als einer der führenden europäischen Wanderwege zertifiziert. Im kommenden Jahr muss die Zertifizierung erneuert werden. Noch ist unklar, ob alle Sturmflutschäden bis dahin behoben werden können. Wie man bei einem vergleichbaren Fall vorgegangen ist, erklärt Liane Jordan vom Deutschen Wanderverband.

Der Gendarmenpfad ist ein Tourismusmagnet und ist für die beiden Kommunen Apenrade (Aabenraa) und Sonderburg (Sønderborg)  auch wirtschaftlich interessant. Touristinnen und Touristen, aber auch Einheimische, die den Pfad entlang wandern, kaufen ein, übernachten in der Region und gönnen sich auch mal einen Restaurantbesuch.

Die stellenweise schweren Beschädigungen in den Kommunen am etwa 80 Kilometer langen Gendarmenpfad, der sich von Pattburg (Padborg) über den Grenzübergang Schusterkate (Skomagerhus) bei Krusau (Kruså) bis nach Alsen (Als) erstreckt, könnten auch Auswirkungen auf die Zertifizierung des Wanderwegs haben. 

Gendarmenpfad ist europäischer Qualitätswanderweg

Seit 2015 wurde die Wanderroute alle drei Jahre als „Leading Quality Trail“ von der Europäischen Wandervereinigung ausgezeichnet. Er wird also als einer von 22 führenden Qualitätswanderwegen in Europa geführt. In Dänemark zählen dazu noch der Marsksti und der Mols Bjerge Sti. International gehört der Gendarmenpfad zu den Fernwanderrouten E1 und E6.

Die Wege zeichnet aus, dass sie den Bedürfnissen von Wandernden besonders gut gerecht werden. Dabei geht es um Abwechslungsreichtum, Aussichten entlang der Strecke, gute Begehbarkeit, Einkaufs- und Einkehrmöglichkeiten sowie um gute Markierung und Beschilderung.

Zertifizierung läuft Ende 2024 aus

Ob die seit 2015 bestehende europäische Zertifizierung des Gendarmenpfades in Gefahr ist, lasse sich noch nicht sagen, so Gerda Bouma, Pressesprecherin beim Tourismusverband, Destination Sønderjylland. Der Wanderweg wurde zuletzt 2021 für weitere drei Jahre zertifiziert. „Ende des zweiten Halbjahres 2024 wird erneut eine Gruppe der Europäischen Wandervereinigung (EWV) erwartet, um die Zertifizierung zu verlängern.“

Weil das Ausmaß der Schäden und die Kosten noch nicht bekannt und auch ein Zeitplan für die Instandsetzung noch nicht steht, ist eine Beurteilung schwierig. Bouma ist jedoch zuversichtlich, dass es den Kommunen Sonderburg und Apenrade gelingen wird, den Weg dort wieder aufzubauen, wo er durch den Sturm zerstört wurde.

Daran macht sich laut Christel Leiendecker die besonders betroffene Kommune Sonderburg (Sønderborg). Die Vorsitzende des Kulturausschusses sagt am Telefon, dass nach der Erfassung der Schäden zeitnah mit dem Wiederaufbau begonnen wird. „An wie vielen Stellen der Weg tatsächlich neu kreiert werden muss, lässt sich noch nicht sagen.“

Fest stehe aber, dass der Gendarmenpfad eine bedeutende Touristenattraktion für die Kommune sei. „Die Zertifizierung ist wichtig, denn so können wir zeigen, was wir zu bieten haben. Daher ist es unser Ziel, diese auch aufrechtzuerhalten.“

2019 wurden 62.000 Wanderinnen und Wanderer registriert. Die Corona-Pandemie hat darüber hinaus für einen Boom bei Freiluft-Aktivitäten gesorgt. Für Ende 2020 erwarteten die Kommunen 100.000 Pilgernde auf der Route. 

Leuchtturm der Region

Liane Jordan vom Deutschen Wanderverband ist verantwortlich für das Qualitätsmanagement der „Leading Quality Trails - Best of Europe“. Sie sagt auf Nachfrage des „Nordschleswigers“, dass sie erst kürzlich von den schweren Verwüstungen gehört habe. „Wir wurden in Kenntnis gesetzt, dass der Gendarmstien aktuell stark beschädigt ist. Das ist extrem bedauerlich, aber solche Naturgewalten sind immer möglich.“ Der Weg sei wunderschön und deshalb auch ein Leuchtturm für die Region, der neben Gästen auch Einheimische anlocke.

Neben dem Siegel, das für das touristische Marketing genutzt werden kann, gehe es bei der Zertifizierung auch um Nachhaltigkeit. „Es ist ein innerer Prozess, bei dem am Ende eine Vollerfassung des Weges steht“, so Jordan. Naturschutz und Instandhaltung spielen dabei eine wichtige Rolle. 

Nachzertifizierung bis Ende 2024

Die Planungen für die Nachzertifizierung seien bereits auf Hochtouren gelaufen, sagt Jordan. Ursprünglich sollte im Frühjahr 2024, also im April oder Mai, die erneute Begehung stattfinden. „Nun wird es bestimmt zu größeren Verzögerungen kommen. Die Partner des Weges wollen uns auf dem Laufenden halten, was die Situation des Weges betrifft.“

Der Gendarmstien müsse bis Ende 2024 nachzertifiziert werden. „Sollte dies aufgrund der besonderen Lage nicht möglich sein, dann muss über das weitere Verfahren entschieden werden“, so Jordan.

Vergleichbarer Fall aus Deutschland

Dabei gibt es im Prinzip nur zwei Optionen. Jordan berichtet von einem vergleichbaren Fall aus Deutschland. Schwere Überschwemmungen im Juli 2021 zerstörten im Ahrtal den 100 Kilometer langen Ahrsteig.

„Hier haben wir angesichts der Lage den Weg weiterhin mit dem Zertifikat geführt, aber immer darauf hingewiesen, dass er in vielen Abschnitten nicht begehbar ist. Aktuell ruht aber das Zertifikat, da der Weg über mehrere Jahre nicht wieder hergestellt werden konnte.“ Für den Gendarmsti hoffe sie auf eine schnellere Wiederherstellung, sagt Jordan.

Diese ist auch wahrscheinlich, denn der Gendarmenpfad ist nur stellenweise beschädigt. Während es die Kommune Sonderburg besonders hart getroffen hat, sind die Schäden in der Kommune Apenrade weitaus geringer ausgefallen. 

Transparente Kommunikation vonnöten

„Grundsätzlich handelt es sich bei derartigen Extremwetterereignissen ja nie um ein bewusstes Verschulden oder Verzögern der Wege-Verantwortlichen, sondern um nicht vorhersehbare Einflüsse. Daher sollte man immer Milde walten lassen“, so Jordan. Wichtig sei die transparente Kommunikation der Kommunen. 

So sei es etwa auch möglich, die Zertifizierung weiterzuführen, selbst wenn der Weg nicht durchgängig begehbar ist. „In Deutschland sorgen Borkenkäfer und Trockenheit immer wieder dafür, dass es auf zertifizierten Wanderwegen temporäre Einschränkungen durch Baustellen gibt“, so Jordan. Solange Umleitungen transparent kommuniziert werden, sei eine Weiterführung möglich.

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